FAQ

Hier finden Sie eine Auswahl an Fragen …

Fragen und Antworten zu Lungenkrebs

01. Was ist Lungenkrebs ?
Als Lungenkrebs im engeren Sinne bezeichnet man ein von der Bronchialschleimhaut oder dem Alveolarepithel ausgehendes bösartiges Geschwulstgewebe.
Zum Lungenkrebs zählt man folgende Krebsarten:
 

 Gewebeart

 Häufigkeit
1. Kleinzellige Bronchialkarzinome

~25 %

2. Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome         2.1  Plattenepithelkarzinom

  2.2   Adenokarzinom

  2.3.  Großzelliges Karzinom

~75 %

~25 %

~40 %

~10 %

Desweiteren gibt es bösartige Tumoren in der Lunge, die ihren Ursprung nicht im eigentlichen Lungengewebe haben.
Dazu zählen:
  1. Weichteiltumoren
  2. Metastasen
  3. Karzinoide
  4. Mesotheliome
Diese Tumoren werden mit den gleichen Methoden diagnostiziert wie ein Bronchialkarzinom, aber zum Teil unterschiedlich behandelt.
02. Wie entsteht Lungenkrebs ?
Die Entstehung von Krebs ist nach wie vor in der Erforschung. Wir wissen heute, dass beim Lungenkrebs neben einer erblichen, sogenannten genetischen Komponente auch verschiedene Schadstoffe an der Krebsentstehung beteiligt sind.
Durch die gegenseitige Beeinflussung dieser Faktoren erklären sich die Unterschiede in der Lungenkrebsentwicklung, die immer nur statistisch, jedoch nicht im Einzelfall vorhergesagt werden können. Am ehesten spielen hier angeborene Schutzmechanismen eine Rolle.
So kann ein Nichtraucher ohne beruflichen Schadstoffkontakt an einem Bronchialkarzinom erkranken, während ein starker Raucher mit beruflichem Asbestkontakt keinen Lungenkrebs entwickelt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Raucher Lungenkrebs entwickelt, ist ungleich höher (etwa 10-20 x) als die eines Nichtrauchers.
Ebenso ist das Erkrankungsrisiko eines beruflich schadstoffexponierten Menschen (zum Beispiel Asbestkontakt bei Brandschutzarbeitern) deutlich erhöht gegenüber dem Erkrankungsrisiko der übrigen Bevölkerung.
Und wenn mehrere Risikofaktoren zusammenkommen (zum Beispiel bei Rauchern mit Asbestkontakt), so addiert sich das Risiko nicht nur, sondern es steigt um ein Vielfaches.
Möglicherweise kann durch die jetzt erfolgte Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes eines Tages vorhergesagt werden, wer ein hohes Lungenkrebsrisiko besitzt. Ob dieses Wissen die jeweilige Person glücklicher macht, ist eine andere Frage.
Folgende Risikofaktoren sind für Lungenkrebs bekannt:
  1. Schadstoffe 
    • Rauchen 
      (siehe auch Kapitel 4)
    • Arbeitsstoffe
      Asbest
      Chrom IV
      Arsen
      Haloether
      Dichlordiethylsulfit  (Lost, Senfgas)
      Nickel
      PAH (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)
      Beryllium
      Ionisierende Strahlung (Uranerz-Bergbau)
    • Luftschadstoffe
      Bei den Schadstoffen ist neben der Art des Schadstoffes auch die Schadstoffmenge und die Dauer der Einwirkung entscheidend für die Entstehung von Lungenkrebs. Oftmals liegen zwischen dem Beginn der Schadstoffeinwirkung und der Lungenkrebs-entstehung 20-30 Jahre.
      Besonders betroffene Berufsgruppen sind:

      • Arbeiter in Kokereibetrieben
      • Gießereiarbeiteretrieben
      • Raffineriearbeiter
      • Arbeiter in der gummiverarbeitenden Industrie
      • Arbeiter in der Zuckerrohrverarbeitung
      • Arbeiter in der Herstellung organischer Produkte in der chemischen Industrie
      • Heizungsbauer
      • Schweißer
      • Maler und Ansteicher
      • Tätigkeiten mit Pestiziden, Herbiziden und Dioxin
      • Arbeiter im Uranerz-Bergbau 
  2. Genetisches Risiko
    Es besteht ein 2-4-fach erhöhtes Lungenkrebs-Risiko für Personen, bei denen ein Elternteil an Lungenkrebs erkrankt ist.
  3. Andere Faktoren
    Nach früherer Lungentuberkulose ist das Risiko einer Bronchialkarzinom-Entstehung im Bereich von Höhlenbildungen (Kavernen) und Narben erhöht.
03. Welchen Einfluss hat das Rauchen auf die Krebsentstehung ?
Zigarettenrauchinhalation ist für einen Großteil aller Bronchialkarzinome verantwortlich. Durch die Tabak- bzw. Zigarettenpapierverbrennung entstehen viele der unter Punkt 5  angeführten Schadstoffe.
Im Durchschnitt haben Raucher ein 10-20-fach erhöhtes Bronchialkarzinomrisiko im Vergleich zu Nichtrauchern. Selbst Passivraucher haben ein etwa um den Faktor 1,5 erhöhtes Bronchialkarzinomrisiko.
Das Bronchialkarzinomrisiko steigt allerdings in Abhängigkeit von Dauer und Ausmaß des Zigarettenkonsums, dass heißt in Abhängigkeit von der Gesamtmenge gerauchter Zigaretten. Die Gesamtmenge gerauchter Zigaretten wird bemessen in „Packungsjahren“ („pack-years“). Ein „pack-year“ bedeutet den Konsum von 1 Packung entsprechend etwa 20 Zigaretten täglich über ein Jahr, also insgesamt ca. 7200 Zigaretten.
Ab 20 pack-years steigt das Risiko, an einem Bronchialkarzinom zu erkranken, exponentiell an. Bei 40 pack-years liegt es schon beim 60-70-fachen eines Nichtrauchers.
Inhalatives Zigarre- oder Pfeife-Rauchen erhöht ebenfalls das Lungenkrebsrisiko, ebenso wie nicht-inhalatives Rauchen („Paffen“).
„Leichte“ Zigaretten sind vergleichbar schädlich wie alle anderen Zigaretten. Die inhalierte Schadstoffmenge hängt nämlich nicht nur von dem Gehalt der Zigarette an Nikotin und Kondensat ab, sondern weit mehr von den bei der Verbrennung von Tabak und Zigarettenpapier freigesetzten Karzinogenen. Und diese entstehen bei leichten Zigaretten genauso wie bei „starken“ Zigaretten.
Kommen weitere Risikofaktoren hinzu (Raucher mit Asbestkontakt), so addiert sich das Risiko nicht nur, sondern es steigt um ein Vielfaches.
Je früher eine Person mit dem Rauchen begonnen hat, desto größer ist das Erkrankungsrisiko (auch bei gleicher Anzahl von Packungsjahren).
Wird das Rauchen beendet, so sinkt das relative Erkrankungsrisiko eines vormals starken Rauchers auf nur noch das 5-fache nach 10 Jahren und etwa das Doppelte nach 15 Jahren Nichtrauchen. Es bleibt aber gegenüber einem lebenslangen Nichtraucher immer leicht erhöht.
Neben dem Ausmaß der Schadstoffexposition spielen erbliche, sogenannte genetische Faktorenbei der Krebsentstehung eine Rolle. Man nimmt an, dass sowohl Tumor-Schutzmechanismen als auch Tumor-Gene vererbt werden können.
04. Wie macht sich Lungenkrebs bemerkbar ?
Lungentumoren machen in der Anfangsphase ihres Wachstums nur selten Beschwerden. Die nachfolgend aufgezählten „Frühsymtome“ sind zwar oft die ersten Krankheitsanzeichen, treten aber im eigentlichen Sinne nicht „früh“ auf. Kleine Bronchialkarzinome werden in aller Regel zufällig entdeckt.
A   Frühsymptome
Nicht selten beginnt die Erkrankung mit uncharakteristischen Beschwerden:
Müdigkeit, Leistungsminderung, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Fieber, Nachtschweiß
Charakteristische Lungen-Beschwerden treten leider häufig erst bei fortgeschrittener Erkrankung auf:
Husten (der länger als 2 Wochen andauert), Hämoptysen, Stridor, Luftnot, Thoraxschmerzen
Auch wiederkehrende („chronische“) Lungenentzündungen sollten dazu Anlass geben, die Lunge genauer zu untersuchen.
B1  Spätsymptome durch lokales Tumorwachstum
Heiserkeit infolge Stimmbandlähmung (durch Tumoreinwachsen in bzw. Tumorkompression des Nervus Recurrens), Atemnot und Schluckauf infolge Zwerchfelllähmung (durch Tumoreinwachsen in bzw. Tumorkompression des Nervus Phrenicus), Rippenfellergüsse (Pleuraergüsse, siehe auch Kapitel 6), Herzbeutelergüsse (Perikardergüsse),Schluckstörungen (durch Tumoreinwachsen in bzw. Tumorkompression der Speiseröhre) und eine Schwellung des Hals- und Gesichtsbereiches (obere Einflussstauung, siehe unten) können im späten Krankheitverlauf auftreten und sind Ausdruck eines bereits weit fortgeschrittenen Tumorleidens. In aller Regel ist der Tumor beim Auftreten dieser Symptome nicht mehr operabel.
B2  Spätsymptome durch Fernmetastasen
Zu den Spätsymptomen sind auch die durch Fernmetastasen ausgelösten Beschwerden zu rechnen. Nicht selten bleiben Metastasen aber symptomlos.
Zu den häufigsten Beschwerden zählen:
bei Hirnmetastasen Kopfschmerzen, Schwindel, Krampfanfälle,
schlaganfallartige Lähmungen, Persönlichkeitsveränderungen
bei Skelettmetastasen Knochenschmerzen, pathologische Frakturen
bei Lebermetastasen Übelkeit, Bauchschmerzen, Ikterus
  
  C   Weitere Komplikationen
  1. Obere Einflussstauung oder Vena-Cava-Superior-Syndrom Die bereits oben angesprochene obere Einflussstauung macht sich durch eine -häufig zunächst einseitige- Schwellung des Hals- und Gesichtsbereiches bemerkbar.
    Ursache ist eine tumorbedingte Einengung der oberen Hohlvene (Vena cava superior) im Bereich des Mediastinums mit der Folge eines erschwerten Blutabflusses aus der Kopf-Hals-Region.
    Die Behandlung besteht in einer raschen Einleitung der Therapie, zumeist einer gleichzeitigen („simultanen“) Bestrahlungs- und Chemotherapie.
  2. Paraneoplasien

    Als „Paraneoplasien“ bezeichnet man allgemeine oder spezielle Veränderungen des Körpers, die nicht durch ein direktes Tumorwachstum verursacht werden, aber trotzdem mit der Tumorerkrankung in Zusammenhang stehen.

    • Stoffwechsel-Veränderungen
      • Schwartz-Bartter-Syndrom oder SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion)
        Der Tumor produziert Anti-Diuretisches-Hormon (ADH), wodurch es zu einer Mineralstoffentgleisung (Hyponatriämie), Hirnschwellung, Schwindel, Erbrechen und weiteren neurologischen Symptomen kommt.
      • Cushing-Syndrom
        Der Tumor produziert Adreno-Cortico-Tropes-Hormon (ACTH), wodurch die körpereigene Cortisonproduktion gesteigert wird. In der Folge treten Stammfettsucht und Vollmondgesicht, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Muskelschwäche und einige weitere Veränderungen auf.
      • Hyperkalzämie
        Der Tumor produziert Parathormon-ähnliche Substanzen (PTHrH) und/oder Zytokine, die zu einer verminderten Kalziumausscheidung in der Niere und einer vermehrten Kalziumfreisetzung aus dem Knochen mit Erhöhung des Blutkalziumspiegels führen.
    • Knochen- und Hautveränderungen
      • Hypertrophe Osteoarthropathie
        Die hypertrophe Osteoarthropathie ist eine (gelegentlich schmerzhafte) Knochenverdickung -zumeist das Schienbein betreffend- mit Schwellung des umliegenden Gewebes.
      • Pierre-Marie-Bamberger-Syndrom
        Als „Pierre-Marie-Bamberger-Syndrom“ bezeichnet man die Kombination von hypertropher Osteoarthropathie und Trommelschlegelfingern (kolbenförmig aufgetriebene Fingerendglieder). Sie kommt ausschließlich beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom vor.
      • Acanthosis nigricans
        Als „Acanthosis nigricans“ bezeichnet man eine Schwarzfärbung, Verdickung und zum Teil warzenartige Veränderung der Haut.
    • Veränderungen an Nerven und Muskeln
      • Polyneuropathie
        Als „Polyneuropathie“ bezeichnet man umschriebene beidseitige Nervenstörungen in distalen Gliedmaßenbereichen. Sie liegen zumeist in Form einer Abschwächung der Berührungsempfindlichkeit, oftmals auch in Form von Missempfindungen (beispielsweise Kribbeln), selten in Form von Lähmungserscheinungen vor.
      • Myopathie
        Muskelschwäche ist das Hauptsymptom einer „Myopathie“. Im Rahmen paraneoplastischer Veränderungen können sowohl die gesamte Muskulatur als auch nur umschriebene Muskelgruppen betroffen sein.
      • Lambert-Eaton-Syndrom
        Das Lambert-Eaton-Syndrom bezeichnet eine Schwäche und vorzeitige Ermüdbarkeit überwiegend stammnaher Extremitätenmuskeln (Oberarme, Oberschenkel). Man spricht auch von „Pseudomyasthenie“. Es tritt vorwiegend beim kleinzelligen Bronchialkarzinom auf.
    • Veränderungen des Blutes
      Durch Veränderungen in der Blutgerinnung treten im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen vermehrt Thrombosen und Lungenembolien auf.

    Paraneoplastische Veränderungen verschwinden häufig, wenn das Bronchialkarzinom behandelt wird. Eine Behandlung der  paraneoplastischen Beschwerden selbst ist ohne Behandlung des Grundleidens oft erfolglos und wird nur selten durchgeführt.

     

  3. Tumoranämie
    Die Anämie stellt eine häufige Begleiterscheinung von Bronchialkarzinomen dar und wird sowohl durch eine Produktionsstörung der roten Blutkörperchen als auch durch vermehrten Abbau verursacht.
  4. Tumorfieber
    Gelegentlich kann eine Tumorerkrankung wiederholte Fieberschübe auslösen, ohne das ein Infekt vorliegt.
    Bei Nachweis von Tumorfieber wird ein Behandlungsversuch mit Cortison unternommen.
  5. Pancoast-Tumoren
    Dieser in der Lungenspitze gelegene Tumor weist ein typisches Beschwerdebild auf und wird gesondert besprochen.
05. Wie diagnostiziert man Lungenkrebs ?
Der Verdacht auf das Vorliegen von Lungenkrebs ergibt sich in der Regel auf 2 Wegen.
  1. Beschwerden der Atemwege oder des Brustkorbes führen dazu, dass die Person den Arzt aufsucht (siehe auch Kapitel 5).
  2. Im Rahmen routinemäßiger Röntgen-Untersuchungen (Röntgenreihenuntersuchungen in Betrieben, Röntgen-Thorax-Bild vor Operationen usw.) fallen zufällig Veränderungen in der Lunge auf, ohne dass bereits Beschwerden bestehen.

Letzterer Fall kommt nicht selten vor, da das Bronchialkarzinom oftmals erst in einem fortgeschrittenen Stadium Beschwerden macht und die Beschwerden zu Anfang nicht charakteristisch sein müssen (Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme, Nachtschweiß, Appetitlosigkeit, erhöhte Temperatur).

Die Abklärung folgt nach Möglichkeit einem festgelegten Schema, wobei die am wenigsten eingreifenden Untersuchungen zuerst durchgeführt werden.
Befunderhebung (Anamnese):
gezielte Fragen zu Beginn, Dauer und Schwere der Beschwerden, gegebenenfalls auch zum Beschwerdeort sowie zur Situation, in der diese auftreten,
Erfragung von Risikofaktoren (Nikotinkonsum, Beruf, Tumorerkrankungen in der Familie) sowie Begleiterkrankungen.
Körperliche Untersuchung:
dezidierter pulmonaler Untersuchungsbefund (Obstruktion, Pleuraerguss usw.), Lymphknotenvergrößerungen, Veränderungen an der Brustwand und den Knochen, Hautveränderungen, Nervenausfälle.
Blutuntersuchungen:
In der Regel wird ein Routinelabor (zumindest mit Blutbild, Leberwerten, Elektrolyten, Nierenwerten, Eiweißgehalt,  Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit und Eiweiß-Elektrophorese) bestimmt.
Zu den bei Lungenkrebs nachweisbaren Tumormarkern gehören:
NSE = Neuronen-Spezifische Enolase (bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen)
SCC = Squamous Cell-Carcinoma (bei Plattenepithelkarzinomen)
CEA = Carcino-Embryonales Antigen (bei Adenokarzinomen oder Lungenmetastasen von Adenokarzinomen anderer Organe, z.B. Darmkrebs oder Brustkrebs)
CYFRA 21-1 = (bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen)
Diese Tumormarker finden sich aber bis zu einem bestimmten Grenzwert auch im Blut gesunder Personen. In einigen Fällen finden sich sogar deutlich erhöhte Tumormarker-Werte, ohne das ein Tumor vorliegt. Daher ist die Bestimmung dieser Werte nur von begrenzter Aussagekraft und ersetzt keinesfalls die Durchführung der übrigen Untersuchungen.
Anwendung finden Tumormarker am häufigsten im Rahmen der Therapiekontrolle, wenn ein Abfall des Tumormarkers einen Therapieerfolg anzeigt oder der erneute Anstieg des Tumormarkers auf ein Wiederauftreten des Tumors hindeutet.
Eine neue Methode, welche nach Therapie den Verbleib von Tumorzellen im Körper erkennt und möglicherweise in Zukunft die Tumormarker-Bestimmung ablöst, ist der Nachweis von Tumor-Erbsubstanz im Blut (sogenannte zirkulierende extrazelluläre DNA)
Röntgen-Thorax:
Auf einer konventionellen Röntgenaufnahme in 2 Ebenen lassen sich krankhafte Veränderungen im Lungengewebe, aber auch am Rippenfell, am Zwerchfell, am Herzen, am Knochen und im Mediastinum erkennen.
Tumoren im Bereich der äußeren, Brustwand-nahen Lungenbezirke treten oft als rundliche Struktur auf und lassen sich etwa ab einem Durchmesser von 1 cm erkennen. Ähnliche Strukturen kommen aber auch bei anderen, gutartigen Lungenerkrankungen vor. Daher können auch erfahrene Untersucher zumeist nur eine Verdachtsdiagnose äußern, die dann mit Hilfe anderer Verfahren bestätigt werden muss.
Tumoren im Bereich der zentralen Lungenabschnitte, der sogenannten Lungenwurzel, werden in der Regel von anderen, normalen Strukturen (Gefäße, Lymphknoten) überlagert und lassen sich im Anfangsstadium oftmals nur schwer, manchmal auch gar nicht erkennen.
Bei unklaren Befunden hilft dann eine Computertomographie weiter.
Computertomographie des Thorax (CT):
Die Computertomographie ist im Rahmen der Diagnostik krebsverdächtiger Veränderungen der Lunge bis heute unverzichtbar.
Die Lunge wird schichtweise vom oberen Pol bis zum unteren Ende mit einer Schichtdicke von in der Regel 0,5 – 1 cm dargestellt (insgesamt 15 – 25 Schnitte). Jeder Schnitt wird auf zwei unterschiedliche Arten dargestellt (sogenanntes „Weichteilfenster“ und „Knochenfenster“). Außerdem erfolgt die Gabe von Kontrastmittel, wodurch einzelne Strukturen wie Lunge, Herz, Gefäße, Lymphknoten und Brustwand besser von krankhaften Veränderungen abgegrenzt werden können.
Der Vorteil der Computertomographie liegt in der sehr guten Beurteilbarkeit sowohl Brustwand-naher als auch zentral im Mediastinum gelegener Strukturen.
Tumoren sind mit dieser Methode etwa ab einer Größe von 0,5 cm zu erkennen.
Die Computertomographie ist neben der Bronchoskopie die entscheidende Untersuchung zur Beurteilung der Ausdehnung eines Tumors innerhalb des Brustkorbs (siehe auch Stadieneinteilung).
Tumortypische Veränderungen oder Dichtemessungen geben Hinweise auf die Ursache. Einen letztendlichen Beweis der Bösartigkeit von Veränderungen liefert diese Methode nur bei bereits sehr ausgedehnten, andere Organe zerstörenden Tumoren.
Magnet-Resonanz-Tomographie  bzw. Kernspin-Tomographie des Thorax (MRT):
Die Magnet-Resonanz-Tomographie oder Kernspin-Tomographie wird die Computertomographie als beste bildgebende Methode bei der Beurteilung vieler Organe (Muskeln, Gelenke, Knochen, Gehirn usw.) ablösen oder hat dies in einigen Bereichen bereits getan.
Lungengewebe und Lymphknoten lassen sich allerdings nach wie vor besser computertomographisch beurteilen, so dass hier die Computertomographie zunächst die Methode der ersten Wahl zur Beurteilung der Tumorausdehnung bleiben wird.
Wenn die Frage nach einem Einwachsen des Tumors in die Thoraxwand, das Mediastinum oder die Wirbelsäule/Rippen entscheidend für die Wahl der Therapie ist, bietet das Magnet-Resonanz-Tomogramm allerdings Vorteile. Es wird in diesen Fällen dann zusätzlich angefertigt.
Pleurasonographie:
Veränderungen innerhalb der Lunge lassen sich mit Ultraschall nicht darstellen, da Ultraschall-Wellen lufthaltiges Gewebe nicht durchdringen können.
Veränderungen am Rippenfell, die direkt der Brustwand anliegen (Pleuratumoren, Pleuraergüsse oder Bronchialkarzinome, die in die Brustwand einwachsen) lassen sich aber sehr wohl mittels Ultraschall nachweisen.
Sputumzytologie:
Da die Trefferquote gering und bei Tumorverdacht in fast allen Fällen auch eine Bronchoskopie erforderlich ist, kommt diese Methode eher in Ausnahmefällen in Betracht. (siehe auch Kapitel 18). 

Bronchoskopie:
Die Bronchoskopie ist die zentrale diagnostische Maßnahme.
Über die Hälfte aller Bronchialkarzinome sind mit dieser Methode direkt zu sehen.
Die Bronchoskopie ist in der Regel die entscheidende Untersuchung zur Feststellung des Gewebetyps und damit die Grundlage der Therapieentscheidung.
Aufgrund ihrer Bedeutung wird sie in Kapitel 7 gesondert besprochen.
Pleurapunktion:
Zeigen sich im Röntgen-Thorax-Bild oder im Thorax-Computertomogramm Veränderungen am Rippenfell (Pleuratumoren, Pleuraergüsse oder Bronchialkarzinome, die in die Brustwand einwachsen), so lassen sich diese gezielt punktieren.
Die Festlegung der besten Punktionsstelle erfolgt in der Regel Ultraschall-gesteuert, seltener mittels Computertomographie.
Es kann sowohl die Ergussflüssigkeit auf maligne Zellen untersucht werden als auch mittels spezieller Punktionsnadeln Gewebe vom Rippenfell oder direkt aus dem Tumor gewonnen werden (Biopsie nach Ramel, Trucut-Biopsie).
Komplikationen sind selten, als Hauptrisiken dieser Methode sind die Blutung (nach Verletzung eines Brustwand-Gefäßes) und der Pneumothorax zu nennen.
Thorakoskopie:

Eine weitere Möglichkeit zur Untersuchung des Brustkorbes mit der Möglichkeit zur Gewinnung von Gewebe ist die Thorakoskopie, die Spiegelung des Brustraumes.
Sie wird in Kapitel 8 separat besprochen.
Mediastinoskopie:
Diese Untersuchung wird u.a. zur histologischen Sicherung pathologischer Veränderungen des Mediastinums eingesetzt. Am häufigsten aber wird die Mediastinoskopie zur Klärung der Frage eines Tumorbefall angrenzender Lymphknoten bei bereits histologisch gesichertem Tumor durchgeführt.
Sie wird in Kapitel 11 ausführlich besprochen.
Neben den hier beschriebenen Untersuchungen zum Nachweis von Lungenkrebs sind zur Festlegung des Therapieverfahrens weitere Untersuchungen notwendig. So müssen andere Organe auf Metastasen untersucht werden und eine Überprüfung der Leistungsfähigkeit von Herz, Kreislauf und Lunge erfolgen (siehe Kapitel 10).
Nur in wenigen Fällen kommen alle oben genannten Untersuchungsverfahren zur Anwendung. Die Basisuntersuchungen sind das Röntgen-Thorax-Bild, die Computertomographie der Lunge sowie die Bronchoskopie. In weit fortgeschrittenen Fällen wird gelegentlich auf jede weitere Untersuchung verzichtet.
Kann auch mittels umfangreicher Diagnostik letztlich nicht geklärt werden, ob es sich bei der Veränderung um einen bösartigen Tumor handelt und sprechen die übrigen Untersuchungsergebnisse nicht gegen eine Operation, so erfolgt fast immer eine operative Klärung der Diagnose, um im Falle der Bösartigkeit die Chance auf eine Heilung nicht zu versäumen (siehe auch Kapitel 14).
In der Fachsprache spricht man in diesem Fall von einer „explorativen Thorakotomie„.
06. Was leistet die Bronchoskopie ?
Die Bronchoskopie  ist die zentrale Maßnahme in der Lungenkrebsdiagnostik.
Über die Hälfte aller Bronchialkarzinome sind mit dieser Methode direkt zu sehen.
Bei der „flexiblen Bronchoskopie“ gelangt man mit einem Bronchoskop normaler Größe (5 – 6 mm Durchmesser) etwa bis zur 4. oder 5. Aufteilung des Bronchialbaumes, bevor der Durchmesser der Bronchien den des Bronchoskopes unterschreitet.
Zur Vorbereitung sollte der Patient nach Möglichkeit 12 Stunden nüchtern bleiben und nicht rauchen.
In der Regel erfolgt vor der Untersuchung die Verabreichung von antitussiv wirksamen Medikamenten (Hydrocodon, Fentanyl) und Sedativa/Kurznakotika (Midazolam, Propofol) und während der Untersuchung eine lokale Betäubung des Bronchialsystems.
Die „starre Bonchoskopie“ erfolgt mittels eines starren Rohres bei überstrecktem Hals durch den Mund. Sie wird immer in Vollnarkose durchgeführt.
Die starre Bronchoskopie bietet gegenüber der flexiblen Bronchoskopie
  • den Vorteil der besseren Übersicht in den großen Bronchien (~ 10 mm Durchmesser),
  • den Vorteil der Entnahme größerer Schleimhaut-Proben mittels großer Biopsie-Zange sowie
  • die Möglichkeit einer sicheren Blutstillung auch bei größeren Blutungen.

Diesen Vorteilen steht ein erheblich höherer Aufwand, die Notwendigkeit einer Vollnarkose und ein höheres Verletzungsrisiko von Zähnen, Stimmbändern und Schleimhaut gegenüber.
Daher wird zunächst immer eine flexible Bronchoskopie durchgeführt.

Mit Hilfe der Bronchoskopie können
  • die Tumorausbreitung innerhalb des Bronchialsystems beurteilt werden (exophytisches Tumor-Wachstum, Tumorbefall der Schleimhaut ohne Einengung des Bronchialsystems, Lymphangiosis carcinomatosa)
  • die Ursache und der Ursprungsort von Komplikationen festgestellt werden (Hämoptysen, Belüftungsstörungen (Atelektasen), poststenotische Pneumonien, Heiserkeit durch Stimmbandlähmung)
  • Zell- und Gewebeproben entnommen werden.
Die Probeentnahme stellt den wichtigsten Schritt dar. Die Feststellung des Gewebetyps ist die Grundlage der Therapieentscheidung.
Der Untersucher hat die Möglichkeit
  1. mittels Bronchialspülung oder Einbringen eines Absaugkatheter über den Arbeitskanal des Bronchoskopes Bronchialflüssigkeit zu gewinnen,
  2. mittels eines Bürstenkatheters Schleimhautzellen in der Tiefe abzuschilfern,
  3. mittels einer Biopsie-Zange Proben aus dem sichtbaren Tumor und der sichtbaren Schleimhaut zu entnehmen.
  4. mittels eines Katheters mit Punktionsnadel die Bronchien im Bereich einer Aufzweigungsstelle zu durchstechen und Gewebe abzusaugen (perkarinale Nadelbiopsie). Dieses Verfahren wird angesichts geringer Trefferquoten selten benutzt.

    Die Anwendung dieser Methoden sowie die bronchoskopische Untersuchung insgesamt sind risikoarm. Äußerst selten kommt es zu Verletzungen von Kehlkopf, Stimmbändern, Luftröhre oder Bronchien.
    Ebenso ist das Auftreten stärkerer Blutungen die Ausnahme, allerdings finden sich regelhaft nach Gewebeentnahmen noch kurze Zeit kleinere Blutbeimengungen im Auswurf.
    Sollte im einsehbaren Bereich des Bronchialsystems kein Tumorgewebe zu sehen sein, so kann der Untersucher

  5. mittels Biopsie-Zange unter gleichzeitiger Röntgen-Durchleuchtung im Bereich des Tumors Gewebeproben entnehmen (transbronchiale Biopsie-Entnahme).

Einziges zusätzliches Risiko dieser Methode ist das Auftreten eines Pneumothorax (bei etwa jeder 30. – 40. Biopsie), der in den meisten Fällen die vorübergehende Anlage einer Thoraxdrainage erfordert, um die Lunge erneut zur Entfaltung zu bringen.
In über 70 % der Fälle lässt sich mit Hilfe des bronchoskopisch gewonnenen Materials eine sichere Diagnose stellen.

Eine Sonderform der Bronchoskopie stellt die Laser-Bronchoskopie dar, bei der über den Arbeitskanal des Bronchoskopes eine Laserquelle an (bösartige wie nicht-bösartige) Veränderungen herangebracht wird.
Je nach Art des Gerätes (Argon-Beamer, Neodym-YAG-Laser) und gewählter Leistungsstufe kann sowohl eine Koagulation (Verschorfung) von Oberflächen als auch eine Vaporisation (Verdampfung) ganzer Gewebeanteile durchgeführt werden. Im letztgenannten Fall ist eine starre Bronchoskopie  in Vollnarkose erforderlich.
Anwendung finden diese Verfahren beispielsweise zur Blutstillung von oberflächlich blutenden Tumoren im bronchoskopisch einsehbaren Bereich oder zur Wiedereröffnung von Luftröhre oder Bronchien, wenn diese durch ein Vorwachsen des Tumors hochgradig eingeengt oder bereits verschlossen und andere Verfahren (Operation, Bestrahlung) nicht durchführbar sind.

07. Was leistet die Thorakoskopie ?
Die Thorakoskopie dient der Untersuchung des Brustkorbes mit der Möglichkeit zur Gewinnung von Gewebe.
Dazu wird nach Anlegen eines Pneumothorax mittels eines Hautschnittes seitlich zwischen den Rippen ein Thorakoskop in den Brustkorb eingebracht, mit welchem krankhafte Veränderungen direkt gesehen und anschließend biopsiert werden können.
Bei der „internistischen Thorakoskopie“ werden intravenös Sedativa Und Analgetika verabreicht und eine lokale Betäubung durchgeführt, der Patient ist während der Untersuchung aber noch ansprechbar.
Hiervon zu unterscheiden ist die „chirurgische Thorakoskopie„, bei der der Patient eine Vollnarkose erhält. Diese Methode ist aufwendiger und hat zusätzlich das (wenn auch geringe) Risiko einer Vollnarkose, ermöglicht aber im Gegensatz zur internistischen Thorakoskopie neben Probeentnahmen der inneren Thoraxwand die Entnahme von Lungengewebe aus den äußeren Lungenabschnitten.
Die Wahl der Thorakoskopie-Methode ist abhängig von Tumorsitz und Art der gewünschten Probeentnahme, darüber hinaus spielen aber auch die diagnostischen Möglichkeiten der jeweiligen Fachabteilung eine Rolle.
Im Anschluss an die Untersuchung wird zumeist für einige Tage eine Thoraxdrainage eingelegt.
Die Hauptrisiken der Methode bestehen in einer Blutung durch die Verletzung von Gefäßen, einer Infektion sowie in Problemen bei der Entfaltung des jeweiligen Lungenflügels nach dem Eingriff.
08. Was leistet die Mediastinoskopie ?
Bei der Mediastinoskopie wird in Narkose ein kleiner Hautschnitt oberhalb des Brustbeins („suprasternal“) angelegt, anschließend wird ein spezielles optisches Instrument (Mediastinoskop) hinter dem Brustbein und vor der Luftröhre etwa 10 cm vorgeschoben, mit dessen  Hilfe Gewebeproben von Lymphknoten, aber auch von anderem Gewebe entnommen werden.
Die Untersuchung des Mediastinums ist auf Grund der Notwendigkeit einer Vollnarkose und des gegenüber einer Bronchoskopie (und auch einer Pleurapunktion) erhöhten Verletzungs-Risikos einer der letzten diagnostischen Schritte zur histologischen Sicherung eines Bronchialkarzinoms. In einzelnen Fällen lässt sich die Feststellung des Gewebetyps aber nicht anders erreichen.
Am häufigsten wird diese Untersuchung durchgeführt, um bei bereits gesichertem Lungenkrebs (in der Regel bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen) ohne Hinweis auf Fernmetastasen zur überprüfen, ob die angrenzenden Lymphknoten tumorfrei und eine Operation möglich ist. In etwa einem Drittel der Fälle wird ein Lymphknoten-Befall nachgewiesen.
Die operative Abklärung ist notwendig, da der Stellenwert der Computertomographie hinsichtlich der Lymphknotendiagnostik gering ist. So findet sich nur bei etwa 60 – 70 % der im Computertomogramm krankhaft vergrößerten Lymphknoten (> 1 – 1,5 cm) tatsächlich ein Tumorbefall. Umgekehrt sind 30 – 50 % der computertomographisch als normal bewerteten Lymphknoten in der späteren Gewebeuntersuchung doch von Tumor befallen.
Da der Lymphknotenbefall entscheidenden Einfluss auf die Therapie insbesondere des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms hat, wird in den meisten Kliniken vor der eigentlichen Tumorentfernung eine Mediastinoskopie durchgeführt.
Von der gewöhnlich durchgeführten „suprasternalen Mediastinoskopie“ unterscheidet man die „anteriore parasternale Mediastinoskopie„, bei der ein anderer Zugangsweg zum Mediastinum gewählt wird und der Hautschnitt direkt neben dem Brustbein zwischen den Rippen erfolgt.
Die anteriore parasternale Mediastinoskopie kommt bei speziellem Sitz des Tumors in Betracht, erfordert das Anlegen eines Pneumothorax  und daher im Anschluss an die Untersuchung für einige Tage auch das Einbringen einer Thoraxdrainage.
Die Hauptrisiken der Mediastinoskopie bestehen in einer Blutung durch die Verletzung von Gefäßen, einer Infektion sowie dem Auftreten eines Pneumothorax.
Durch den Eingriff kann zudem eine Nervenverletzung der im Mediastinum verlaufenden Nerven auftreten. Zu den möglichen Funktionseinschränkungen gehören Heiserkeit durch Stimmbandlähmung (Nervi recurrentes), Atemnot infolge einer Zwerchfelllähmung (Nervi phrenici) sowie ein Horner-Syndrom bei Verletzungen des Hals-Sympathicus. Insgesamt treten diese Komplikationen jedoch selten auf und bilden sich in vielen Fällen spontan oder durch Behandlung zurück.
Extrem selten ergibt sich die Notwendigkeit zu einer größeren Eröffnung des Brustkorbes (zum Beispiel auf Grund eines unerwarteten Befundes oder einer Blutungskomplikation).
09. Welche weiteren Untersuchungen sind vor Einleitung einer Therapie erforderlich?
A Untersuchung anderer Organe
Die Gesamtheit aller Untersuchungen zur Feststellung der Ausbreitung eines Tumors bezeichnet man als „Staging„.
Der Begriff der „prognostischen Operabilität“ bedeutet, dass auf Grund des Fehlens von Fernmetastasen die vorgesehene Operation zu einer vollständigen Tumorfreiheit und somit zu einer Heilung führen kann (siehe Kapitel 14).
Die häufigsten Metastasenlokalisationen sind Leber, Nebenniere, Skelett und Gehirn. Insbesondere beim kleinzelligen Bronchialkarzinom finden sich in 70 – 80 % der Fälle schon zum Zeitpunkt der Diagnosestellung Fernmetastasen.
Abdomensonographie
Die Abdomensonographie läßt bei den meisten Patienten eine ausreichende Beurteilung von Leber und Nebennieren zu. Darüber hinaus können auch andere Organe des Bauchraumes wie NierenBauchspeicheldrüse und Darm, in die Lungenkrebs seltener streut, auf Metastasen überprüft werden.
Abdomen-Computertomographie
Eine Computertomographie des Bauchraumes ist nur erforderlich, wenn die Ultraschall-Untersuchung unklare Befunde zeigt oder auf Grund schlechter Schallbarkeit des Patienten keine zuverlässige Aussage über einen Tumorbefall von Bauchorganen möglich ist.
Computertomographie des Schädels
Die Computertomographie ist aktuell noch die Methode der Wahl. Bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen wird in Anbetracht der Häufigkeit von Hirnmetastasen regelhaft ein Computertomogramm des Kopfes angefertigt. Im Falle neurologischer Ausfallserscheinungen ist es auch bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen zwingend erforderlich. Bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen ohne neurologische Ausfälle bestehen hinsichtlich der Notwendigkeit unterschiedliche Meinungen. Zumeist wird diese Untersuchung aber durchgeführt.
Magnet-Resonanz-Tomographie  bzw. Kernspin-Tomographie des Schädels (MRT):
Ein MRT des Schädels wird derzeit zumeist durchgeführt, wenn die computertomographische Untersuchung unklare Befunde zeigt. Zukünftig wird das MRT aber wohl auf Grund der höheren Empfindlichkeit die Computertomographie als routinemäßige Methode bei der Beurteilung des Gehirns ablösen.
KnochenszintigraphieBei dieser nuklearmedizinischen Methode reichert sich ein gering radioaktiver, intravenös verabreichter Stoff innerhalb weniger Stunden im Knochen an. Das dann mit einer Spezialkamera angefertigte Bild offenbart Knochenbereiche mit erhöhter Stoffwechselaktivität.
Erhöhte Knochenstoffwechselaktivität findet sich bei Knochenmetastasen, aber auch bei degenerativen Veränderungen (Verschleiß) und Knochenbrüchen.
Um Metastasen sicher von nicht-bösartigen Knochenveränderungen abgrenzen zu können, wird in Zweifelsfällen ein normales Röntgenbild des entsprechenden Knochens angefertigt (sogenanntes „Gegenröntgen„). Nur in wenigen Fällen ist zur Klärung zusätzlich noch eine Computertomographie oder eine Magnet-Resonanz-Tomographie erforderlich.

Beckenkammpunktion

Bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen früher regelhaft durchgeführt, erfolgt die Entnahme von Knochenmark und Knochengewebe heute nur noch in Ausnahmefällen.
Weitere, über die hier angeführten Untersuchungen hinausgehende Maßnahmen werden in Abhängigkeit von Beschwerden durchgeführt.
Bestehen Zweifel an der Bösartigkeit von Veränderungen, so ist in vielen Fällen eine Punktion mit Gewinnung von Gewebe zur feingeweblichen Untersuchung möglich (Leber, Niere, Nebenniere, Knochen, Haut).
In wenigen Fällen ist das Bronchialkarzinom technisch und funktionell operabel, es läßt sich aber nicht klären, ob es sich bei auffälligen Veränderungen anderer Organe um Metastasen oder gutartige Veränderungen handelt.
In diesen Fällen erfolgt ebenfalls eine Operation des Tumors, um die Chance auf eine Heilung nicht zu versäumen. Die metastasenverdächtigen Veränderungen werden postoperativ regelmäßig kontrolliert. Sollten sie sich tatsächlich als Metastasen erweisen, besteht die Möglichkeit einer Chemotherapie.
B Untersuchung der Herz-Kreislauf- und Lungenfunktion
Die endgültige Therapieentscheidung ist nicht nur abhängig vom Tumortyp und von der Tumorausbreitung (siehe Kapitel 11), sondern wird zudem maßgeblich beeinflußt von Alter und Allgemeinzustand eines Patienten, seinen Begleiterkrankungen und dem Ergebnis spezieller Herz-Kreislauf-Untersuchungen und der Lungenfunktionsprüfung.
Dies gilt in besonderen Maße bei einem geplanten operativen Vorgehen. Aber auch im Falle einer Bestrahlung oder einer Chemotherapie ist vorher zu überdenken, ob der Patient die Anstrengungen einer solchen Therapie durchstehen kann oder ob zusätzliche Erkrankungen die eine oder andere Therapieform oder die Wahl eines bestimmten Chemotherapeutikums ausschließen (siehe auch Kapitel 14).
Im Zusammenhang mit einer Operation verwendet man den Begriff der „funktionellen Operabilität“ und meint damit, dass ein Patient von seiten seiner Herz-Kreislauf-Funktion sowie seiner Lungenfunktion  in dem geplanten Ausmaß ohne größeres Risiko operiert werden kann.
Die nachfolgend aufgeführten Untersuchungen gehören zum Routineprogramm vor einer Lungenoperation.
Blutgasanalyse
Die Bestimmung des Sauerstoff- und Kohlendioxidgehaltes im Blut gibt erste Hinweise auf das Vorliegen bedeutsamer Begleiterkrankungen. Eine hochgradige Hypoxämie und/oder eine Hyperkapnie reichen in einigen Fällen als Beweis der Inoperabilität aus.
Bodyplethysmographie/Spirometrie
Die Messung verschiedener Lungenvolumina in einer geschlossenen Messkammer (Bodyplethysmograph) ist die zentrale Untersuchung zur Beurteilung der Lungenfunktion. Mittels dieser Methode läßt sich nicht nur das Ausmaß der Funktionseinschränkung, sondern auch die Art der Funktionsstörung erkennen (Obstruktion, Restriktion, Überblähung).
Der wichtigste Einzelwert ist der FEV1-Wert, das „forcierte expiratorische Volumen, das in einer Sekunde ausgeatmet werden kann.
Werte über 80 % der errechneten Normwertes (oder > 2,5 Liter) erlauben eine Operation bis hin zur Entfernung eines ganzen Lungenflügels („Pneumonektomie“) (siehe auch Kapitel 13 und14).
Bestimmung des Tranferfaktors
Der Transferfaktor gibt Auskunft über das Sauerstoff-Austauschvermögen der Lunge zwischen der Atemluft und dem Blut. Auch hier gelten Werte über 80 % des errechneten Normwertes als Nachweis einer uneingeschränkten Operationsfähigkeit bis hin zur Entfernung eines ganzen Lungenflügels („Pneumonektomie“).
EKG
Das EKG stellt eine Basisuntersuchung dar.
Belastungs-EKG oder Oxyergometrie
Das EKG unter Belastungsbedingungen (in der Regel Fahrradfahren) offenbart die allgemeine körperliche Belastbarkeit eines Patienten, ist aber darüber hinaus eine empfindliche Methode zum Aufspüren von Herzdurchblutungsstörungen und Herzrhythmusstörungen.
Finden sich pathologische Befunde, so muss gegebenenfalls vor der geplanten Operation noch eine große Herzkatheter-Untersuchung (Linksherzkatheter = Koronarangiographie) oder ein Langzeit-EKG über 24 Stunden durchgeführt werden.
Oftmals wird während des Belastungs-EKG zusätzlich mehrfach der Blutgasgehalt ermittelt, um das Sauerstoffaufnahme-Verhalten der Lunge unter Belastung zu prüfen. Diese Kombinationsuntersuchung bezeichnet man als „Oxyergometrie„.
Bestehen Zweifel an der Operationsfähigkeit, so werden weitere, ergänzende Untersuchungen durchgeführt, die in aller Regel einem vorher festgelegten Schema folgen.
Echokardiographie
Die Echokardiographie dient der Beurteilung von Zustand und Funktion der Herzklappen sowie der allgemeinen Pumpfunktion des Herzens und läßt Rückschlüsse auf verschiedene Herzerkrankungen zu.
Spiroergometrie
Die Spiroergometrie stellt eine Kombination von Belastungs-EKG und Lungenfunktionsprüfung dar. Sie gibt Aufschluss über die Funktionsreserve von Herz und Lunge. Der wichtigste Einzelwert ist die „maximale Sauerstoffaufnahme“ (< 10 ml pro kg Körpergewicht = sicher nicht operationsfähig).
Lungen-Perfusionsszintigraphie
Mit Hilfe dieser nuklearmedizinischen Methode die Lungendurchblutung des linken und des rechten Lungenflügels seitengetrennt bestimmt werden. Dadurch lässt sich recht zuverlässig vorhersagen, wie die Lungenfunktion nach Operation ausfallen wird.
In den meisten Fällen kann mit Hilfe der genannten Untersuchungen vorhergesagt werden, ob eine Operation überhaupt möglich ist, ob ein gesamter Lungenflügel oder nur ein Teil der Lunge (in der Regel ein Lungenlappen) entfernt werden kann und ob ein erhöhtes Operationsrisiko besteht.
Trotz umfangreichster Voruntersuchungen wird es aber immer wieder Grenzfälle geben, bei denen eine Operation prinzipiell möglich, das Komplikationsrisiko jedoch extrem hoch erscheint. In diesen Fällen tritt der ärztliche Ratschlag in den Hintergrund, die Entscheidung für oder gegen eine Operation hängt dann wesentlich von der Risikobereitschaft des Patienten ab.
10. Nach welchen Kriterien lassen sich die verschiedenen Lungenkrebsarten und Lungenkrebsstadien unterteilen ?
A GEWEBETYP
Eine Unterteilung erfolgt nach der feingeweblichen Untersuchung (Histologie) durch den Pathologen.
Es werden grundsätzlich die kleinzelligen von den nicht-kleinzelligen Karzinomen unterschieden. Diese Unterscheidung ist aufgrund der unterschiedlichen Therapie von kleinzelligen und nicht-kleinzelligen Karzinomen bedeutsam.
Die nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome werden zudem histologisch nach der entarteten Ursprungszelle noch weiter unterteilt.
  1. Kleinzellige Karzinome
    (englisch SCLC = small cell lung cancer)
     

    Kleinzellige Karzinome wachsen sehr schnell, entstehen typischerweise im Bereich der Lungenwurzel und metastasieren frühzeitig in andere Organe (80 % sind bereits bei Diagnosestellung metastasiert). Sie sprechen gut auf Chemotherapie und Bestrahlungstherapie an. Trotzdem haben sie die schlechteste Heilungschance aller Bronchialkarzinome.
    Die weitere Unterteilung in kleinzellige Karzinome vom Haferzelltyp (oat-cell-typ) und kleinzellige Karzinome vom intermediären Zelltyp ist für die Wahl der Therapie sowie für die Prognose von untergeordneter Bedeutung.
     

  2. Nicht-Kleinzellige Karzinome
    (englisch NSCLC = non small cell lung cancer)
     

    Nicht-kleinzellige Karzinome wachsen langsamer (aber nicht langsam!), metastasieren relativ spät über den Blutweg in entfernte Organe und sprechen auf eine Chemotherapie oder eine Bestrahlungstherapie nur wenig an. Ist eine vollständige operative Entfernung möglich, so haben sie die besten Heilungschancen.

    • Plattenepithelkarzinome
    • Adenokarzinome
      Das Adenokarzinom kommt weltweit zunehmend häufiger vor und ist darüber hinaus der häufigste Karzinomtyp bei Frauen. Rauchen spielt eine geringere Rolle als bei anderen Bronchialkarzinomtypen (50 % betreffen Nichtraucher!). 

      Eine Unterform des Adenokarzinoms ist das bronchioloalveoläre Karzinom, dass überwiegend in den Lungenbläschen und entlang des Lungengerüstes wächst und im Röntgenbild einer Lungenentzündung ähneln kann.

    • Großzellige Karzinome
      Das großzellige Karzinom hat die schlechteste Prognose aller nicht-kleinzelligen Karzinome und ist gelegentlich histologisch schwer von einer Metastase eines Nierenzellkarzinoms abzugrenzen.
Die Einteilung nach dem Gewebetyp hat große Bedeutung für die Therapie, da bei kleinzelligen Karzinomen die Therapie der ersten Wahl eine andere ist als bei den nicht-kleinzelligen Karzinomen.
B DIFFERENZIERUNGSGRADUnter dem Differenzierungsgrad (englisch „grading„) versteht man das Ausmaß der Entartung.
Gut differenzierte Tumoren ähneln noch sehr dem Ausgangsgewebe, während schlecht differenzierte bzw. entdifferenzierte Tumoren kaum noch die Ursprungszelle erkennen lassen.
Man unterteilt:


Grad 1           Gut differenziert
Grad 2           Mäßig differenziert
Grad 3           Schlecht differenziert
Grad 4           Undifferenziert
Großzellige Bronchialkarzinome und kleinzellige Bronchialkarzinome entsprechen immer entdifferenzierten Grad 4-Tumoren.
Dass entdifferenzierte Tumoren in jedem Fall eine schlechtere Prognose haben, ist nicht endgültig bewiesen. Gewebetyp und Tumorstadium sind hinsichtlich der Heilungschancen sicherlich von größerer Bedeutung.
Der Differenzierungsgrad von Lungentumoren hat keinen Einfluss auf die Auswahl der Therapie.
C TUMORSTADIUM
Eine in Bezug auf die Therapie sehr wichtige Einteilung erfolgt nach der Ausdehnung des Tumors in sogenannten Tumorstadien (englisch „staging„) mit Hilfe der international üblichen TNM-Klassifikation nach den Regel der UICC (unio internationalis contra cancrum, internationale Union gegen den Krebs).
In Kapitel 14 wird hierauf ausführlich eingegangen.
 T = Tumor
N = Lymphknotenbefall („nodus“)
M = Metastasen
Sämtliche bösartigen Tumoren aller Organe werden nach diesem System eingeteilt.
T1-3 In der Regel auf das Organ begrenzter Tumor 
T4  Tumor überschreitet die Organgrenze 
N0 Kein Lymphknotenbefall
N1/2  In der Regel regionaler Lymphknotenbefall 
N3 Befall entfernterer Lymphknoten
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastasen
Für jeden Tumor existiert eine eigene Einteilung nach der TNM-Klassifikation, in der T1-4, N1-3 und M0/1 genau festgelegt werden.
Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome:
Die TNM-Klassifikation für das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom ist nachfolgend aufgelistet. Bereits die Erfüllung eines der genannten Kriterien reicht aus, um der jeweiligen Gruppe zugerechnet zu werden.
TNM-KLASSIFIKATION DER NSCLC
TUMOR
Tx Positive Zytologie (alleiniger Nachweis von Tumorzellen, aber kein Tumor nachweisbar)
Tis Tumor noch auf die Schleimhaut begrenzt (carcinoma in situ)
T1 Tumordurchmesser < 3 cm / Hauptbronchus nicht befallen
T2 Tumordurchmesser > 3 cm / Ausbreitung in die Hilusregion / Einwachsen in die viscerale Pleura / Teil-Atelektase eines Lungenflügels / Hauptbronchusbefall 2 cm oder weiter von der Aufteilung in die Hauptbronchien entfernt
T3 Einwachsen in die Brustwand / das Zwerchfell / den Herzbeutel / die ans Mittelfell (Mediastinum) grenzende Pleura / Totalatelektase eines Lungenflügels / Hauptbronchusbefall im Bereich der ersten 2 cm ab der Aufteilung in die Hauptbronchien
T4 Einwachsen in das Mittelfell (Mediastinum) / das Herz / die großen Gefäße / die Luftröhre / die Speiseröhre / Nachweis von bösartigen Zellen im Pleuraerguß
LYMPHKNOTEN
N0 Kein Lymphknotenbefall
N1 Befall von Lymphknoten entlang der Bronchien und/oder Hiluslymphknoten auf der betroffenen Seite (ipsilateral)
N2 Befall von Lymphknoten im Bereich des Mittelfells auf der betroffenen Seite (ipsilaterale mediastinale Lymphknoten)
N3 Befall von Lymphknoten im Bereich des Mittelfells auf der gegenüberliegenden Seite (kontralaterale mediastinale Lymphknoten) / Befall von Lymphknoten im Bereich bestimmter Halsmuskeln (Skalenus) und/oder oberhalb des Schlüsselbeines auf der betroffenen Seite (ipsilaterale supraklavikuläre Lymphknoten)
METASTASEN
M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar
M1 Fernmetastasen nachweisbar
Ausgehend von der angeführten TNM-Klassifikation findet dann die Zuordnung zu den einzelnen Tumorstadien wie folgt statt:

STADIENEINTEILUNG DER NSCLC    

   Stadium         Tumor       Lymphknoten   Metastasen  
Okkultes
Karzinom
Tx N0 M0
0 Tis N0 M0
I  A
I  B
T1
T2
N0
N0
M0
M0
II A
II B
T1
T2
T3
N1
N1
N0
M0
M0
M0
III AIII B T1
T2
T3
T3
Jedes T
T4
N2
N2
N1
N2
N3
Jedes N
M0
M0
M0
M0
M0
M0
IV Jedes T Jedes N M1
Diese Tumorstadien-Einteilung ist nicht nur Grundlage der Therapieentscheidung, sondern zudem wichtig für die Beurteilung der Heilungsaussichten (siehe Kapitel 17).
Kleinzellige Bronchialkarzinome:
Am häufigsten findet bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen die Stadieneinteilung der VALG (Veterans Administration Lung Cancer Study Group) Anwendung.
LIMITED DISEASE (LD)
Tumor begrenzt auf eine Thoraxhälfte mit oder ohne  Befall der gleichseitigen oder gegenüberliegenden mediastinalen Lymphknoten oder der gleichseitigen supraklavikulären Lymphknoten und mit oder ohne gleichseitigen Pleuraerguss unabhängig vom zytologischen Ergebnis.
EXTENSIVE DISEASE (ED)
Jede Tumorausbreitung über das Stadium „limited disease“ hinaus.
Diese Einteilung orientiert sich an der Möglichkeit einer Bestrahlung (beim „extensive disease“ ist aufgrund der erforderlichen Größe des Bestrahlungsfeldes eine Bestrahlung aller Tumoranteile nicht durchführbar oder es bestehen bereits Fernmetastasen).
Unberücksichtigt bleiben aber die großen prognostischen Unterschiede innerhalb beider Gruppen.
Die Marburger Klassifikation ist eine weitere Möglichkeit, das kleinzellige Bronchialkarzinom nach der jeweiligen Tumorausdehnung in Tumorstadien einzuteilen.
VERY LIMITED DISEASE (VLD)
Tumor von Lungengewebe oder visceraler Pleura umgeben, Teil-Atelektase, Befall von Lymphknoten entlang der Bronchien und/oder Hiluslymphknoten auf der betroffenen Seite (ipsilaterale hiläre oder bronchiale Lymphknoten), kleiner Pleuraerguss ohne bösartige Zellen.
LIMITED DISEASE (LD)
Einwachsen des Tumors in die Brustwand / das Zwerchfell /den Herzbeutel / die ans Mittelfell (Mediastinum) grenzende Pleura,Totalatelektase eines Lungenflügels,Befall von Lymphknoten im Bereich des Mittelfells auf der betroffenen und/oder gegenüberliegenden Seite (ipsilaterale oder kontralaterale mediastinale Lymphknoten) oder Befall von Lymphknoten im Bereich des Hilus auf der gegenüberliegenden Seite (kontralaterale hiläre Lymphknoten),kleiner Pleuraerguss ohne bösartige Zellen.
EXTENSIVE DISEASE I (ED I)
Einwachsen des Tumors in das Mittelfell (Mediastinum) / das Herz / die großen Gefäße / die Luftröhre / die Speiseröhre / die Wirbelsäule, Befall von Lymphknoten oberhalb des Schlüsselbeines auf der betroffenen und/oder der gegenüberliegenden Seite (ipsilaterale und/oder kontralaterale supraklavikuläre Lymphknoten), Pleuraerguss und/oder Perikarderguss mit Nachweis bösartiger Zellen, Stimmbandlähmung (Nervus Recurrens-Parese), Zwerchfelllähmung (Nervus Phrenicus-Parese), Obere Einflussstauung (Vena-Cava-Superior-Syndrom)
EXTENSIVE DISEASE II A (ED II A)
Fernmetastasen in einem Organ einschließlich Tumorbefall der gegenüberliegenden Lunge.
EXTENSIVE DISEASE II B (ED II B)
Fernmetastasen in mehr als einem Organ.
Die Marburger Klassifikation wird der prognostischen Bedeutung eher gerecht.
Die mittleren Überlebenszeiten (mit Therapie!) liegen im Stadium „very limited disease“ bei etwa 17 Monaten, im Stadium „extensive disease II B“ aber nur noch bei etwa 6 Monaten.
Die 2-Jahres-Überlebensrate beträgt beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „very limited disease“ etwa 30%, beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „extensive disease II B“ etwa 1 % (siehe auch Kapitel 17)

D SONDERFORMEN

Pancoast-Tumor oder Sulcus-Superior-Tumor
Dieser Tumor wird oftmals gesondert betrachtet, weil er an einer bestimmtem Stelle in der Lungenspitze (dem sogenannten Sulcus superior) entsteht und durch diese Lage
  1. ein typisches Beschwerdebild aufweist und
  2. die Therapie einem abgewandelten Behandlungsschema folgt (siehe auch Kapitel 14).
Im Vergleich zur Gesamtzahl der Bronchialkarzinome tritt ein Pancoast-Tumor selten auf, insgesamt nehmen weniger als 5 % aller Bronchialkarzinome ihren Ausgang vom Sulcus superior in der Lungenspitze.
11. Was ist ein Pancoast-Tumor oder Sulcus-Superior-Tumor ?
Der sogenannte Pancoast-Tumor oder Sulcus-Superior-Tumor wird oftmals gesondert betrachtet, weil er an einer bestimmtem Stelle in der Lungenspitze (dem sogenannten Sulcus superior) entsteht und durch diese Lage
  1. ein typisches Beschwerdebild aufweist und
  2. die Therapie einem abgewandelten Behandlungsschema folgt.
In Vergleich zur Gesamtzahl der Bronchialkarzinome tritt ein Pancoast-Tumor selten auf, insgesamt nehmen weniger als 5 % aller Bronchialkarzinome ihren Ausgang vom Sulcus superior in der Lungenspitze.
Das häufigste Symptom sind einseitige Schulterschmerzen mit Ausstrahlung in den Arm, die Rippen, den Rücken oder den Nacken, bedingt durch ein Einwachsen des Tumors in umliegende Nervenbahnen (Plexus brachialis), Weichteilgewebe oder knöcherne Strukturen.
Insbesondere im Arm können sich neben Schmerzen auch Muskelschwäche und Missempfindungen (zum Beispiel Kribbeln) einstellen.
Geradezu klassisch ist das Auftreten des sogenannten „Horner-Syndroms„. Als „Horner-Syndrom“ bezeichnet man die Kombination von herabhängendem Augenlid („Ptosis„), Pupillenverengung („Miosis„), Zurücktreten des Augapfels („Enophthalmus„) und aufgehobener Schweißbildung („Anhidrosis„) auf einer Seite.
Ursächlich ist eine durch Tumoreinwachsen/Tumorkompression bedingte Beeinträchtigung des nahegelegenen Ganglion cervicale inferior (Ganglion stellatum), das als Teil des sympathischen Nervensystems ist die Funktionen von Augenlid-Öffnung, Pupillenerweiterung, Schwitzen usw. steuert.
Die Diagnostik erfolgt mittels der üblichen Untersuchungen (siehe Kapitel 6-10).
Der weit überwiegende Anteil der Pancoast-Tumoren sind nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome (Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome, großzellige Karzinome). Kleinzellige Bronchialkarzinome finden sich in weniger als 5 % der Fälle (siehe auch Kapitel 11).
Die Einteilung erfolgt nach der TNM-Klassifikation (nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome) oder der VALG/Marburger-Klassifikation (kleinzellige Bronchialkarzinome).
Aufgrund ihrer besonderen Lage handelt es sich immer im T3- oder T4-Tumoren (siehe Kapitel 11).
Die Behandlung der kleinzelligen Pancoast-Tumoren erfolgt wie üblich mittels Chemotherapie und gegebenenfalls anschließender Bestrahlungstherapie.
Die Behandlung der nicht-kleinzelligen Pancoast-Tumoren weicht insofern von der Behandlung der übrigen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome ab, als dass bei allen Pancoast-Tumoren eine primäre Operation nicht möglich ist.
Früher sah man Pancoast-Tumoren als generell inoperabel an, inzwischen werden folgende Therapiestrategien diskutiert:
  1. präoperative (neoadjuvante) Bestrahlungstherapie mit Zielvolumendosen zwischen 20 und 65 Gy und anschließend Operation von Tumor, Brustwandanteilen und anderer befallener Strukturen soweit möglich. Die früher angewandte sogenannte Sandwich-Technik mit Vorbestrahlung, Operation und Nachbestrahlung bringt keinen Vorteil gegenüber alleiniger Vorbestrahlung.
  2. Präoperativ Durchführung mehrerer Zyklen Chemotherapie sowie zeitgleich/nachfolgend Bestrahlungstherapie mit Zielvolumendosen zwischen 20 und 65 Gy und anschließender Operation von Tumor, Brustwandanteilen und anderer befallener Strukturen soweit möglich (siehe Kapitel 15).
  3. Alleinige Bestrahlungstherapie mit Zielvolumendosen von mindestens 60 Gy.
Die Auswahl des Therapieverfahrens richtet sich zusätzlich selbstverständlich auch nach dem Tumorstadium (siehe Kapitel 14). Bei Vorliegen von Fernmetastasen (Stadium IV) oder Lymphknotenbefall der anderen Seite (Stadium III B) führt eine Operation nachweislich zu keiner Lebensverlängerung und kommt daher nicht in Betracht.
Im Falle einer Operation wird auch bei Pancoast-Tumoren der komplette Lungenlappen (in diesem Fall immer der Lungenoberlappen) bzw. der komplette Lungenflügel entfernt.
Welches dieser 3 oben genannten Verfahren letztendlich die besten Resultate erreicht, ist auch heute noch umstritten und anhand der bisher durchgeführten Studien nicht eindeutig zu klären.
Die meisten Fachleute empfehlen heute die an Nr. 2 genannte Therapie mit adjuvanter kombinierter Chemo-Bestrahlungstherapie und anschließender Operation, sofern der Zustand des Patienten diese sehr anstrengende, oft nebenwirkungsreiche Therapie zulässt.
Die Heilungsaussichten und Überlebenszeiten sind vergleichbar den übrigen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen im Tumorstadium III a, III B und IV.
Bei bestrahlten und operierten Patienten (Tumorstadien III A und III B) liegen die 5-Jahres-Überlebensraten etwa zwischen 20 und 35 %.
12. Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Lungenkrebs ?
Grundsätzlich bestehen die folgenden 3 klassischen Therapiemethoden:
  1. Chirurgische Therapie
  2. Bestrahlungstherapie
  3. Chemotherapie
Je nach Tumorart, Tumorstadium und Begleiterkrankungen wird ein einzelnes Verfahren oder eine Kombination dieser Methoden gewählt.
1. Chirurgische Therapie:
Je größer der Tumor wird und je länger er besteht, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung.
Trotzdem müssen vor einem operativen Eingriff umfangreiche Untersuchungen erfolgen, da leider bereits fast 2/3 aller Patienten zum Zeitpunkt der Feststellung der Krebserkrankung aufgrund von Tumorart (kleinzelliges Karzinom, siehe unten), ungünstiger Tumorlage bzw. ungünstiger lokaler Tumorausbreitung, Metastasen oder anderen Begleiterkrankungen nicht operabel sind.
Es gilt die Feststellung, dass eine gründliche Tumorabklärung und die überlegte Auswahl der geeignetsten Therapiemethode für den Patienten weit mehr Vorteile bietet als eine schnelle Operation. Dies gilt um so mehr, als dass die Lunge (beispielsweise im Gegensatz zu Hoden, Brust, Gebärmutter oder Galle) ein lebenswichtiges Organ darstellt.
Dass ein anfangs noch operables Bronchialkarzinom im Zeitraum der Voruntersuchungen so weit fortschreitet (durch Einwachsen in die Umgebungsstrukturen oder Metastasenbildung), dass keine Operation mehr möglich ist, ist im Falle einer Voruntersuchungszeit von einigen Tagen bis wenigen Wochen sehr unwahrscheinlich. Eine Verzögerung von mehreren Monaten ist aber aufgrund genau dieser Bedenken unbedingt zu vermeiden.
Ziel der Operation ist die vollständige Entfernung des Tumors und sämtlicher Lymphknoten im Lymphabflußgebiet des Tumors. Der Tumor wird mit einem Sicherheitsrandsaum von gesundem Gewebe entfernt. Üblicherweise orientiert sich die Operation an der vorgegebenen Untergliederung der Lunge. Am häufigsten wird die Entfernung eines Lungenlappens durchgeführt („Lobektomie„), dehnt sich der Tumor über 2 Lungenlappen aus, erfolgt die Entfernung beider („Bilobektomie„). Bei sehr großen oder an ungünstiger Stelle wachsenden Tumoren ist die Entfernung eines gesamten Lungenflügels notwendig („Pneumonektomie„). Ist der Tumor in angrenzende Organe eingewachsen (Zwerchfell, Thoraxwand, Rippen), so können diese Organanteile in einigen Fällen mitentfernt werden.
Kann auf Grund von Lungen-Vorerkrankungen nur weniger als ein Lungenlappen entfernt werden („Segmentresektion“ oder „atypische Klemmenresektion„), so sinkt auch die Heilungschance.
In seltenen Fällen kann durch aufwendige Operationstechniken wie die Manschettenresektion (Entfernung des tumorbefallenen Lungenlappens und Wiederannähen des nicht befallenen Lungenlappens an den Hauptbronchus) oder die Bifurkationsresektion (operative Rekonstruktion der Hauptkarina bei minimalem Tumorbefall von einer Seite) eine vollständige Tumorentfernung noch ermöglicht werden.
Der häufigste operative Zugangsweg ist die Schnittführung etwa 10 cm unterhalb der Achsel in Seitenlage („posterolaterale Thorakotomie„), da auf diese Weise die mediastinalen Lymphknoten am besten zu erreichen sind. Aber auch der Zugang von vorne mit Durchtrennung des Brustbeines („mediane Sternotomie„) ist möglich.
Kann mittels umfangreicher Vordiagnostik letztlich nicht geklärt werden, ob der Tumor im Ganzen entfernt werden kann (sogenannte „technische Operabilität„), so erfolgt immer ein Operationsversuch, um die Chance auf eine Heilung nicht zu versäumen.  In der Fachsprache spricht man in diesem Fall von einer „explorativen Thorakotomie„.
Bei einer Anzahl von Patienten stellt sich dann leider während der Operation heraus, dass eine komplette Tumorentfernung nicht mehr möglich ist.
In anderen Fällen erscheint zwar das Bronchialkarzinom operabel, es läßt sich aber nicht klären, ob es sich bei auffälligen Veränderungen anderer Organe um Metastasen oder gutartige Veränderungen handelt (sogenannte „prognostische Operabilität„).
In diesen Fällen erfolgt ebenfalls eine Operation des Tumors, um die Chance auf eine Heilung nicht zu versäumen. Die metastasenverdächtigen Veränderungen werden postoperativ regelmäßig kontrolliert. Sollten sie sich tatsächlich als Metastasen erweisen, besteht die Möglichkeit einer Chemotherapie.
Selten wird trotz fehlender Heilungsaussichten -beispielweise bei nicht beherrschbaren Lungenentzündungen oder Lungenblutungen- eine Operation durchgeführt (siehe auch Kapitel 14). Es darf aber nicht vergessen werden, dass es in diesen Fällen darum geht, das unmittelbare Versterben des Patienten an einer Tumorkomplikation zu verhindern. Die Gesamtlebenserwartung des Patienten verbessert sich hierdurch nicht.
Die Vollständigkeit der Tumorentfernung wird durch die R-Klassifikation bestimmt:
R0 Vollständige Entfernung ohne Resttumor
R1 Unvollständige Tumorentfernung. Kein sichtbarer Resttumor mehr, aber mikroskopisch (histologisch) noch Tumorgewebe bis zum Absetzungsrand
R2 Unvollständige Tumorentfernung. Sichtbarer Resttumor bzw. nicht entfernte Metastasen
Rx Keine Angaben
2. Bestrahlungstherapie:
Bei der Strahlentherapie werden energiereiche elektromagnetische Wellen mittels eines Linearbeschleunigers oder einer Tele-Kobald-Quelle von außen durch die Haut und das darunter liegende Gewebe in den Tumor eingestrahlt (sogenannte „perkutane Radiatio„), wodurch dieser abstirbt und zerfällt.
Die Hauptwirkung der Strahlen wird auf den Tumor selbst, in etwas geringerer Dosis auch den direkt umliegenden Bereich und das Lymphabflussgebiet konzentriert (sogenanntes „Zielvolumen„). Da die Strahlen auf ihrem Weg aber immer auch gesundes Gewebe durchdringen, werden verschiedene Techniken zur Verminderung des Bestrahlungsschadens des gesunden Gewebes angewendet.

Die Bestrahlung erfolgt verteilt auf viele Sitzungen mit kleinen Strahlendosen, damit sich das gesunde Gewebe immer wieder von der Strahleneinwirkung erholen kann. Der Tumor erholt sich dagegen kaum.
Durch eine computertomographisch gesteuerte und dadurch sehr exakte Bestrahlungsplanung (Einzeichnung der Bestrahlungsfelder) wird erreicht, dass möglichst wenig gesundes Gewebe im Bestrahlungsfeld liegt.
Mittels der sogenannten Mehrfeld-Technik wird  der Tumor wechselweise von verschiedenen Seiten bestrahlt (von vorne, seitlich und hinten), wodurch die Schädigungsdosis des durchstrahlten gesunden Gewebes geringer ausfällt.

Die Gesamtstrahlendosis („Zielvolumen-Dosis„) beträgt 55-70 Gray und wird in der Regel über 5-6 Wochen an jeweils 4-5 Tagen pro Woche verabreicht. Die Bestrahlung kann ambulant erfolgen.

Voraussetzungen für die Durchführung einer Strahlentherapie ist neben einem ausreichenden Allgemeinzustand ein genügendes Lungenvolumen (FEV1-Wert > 1-1,2 Liter) und eine hinreichende Anzahl weißer und roter Blutkörperchen sowie Blutplättchen (Leukozyten > 2000/µl, Thrombozyten > 100.000/µl).
Typische Bestrahlungs-Nebenwirkungen sind
  • allgemeine Abgeschlagenheit,
  • Strahlendermatitis (Hautrötung, regelmäßige Anwendung von Hautschutzpuder notwendig),
  • Strahlenstomatitis und Strahlenösophagitis (Entzündungen von Mundschleimhaut und Speiseröhrenschleimhaut mit nachfolgenden Schluckbeschwerden) und
  • Strahlenpneumonitis (strahlenbedingte Entzündung von gesundem Lungengewebe im Bestrahlungsfeld mit nachfolgender Fibrose).

Ob und in welchem Ausmaß diese Nebenwirkungen auftreten, ist individuell sehr verschieden. Bei gleichzeitiger Chemotherapie („simultane Radio-Chemotherapie“) sind die Nebenwirkungen aber immer deutlich schwerer ausgeprägt.

Durch eine alleinige Strahlentherapie kann eine Heilung erreicht werden („kurativer Therapie-Ansatz„), jedoch sind die Erfolgsaussichten insgesamt begrenzt (2-Jahres-Überlebensrate bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen etwa 20 %, Heilungsrate etwa 5 %).
Je größer der Tumor, desto geringer ist die Heilungschance. Ab einer Tumorgröße von etwa 200 cm² ist keine Heilung durch alleinige Strahlentherapie mehr möglich.
Nicht operable und durch Strahlentherapie auch nicht heilbare Tumoren können bestrahlt werden, um eine Lebensverlängerung und/oder eine Beschwerdebesserung zu erzielen („palliativer Therapieansatz„). Komplikationen wie obere Einflussstauung, tumorbedingter Verschluss von Bronchien (Atelektase), Bluthusten oder anhaltende Schmerzen sind die häufigsten Gründe für eine palliative Bestrahlung. Im Gegensatz zu symptomatischen Patienten, die einer Behandlung bedürfen, muss bei beschwerdenfreien Patienten sehr gut zwischen dem Gewinn an Lebenszeit und dem durch Nebenwirkungen verursachten Verlust an Lebensqualität abgewogen werden.
Bestrahlung von Metastasen
Neben dem Primärtumor in der Lunge können auch Metastasen in anderen Organe bestrahlt werden. Häufigste Bestrahlungsorte außerhalb des Brustkorbes sind das Gehirn und die Knochen.
Ziel der Bestrahlung ist immer die Verminderung von Beschwerden (Vermeidung/Besserung neurologischer Ausfallserscheinungen, Reduktion von Schmerzen, Stabilisierung von metastatisch bedingten Knochenbrüchen). Eine Lebensverlängerung oder gar eine Heilung ist durch die Bestrahlung von Metastasen nicht zu erreichen.
In der Regel werden Strahlendosen bis 40 Gray eingesetzt. Dosen über 40 Gray schädigen Gehirn und Rückenmark zu stark.
hyperfraktionierte Bestrahlung
In den letzten Jahren hat sich neben der konventionellen Bestrahlung (~2 Gray Einzeldosis einmal täglich verteilt auf 5-6 Wochen) eine beschleunigte und intensivierte Bestrahlung, die „hyperfraktionierte Radiatio„, etabliert (~1,2 Gray zweimal täglich über 20 Tage oder noch intensiver 1,5 Gray dreimal täglich über 12 Tage). Bei gleicher Gesamtstrahlendosis („Zielvolumen-Dosis“) ist dieses Verfahren biologisch aktiver und führt dementsprechend zu einer stärkeren Tumorzerstörung. Diese Art der Strahlentherapie bringt eine leicht Verbesserung von Überlebenszeiten (2-Jahres-Überlebensrate steigt von 20 % auf etwa 30 %) und eine Verminderung von Lokalrezidiven (Wiederauftreten des Tumors am Entstehungsort). Bedauerlicherweise ist diese Art der Bestrahlung nebenwirkungsreicher und verbessert die Rate an Fernmetastasen nicht.
Kleinraumbestrahlung
Eine weitere Bestrahlungsmethode stellt die Kleinraumbestrahlung („Brachytherapie“ oder „Afterloading„) dar.
Bei der Kleinraumbestrahlung wird 3-6 x innerhalb von einigen Tagen eine Strahlenquelle über ein Bronchoskop durch die Bronchien bis in den Tumorbereich vorgebracht und dann über einige Minuten bestrahlt.
Es wird in der Regel jedesmal eine Strahlendosis von 6 Gray (maximal 8-10 Gray) verabreicht.
Dieses Verfahren kommt zur Anwendung,
  • wenn kleine Tumoren, die sich bronchoskopisch gut erreichen lassen, aus welchen Gründen auch immer nicht operiert werden können oder
  • wenn (bei geeigneten Voraussetzungen) bereits eine perkutane Strahlentherapie durchgeführt worden ist und eine höhere Strahlendosis von Außen nicht mehr gegeben werden kann.

Heilungen selbst kleiner Tumoren sind durch dieses Verfahren extrem selten. Das Risiko von Lungenblutungen aus dem Tumor steigt deutlich an.

3.   Chemotherapie
Das kleinzellige Bronchialkarzinom ist bei begrenztem Tumorstadium (limited disease) durch eine Chemotherapie in Kombination mit einer Bestrahlungstherapie heilbar.
Die Chemotherapie ermöglicht in Bezug auf das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom keine Heilung, kann aber den Tumor verkleinern, nicht-nachweisbare Mikrometastasen beseitigen und tumorbedingte Beschwerden lindern.
Es hat sich gezeigt, dass in der Regel die Wirkung einer Einzelsubstanz (Monochemotherapie) der Wirkung von Substanzkombinationen (Polychemotherapie) unterlegen ist.
Chemotherapeutika können in Form von Tabletten, Injektionen und Infusionen verabreicht werden.
Sie greifen in den Zellstoffwechsel von Tumorzellen, in geringerem Ausmaß auch in den gesunder Zellen ein und verursachen so Wirkung und Nebenwirkung.
Alle Körperzellen durchlaufen einen bestimmten 4-phasigen Entwicklungszyklus, wenn sie sich durch Teilung vermehren. Nach dem Kompartmentmodell des Tumorwachstums besteht ein Tumor aus aktiven Wachstumszellenruhenden Zellen (die irgendwann wieder am Wachstum teilhaben), teilungsunfähigen Zellen und toten ZellenChemotherapeutika sind Zellgifte (Zytostatika), die unterschiedliche Phasen des Entwicklungszyklus eines Tumors hemmen und insbesondere an den aktiven Wachstumszellen des Tumors angreifen.
Chemotherapeutika wirken nach einer Kinetik 1. Ordnung. Das bedeutet, dass immer nur ein gewisser Prozentsatz der vorhandenen Tumorzellen abgetötet wird, so dass der ersten Therapie (sogenannter 1. Kurs) in regelmäßigem Abstand weitere Therapien folgen müssen (sogenannter Therapiezyklus, bestehend aus 4-6 Kursen), bis der Tumor im günstigsten Falle nicht mehr nachweisbar ist.
Seine Grenzen findet dieses Verfahren in der verabreichbaren Höchstdosis pro Therapie-Kurs, den Nebenwirkungen und der verabreichbaren Maximaldosis insgesamt.
Eine Chemotherapie kann nicht durchgeführt werden bei schlechtem Allgemeinzustandschweren Begleiterkrankungenaktuellem Infektunzureichender Anzahl weißer und roter Blutkörperchen sowie Blutplättchen (Leukozyten < 3500/µl, Hämoglobin < 10 g/dl, Thrombozyten < 100.000/µl) und fehlender Kooperation (z.B. Verwirrtheit).
Chemotherapie-Nebenwirkungen sind
  • allgemeine Abgeschlagenheit,
  • Übelkeit und Erbrechen (heutzutage auf Grund besserer Begleitmedikamente selten),
  • Blutbildveränderungen [durch Absterben mehrerer Generationen von Leukozyten und Erythrozyten und Thrombozyten unter der Chemotherapie kommt es nach 10-14 Tagen zu Leukopenie (Infektgefahr), Anämie  und Thrombozytopenie (Blutungsneigung)]
  • StomatitisÖsophagitisGastritis (mit nachfolgenden Schluckbeschwerden, Durchfall usw.),
  • Haarausfall,
  • neurologische Störungen (Nervenausfälle, strumpfförmiges Taubheitsgefühl = Polyneuropathie, Konzentrationsstörungen usw.)
Der Schweregrad der Nebenwirkungen ist abhängig von Medikament und individuellem Patient,  glücklicherweise sind schwerste Nebenwirkungen selten. Viele Nebenwirkungen bilden sich nach Chemotherapie zurück. Darüber hinaus existiert noch eine erhebliche Anzahl von Nebenwirkungen einzelner Medikamente, die an dieser Stelle nicht alle aufgeführt werden sollen.
Bei der Vielzahl heutzutage verfügbarer Chemotherapeutika haben sich einige als geeignet zur Behandlung des Bronchialkarzinoms erwiesen. Für jedes dieser Chemotherapeutika sind Höchstdosierungen (mg pro m² Körperoberfläche) und Nebenwirkungen bekannt.
Zur Verbesserung der Wirksamkeit und Verminderung der Nebenwirkungen werden immer neue Kombinationen insbesondere unter Berücksichtigung neuerer Substanzen getestet und ihr Erfolg, getrennt nach Gewebetypen, Tumorstadien usw. in Studien überprüft.
Einige aktuell geläufige Kombinationen werden nachfolgend, getrennt nach kleinzelligem und nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom aufgelistet. Eine vollständige Auflistung aller möglichen Schemata würde sicherlich mehr als 50 verschiedene Kombinationen umfassen.
Kleinzelliges Bronchialkarzinom:
A = Adriamycin                    P = Cisplatin        = Carboplatin
C = Cyclophosphamid           E = Etoposid         E = Etoposid
O = Vincristin (Onkovin)
EPI  = Epirubicin                  A = Adriamycin
C     = Cyclophosphamid       C = Cyclophosphamid
O     = Vincristin (Onkovin)    E = Etoposid
Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom:
Aggressive Therapie-Schemata:
P = Cisplatin       C= Carboplatin      M = Mitomycin
V = Vinorelbin      V = Vinorelbin        I   = Ifosphamid
P = Cisplatin        P = Cisplatin
P = Paclitaxel      G = Gemcitabin
Gut verträgliche Therapien:
V = Vinorelbin-Monotherapie
G = Gemcitabin-Monotherapie
Im Falle von Tumorrezidiven nach vorheriger Tumorrückbildung unter Chemotherapie kann bei ausreichendem Zeitabstand (~ 6-12 Monate) die gleiche Chemotherapie nochmals versucht werden, häufiger wird das Therapieregime aber gewechselt.
4. Besondere Therapiemethoden
Neben den 3 ausführlich dargestellten Therapie-Möglichkeiten bestehen weitere Methoden zur Bekämpfung des Bronchialkarzinoms und seiner Komplikationen.
Interventionelle Bronchologie
Die nachfolgenden Verfahren dienen überwiegend dem Offenhalten bzw. der Wiedereröffnung zentraler Atemwege und der Stillung von Tumorblutungen.
Sie werden alleine oder in Kombination mit den üblichen Therapieverfahren zur Verbesserung der Lebensqualität des Tumorpatienten eingesetzt.
Starre Bronchoskopie
Mittels starrer Bronchoskopie in Vollnarkose und der Anwendung größerer Biopsiezangen kann Tumorgewebe abgetragen und der Luftweg freigehalten werden.

Bougierung
Tumorbedingte Engstellen insbesondere der Luftröhre und der Hauptbronchien können mittels eines Dilatators erweitert werden.
Ballondilatation
Tumorblutungen können in einigen Fällen mittes eines bronchoskopisch eingebrachten und an der Blutungsstelle aufgepumpten Ballonkatheters zum Stillstand gebracht werden.
Laser-Bronchoskopie
Eine Sonderform der Bronchoskopie stellt die Laser-Bronchoskopie dar, bei der über den Arbeitskanal des Bronchoskopes eine Laserquelle an die Veränderungen herangebracht wird.
Je nach Art des Gerätes (Argon-Beamer, Neodym-YAG-Laser) und gewählter Leistungsstufe kann sowohl eine Koagulation (Verschorfung) von Oberflächen als auch eine Vaporisation (Verdampfung) ganzer Gewebeanteile durchgeführt werden. Im letztgenannten Fall ist eine starre Bronchoskopie in Vollnarkose erforderlich.
Stentimplantation
Durch das bronchoskopische Einbringen vorgefertigter Röhren (Stents) in die großen Atemwege (Luftröhre und Hauptbronchien) können Engstellen geschient und durch Tumorzerstörung entstandene Fisteln zwischen Speiseröhre und Tracheo-Bronchialsystem abgedichtet werden.
Anwendung finden aufdehnbare oder selbst-expandierende Metall-Stents sowie Plastik-Stents.
Photodynamische Therapie
Die „photodynamische Therapie“ hat als einzige der hier angeführten Methoden beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom in einem sehr frühen Tumorstadium (TisN0M0, T1N0M0) einen potentiell kurativen Ansatz. Derzeit kommt sie nur zum Einsatz, wenn keine chirurgische Therapie oder Strahlentherapie möglich ist.
Ein als Photosensibilisator dienendes intravenös injiziertes Hämatoporphyrinderivat reichert sich bevorzugt im Tumorgewebe an. Wird dann bronchoskopisch über eine kleine Lichtquelle Licht einer bestimmten Wellenlänge an den Tumor herangebracht, wird in den sensibilisierten Tumorzellen durch Freisetzung von Sauerstoffradikalen eine Zellschädigung ausgelöst. Dieser Effekt hat allerdings nur eine geringe Tiefenwirkung.
Pleurodese
Als „Pleurodese“ bezeichnet man die Verklebung beider Rippenfell-Blätter (viscerales und parietales Pleurablatt).
Diese Maßnahme hat keinen Einfluss auf das Gesamt-Überleben, sondern dient der Beseitigung der durch Pleurametastasen verursachten, anhaltende Pleuraergussbildung.
Zu diesem Zweck wird zunächst mittels Thorakoskopie oder mittels Anlage einer Thoraxdrainage das vorhandene Gewebswasser abgesaugt. Danach wird entweder Talkumpuder über das Thorakoskop im Brustraum verstäubt (Talkum-Poudrage, Erfolg 85-90%) oder Talkum über die Drainage instilliert (Flüssigtalkum-Pleurodese, Erfolg 70-80%).
Durch den so ausgelösten Entzündungsreiz kommt es zur Verdickung der Pleurablätter sowie zu Verklebungen, in deren Folge die Ergussbildung stoppt.
Neben Talkum, welches die beste und preiswerteste Substanz ist, können auch das Antibiotikum Tetracyclin sowie die Chemotherapeutika Mitoxanthron und Bleomycin verwendet werden.
Perikardiodese
Als „Perikardiodese“ bezeichnet man die Verklebung der beiden Blätter des Herzbeutels (Epikard und Perikard) nach vorheriger Anlage einer Herzbeuteldrainage.
Diese Maßnahme hat ebenfalls keinen Einfluss auf das Gesamt-Überleben, sondern dient der Beseitigung der durch Metastasen verursachten Herzbeutelergussbildung.
Im Unterschied zur Pleurodese verwendet man dazu in der Regel das Chemotherapeutikum Mitoxanthron.
5. Unterstützende Therapie
Zur Unterstützung der übrigen Therapiemaßnahmen empfiehlt die deutsche Krebsgesellschaft:
  • zur Sicherstellung eines ausreichend hohen Hämoglobingehalt im Blut (> 10 g/dl) die Gabe von blutbildendem Hormon (Erythropoetin)
  • bei unzureichender Zufuhr mit der Nahrung die zusätzliche Gabe von Spurenelementen (Selen, Zink).

Die Gabe von Mistelpräparaten zur Stärkung des eigenen Immunsystems hat in der Tumortherapie keinen gesicherten Stellenwert. Sie hat keinen nachteiligen Effekt und wird daher bei fehlenden Therapiealternativen oftmals durchgeführt.

13. Wie erfolgt die Auswahl der Therapie ?
Welches Verfahren bzw. welche Kombination von Verfahren gewählt wird, hängt wie erwähnt von Tumortyp, Tumorstadium und Begleiterkrankungen ab.
Die nachfolgende Auflistung stellt den derzeitigen international gültigen Therapiestandard dar:
A Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Grundlage der Behandlung kleinzelliger Bronchialkarzinome ist die Gabe von 4-6 Kursen einer Polychemotherapie, in der Regel nach dem ACO-Schema oder dem CE-Schema (siehe Kapitel 13).
Limited Disease
Bei begrenzter Tumorausdehnung (limited disease) schließt sich der Chemotherapie immer eine konsolidierende Strahlentherapie des Primärtumors und des Mediastinums an.
Sollte sich unter dieser Therapie eine vollständige Rückbildung („CR = complete remission“) des Tumors zeigen, wird in der Regel eine prophylaktische Schädelbestrahlung durchgeführt. Mit dieser Schädelbestrahlung kann das Risiko eines Wiederauftreten des Tumors zuerst im Gehirn (cerebrales Tumorrezidiv) von 30 % auf 8 % gesenkt werden.
In den wenigen Fällen, in denen das kleinzellige Bronchialkarzinom in seinem frühesten Stadium erkannt wird (VLD = very limited disease nach der Marburger Klassifikation), kann über eine Lungenoperation die Heilungsrate nochmals verbessert werden. Chemotherapie und Bestrahlung entweder vorher, nachher oder gesplittet bleiben aber obligat.
In allen anderen Stadien ist die Operation aufgrund der frühzeitigen Metastasenbildung dieses Tumors und des guten Ansprechens auf Chemotherapie (und Bestrahlung) keine Therapie-Alternative.
Extensive Disease
Bei ausgedehntem Tumor (ED II A und ED II B nach der Marburger Klassifikation, extensive disease nach VALG) mit Nachweis von Fernmetastasen bleibt die Chemotherapie zunächst die einzige Therapie-Maßnahme.
Bei schlechtem Allgemeinzustand oder schlechter Therapieverträglichkeit ist aufgrund des geringen Gewinns an Lebenszeit auch ein Verzicht auf die Chemotherapie gerechtfertigt. Die weiteren Maßnahmen haben dann rein unterstützenden Charakter (Flüssigkeitsgabe, Schmerzlinderung, Blutkonservengabe, Infektbehandlung usw.). Eine Strahlentherapie wäre in diesem Tumorstadium allein der Behandlung von Komplikationen vorbehalten (siehe auch Therapieauswahl beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom).
Ausnahme ist ein Tumor entsprechend Stadium ED I nach der Marburger Klassifikation mit ausgedehntem Lokalwachstum ohne Nachweis von Fernmetastasen, der ebenfalls eine konsolidierende Strahlentherapie des Primärtumors und des Mediastinums und bei vollständiger Rückbildung eine zusätzliche Schädelbestrahlung erhält.
B Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom
Stadium I A/B und II A/B
Bei den nicht-kleinzelligen Tumoren (Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom, Großzelliges Karzinom) stellt die Operation die Standardtherapie für lokal begrenzte Tumoren in denTumorstadien I und II (siehe Kapitel 11) dar. Sie bietet die größte Heilungschance.
Kann auf Grund von Lungen-Vorerkrankungen nur weniger als ein Lungenlappen entfernt werden („Segmentresektion“ oder „atypische Klemmenresektion„), so steigt das Risiko eines Wiederauftretens des Tumors an derselben Stelle (Lokalrezidiv) um den Faktor 3. Trotzdem bietet die Operation auch in diesem Fall gegenüber den anderen Therapieverfahren die besseren Heilungsaussichten.
Kann auf Grund von Begleiterkrankungen oder lungenfunktionellen Einschränkungen keine Operation durchgeführt werden, so besteht die Möglichkeit einer Bestrahlung.
Im Tumorstadium I und II (extrem selten auch im Tumorstadium III) kann durch einealleinige Strahlentherapie  eine Heilung erreicht werden („kurativer Therapie-Ansatz„). Die Erfolgsaussichten jedoch sind insgesamt begrenzt (2-Jahres-Überlebensrate bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen etwa 20 %, Heilungsrate etwa 5 %).
Eine Nachbestrahlung von Tumoren im Stadium I und II  (N0 oder N1) bringt einer großen Studie von 1998 zufolge ungünstigere Überlebensdaten und wird daher nicht mehr durchgeführt.
Der Nutzen einer Chemotherapie vor („neoadjuvant“) oder nach („adjuvant“) einer Operation ist nicht gesichert, so dass der Einsatz außerhalb von Studien nicht zu empfehlen ist.
Stadium III A/B
Bei Tumoren im Stadium III A bis T3N1-Ausdehnung ist eine primäre Operation möglich.
Stadium III A-Tumoren mit fortgeschrittenem  Lymphknotenbefall (N2-Lymphknoten)im Bereich des Mediastinums auf der betroffenen Seite (ipsilaterale mediastinale Lymphknoten) werden allenfalls dann operiert und anschließend nachbestrahlt, wenn nurein Lymphknoten in N2-Position befallen ist.
Bei Befall von mehr als einem Lymphknoten ist eine vollständige Tumorentfernung samt aller tumorbefallenen Lymphknoten nicht wahrscheinlich. Durch kombinierte Vorbehandlung mittels Bestrahlung und Chemotherapie und wird nun versucht, diese Tumoren soweit zu verkleinern, dass sie anschließend durch eine Operation doch noch vollständig entfernt werden können (siehe auch Kapitel 15).
Lokal weit fortgeschrittene Bronchialkarzinome im Tumorstadium III B sind nicht operabel. Ob sie durch Vorbehandlung operationsfähig gemacht werden können, wird derzeit im Rahmen von Studien erforscht, muß aber insgesamt bezweifelt werden.
Nicht operable Tumoren können bestrahlt werden, um eine Lebensverlängerung und/oder eine Beschwerdebesserung zu erzielen („palliativer Therapieansatz“). Eine Heilung durch die Strahlentherapie („kurativer Therapieansatz“) ist in diesem Stadium extrem selten.
Komplikationen wie obere Einflußstauung, tumorbedingter Verschluß von Bronchien (Atelektase), Bluthusten oder anhaltende Schmerzen sind die häufigsten Gründe für eine palliative Bestrahlung.
Ähnliches gilt für die Chemotherapie. Auch hier kann die Gabe geeigneter Chemotherapeutika (siehe Kapitel 13) zu Lebensverlängerung und/oder Beschwerdebesserung führen.
Die Kombination beider Verfahren zeigt das beste Überlebensergebnis bei nicht operablen Patienten, hat aber eine wesentlich erhöhte Nebenwirkungsrate. Ob die Verfahren gleichzeitig, nacheinander oder in Intervallen angewendet das beste Ergebnis bewirken, ist derzeit noch nicht geklärt.
Im Gegensatz zu symptomatischen Patienten, die einer Behandlung bedürfen, muß bei beschwerdenfreien Patienten sehr gut zwischen dem Gewinn an Lebenszeit und dem durch Nebenwirkungen verursachten Verlust an Lebensqualität abgewogen werden.
In einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen (~ 50%)  muß das vor der Operation vermutete Tumorstadium postoperativ bei der feingeweblichen Aufarbeitung des Resektats korrigiert werden. Das tatsächliche Tumorstadium ist dann zumeist ungünstiger.
Die Indikation zu einer („adjuvanten“) Bestrahlung nach Operation besteht bei nicht-vollständiger Tumorentfernung (R1- oder R2-Resektion), Nachweis von Lymphknotenbefall im Bereich des Mittelfells auf der gleichen und/oder gegenüberliegenden Seite (ipsilaterale und/oder kontralaterale mediastinale Lymphknoten, N2 und/oder N3) und/oder ausgedehntem Befall von Mediastinum und/oder Thoraxwand.
Verabreicht werden 50-60 Gray, die Bestrahlung beginnt in der Regel 4 (bis maximal 8) Wochen nach Operation.
Viele offene Fragen bestehen noch hinsichtlich des Stellenwertes einer („adjuvanten“)Chemotherapie nach Operation sowie hinsichtlich des Nutzens einer kombinierten Radio-Chemotherapie nach Operation. Die generelle Durchführung einer Chemotherapie oder kombinierten Radio-Chemotherapie kann postoperativ in diesem Tumorstadium derzeit nicht empfohlen werden.
Stadium IV
Finden sich neben dem primären Bronchialkarzinom bereits weitere Lungenmetastasen oder aber Fernmetastasen in anderen Organen (Tumorstadium IV), so werden weder der Primärtumor noch die (Lungen-) Metastasen operiert, da sich in vielen Untersuchungen herausgestellt hat, dass sich bei diesen Patienten die Lebenserwartung durch eine Operation im Vergleich zu einer nicht-operativen Behandlung nicht verbessert.
Einzig wenn die Metastase(n) im selben Lungenlappen wie der Ausgangstumor gelegen ist (sind), wird eine Operation angestrebt, da dann die Lebenserwartung deutlich höher und sogar eine Heilung möglich ist. Daher werden diese Tumoren seit 1997 nicht mehr als M1, sondern als T4 klassifiziert.
Abweichungen von dem beschriebenen Vorgehen ergeben sich gelegentlich in akuten Notfallsituationen, die den Arzt zum Handeln zwingen. So würde eine Tumorblutung, die mit anderen Maßnahmen nicht zum Stillstand gebracht werden kann, operiert werden, sofern der Patient operationsfähig ist und nach der Operation noch eine akzeptable Lebensqualität und Lebensdauer zu erwarten ist.

Die Therapie der Wahl besteht in einer („palliativen“) Chemotherapie, die gegenüber einem allein zuwartenden Verhalten („best supportive care„) abgewogen werden muß.
In etwa 50 % der Fälle kann mit einer Chemotherapie eine Lebensverlängerung (um einige Wochen bis Monate) und/oder eine Besserung der Lebensqualität erreicht werden. Angesichts der modernen Chemotherapeutika, die gegenüber früheren Therapie-Regimen weniger Nebenwirkungen aufweisen, wird heutzutage bei befriedigendem Allgemeinzustand des Patienten ein Therapieversuch empfohlen.

Eine Bestrahlung des Bronchialkarzinoms wird dagegen nur in Ausnahmefällen bei Tumorkomplikationen und sonst noch befriedigendem Allgemeinzustand durchgeführt.
Neben dem Primärtumor in der Lunge können auch Metastasen in anderen Organe bestrahlt werden. Häufigste Bestrahlungsorte außerhalb des Brustkorbes sind das Gehirn und die Knochen.
Ziel der Bestrahlung ist immer die Verminderung von Beschwerden (Vermeidung/Besserung neurologischer Ausfallserscheinungen, Reduktion von Schmerzen, Stabilisierung von metastatisch bedingten Knochenbrüchen). Eine Lebensverlängerung oder gar eine Heilung ist durch die Bestrahlung von Metastasen nicht zu erreichen.
Eine Sonderstellung nimmt das Vorliegen einer einzelnen Hirnmetastase bei sonstiger Metastasenfreiheit ein. Hier bringt die Operation mit anschließender Bestrahlung eine Lebensverlängerung.
Begriffserläuterung:
Simultane/synchrone Therapie:
Zeitgleiche Anwendung mehrerer Therapieverfahren
Adjuvante Therapie:
Nach Durchführung einer potenziell heilenden Therapie (zum Beispiel einer Tumorentfernung) wird eine zusätzliche  Therapie (zum Beispiel eine Chemo- oder eine Strahlentherapie) durchgeführt, um die Heilungschancen noch zu erhöhen.
Neoadjuvante Therapie:
Durchführung  von Therapiemaßnahmen (Chemotherapie und/oder  Strahlentherapie) mit dem Ziel, den Tumor soweit zu verkleinern, dass eine Operation möglich ist und damit die Heilungsaussichten zu verbessern (siehe auch Kapitel 15)
Kurative Therapie:
Therapie mit dem Ziel einer Heilung
Salvage-Therapie:
Erneute intensive Therapie bei Tumorrezidiv mit dem Ziel einer Heilung
Palliative Therapie:
Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität und Verminderung des Tumorleidens ohne die Möglichkeit einer Heilung.
14. Welche Möglichkeiten bietet die multimodale Therapie ?
In den letzten Jahren wurde in Zusammenhang mit der Behandlung des Bronchialkarzinoms der Begriff „multimodale Therapie“ geprägt.
In Bezug auf das Bronchialkarzinom bedeutet „multimodal“ die Anwendung mehrerer Therapieverfahren (Operation, Chemotherapie und Bestrahlungstherapie), um das bestmögliche Behandlungsergebnis und die größtmögliche Heilungschance zu erreichen (siehe auch Kapitel 12).
Gerade aufgrund der schlechten Heilungsaussichten des Bronchialkarzinoms gab es und gibt es immer wieder Bestrebungen, die Therapie zu verbessern.
Bei den nicht-kleinzelligen Tumoren (Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom, Großzelliges Karzinom) bietet eine Operation die größte und leider zumeist auch einzige Chance auf eine Heilung.
Nach Möglichkeit sollten diese Tumoren also operiert werden.
Bei Tumoren im Stadium III A, also Tumoren, die lokal weit fortgeschritten sind (Einwachsen in Umgebungsstrukturen oder Befall umliegender Lymphknoten), ist eine vollständige Tumorentfernung nicht möglich. Durch kombinierte Vorbehandlung mittels Chemotherapie und Bestrahlungstherapie (siehe auch Kapitel 13 und 14) wird nun versucht, diese Tumoren soweit zu verkleinern, dass sie anschließend durch eine Operation doch noch vollständig entfernt werden können.
Da bei Lungentumoren im Stadium III A noch keine Fernmetastasen vorliegen, besteht nach einer gelungenen Operation eine Heilungschance.
Die Therapie besteht in der Regel aus mehreren (zumeist 4) Behandlungszyklen einer Polychemotherapie im Abstand von 3 – 4 Wochen mit intensivierter Dosis, zeitgleich mit den letzten Chemotherapiezyklen wird zusätzlich eine etwa 3-wöchige Bestrahlung eingeleitet (Zielvolumendosis etwa 45 Gy), die Operation erfolgt etwa 2 Wochen nach Bestrahlungsende.
Neben den üblichen Lungenfunktions- und Röntgenuntersuchungen sind bei der multimodalen Therapie ein Computertomogramm des Thorax, eine Bronchoskopie und Mediastinoskopie in Narkose sowohl vor als auch nach der kombinierten Chemo-/Bestrahlungstherapie erforderlich.
Der Chance auf eine Heilung dieser zunächst nicht-operablen Tumoren stehen
  • wiederkehrende Krankenhausaufenthalte über einen Zeitraum von etwa 5 Monaten
  • zwei Mediastinoskopien in Narkose
  • eine hohe Nebenwirkungs- und Komplikationsrate gegenüber.

Nicht jeder Patient im Tumorstadium III A kommt für diese Therapie in Frage. Die multimodale Therapie ist sowohl seelisch als auch körperlich sehr belastend, im Einzelfall müssen Vor- und Nachteile abgewogen werden. Insbesondere bei „jüngeren“ Patienten ohne Begleiterkrankungen ist sie zu erwägen.

Häufige Komplikationen bzw. Nebenwirkungen sind:

  • allgemeine Abgeschlagenheit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Strahlendermatitis
  • Strahlenstomatitis und Strahlenösophagitis
  • Strahlenpneumonitis
  • Knochenmarkschädigung mit schwerer Panzytopenie
Für Patienten mit Lungentumoren im Stadium III B, die zwar auch keine Fernmetastasen aufweisen, aber lokal noch weiter fortgeschritten sind als Tumoren im III A-Stadium, bestehen widersprüchliche Studienergebnisse. Sie profitieren nicht eindeutig von der multimodalen Therapie. Diese Frage wird jedoch derzeit im Rahmen weiterer Studien geklärt.
15. Welche neuen Therapieansätze gibt es ?

Der größte Teil der Bronchialkarzinom-Forschung beschäftigt sich mit der Verbessung der bereits bestehenden Therapieverfahren, beispielweise der Austestung neuer Chemotherapie-Kombinationen, der Modifikation der Strahlentherapie oder der Kombination von beidem.
Immuntherapie oder Gentherapie sind derzeit noch experimentell und werden nur im Rahmen von Studien durchgeführt. Fortschritte, die einen baldigen Eingang dieser Therapiemethoden in die klinische Routine erwarten lassen, sind noch nicht zu sehen.

16. Ist Lungenkrebs heilbar ?
Insgesamt sind die Aussichten einer Heilung von Lungenkrebs leider trotz aller Fortschritte in der Medizin immer noch sehr schlecht. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt weltweit bei 5 – 13 % aller Patienten.
Aufgrund der schlechten Heilungsrate und weil es im Gegensatz zu anderen Krebserkrankungen eindeutige Risikofaktoren gibt, ist bei Lungenkrebs die Prophylaxe, also die Vermeidung krebserregender Stoffe wie Nikotin und Asbest, so wichtig.
Im Falle einer Früherkennung des Lungenkrebs noch im Anfangsstadium steigen bei entsprechender Therapie die 5-Jahres-Heilungsraten auf 50 – 70 % an. Es gibt daher Versuche, Früherkennungsmethoden zu entwickeln und einige Ansätze erscheinen erfolgsversprechend, jedoch hat bislang keine Methode so überzeugt, dass sie sich weltweit durchgesetzt hätte (siehe Kapitel 18).
Einen Überblick über die 5-Jahres-Überlebensrate in Abhängigkeit vom Tumorstadium (siehe auch Kapitel 11) bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen gibt die nachfolgende Tabelle. Da sich die Angaben in den verschiedenen Studien um einige Prozentpunkte unterscheiden, kann nur eine ungefähre Größenordnung angegeben werden.
NICHT-KLEINZELLIGE BRONCHIALKARZINOME
Tumor-Stadium TNM-Klassifikation 5-Jahres-Überlebensrate
 I A  T1 N0 M0  ~ 65 %
 I B  T2 N0 M0  ~ 45 %
 II A  T1 N1 M0  ~ 40 %
 II B  T2 N1 M0
T3 N0 M0
 ~ 30 %
 III A  T3 N1 M0
T1-3 N2 M0
 ~ 15 %
 III B  T1-4 N3 M0
T4 N1-3 M0
 ~ 5 %
 IV  T1-4 N1-3 M1  ~ 1 %
Kleinzellige Bronchialkarzinome haben die schlechteste Prognose aller Bronchialkarzinome.
Unbehandelt beträgt die mittlere Überlebenszeit aller kleinzelligen Bronchialkarzinome etwa 3 Monate, die 1-Jahres-Überlebensrate etwa 4%.
Behandelt liegen die mittleren Überlebenszeiten beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „limited disease“ bei etwa 1 Jahr, beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „extensive disease“ bei 7-9 Monaten.
Die 5-Jahres-Überlebensrate beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „limited disease“ beträgt etwa 6%, beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „extensive disease“ weniger als 1%.
Eine Übersicht gibt die folgende Tabelle, die sich an der Stadien-Einteilung kleinzelliger Bronchialkarzinome nach der Marburger Klassifikation orientiert (siehe auch Kapitel 11):
KLEINZELLIGE BRONCHIALKARZINOME 
 Tumor-Stadium  Mittlere Überlebenszeit 2-Jahres-Überlebensrate 
 VLD  ~ 17 Monate  ~ 30 %
 LD  ~ 12 Monate  ~ 20 %
 ED I  ~ 11 Monate  ~ 11 %
 ED II A  ~ 9 Monate  ~ 4 %
 ED II B  ~ 6 Monate  ~ 1 %
  
Die größten Heilungschancen haben kleinzellige Bronchialkarzinome im Stadium „limited disease“, die
  • bei präoperativ nicht feststellbarem Gewebetyp zunächst operiert und anschließend kombiniert chemo- und strahlentherapiert werden oder
  • unter kombinierter Chemotherapie und Bestrahlungstherapie in die Vollremission kommen (kein nachweisbarer Resttumor) und anschließend in üblicher Weise operiert werden.

Kleinzellige Bronchialkarzinome im Stadium „extensive disease“ können nicht geheilt werden, das Erreichen eines Langzeitüberlebens stellt eine extreme Rarität dar.

17. Gibt es Früherkennungsmethoden von Lungenkrebs ?
Lungenkrebs hat bis heute eine sehr schlechte Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 5 – 13 %. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto größer sind die Heilungsaussichten. Daher wurden neben Röntgenverfahren auch andere Methoden zur Früherkennung entwickelt. Bislang hat aber keine Methode so überzeugt, dass sie Eingang in die Routinediagnostik gefunden hat und für alle Menschen uneingeschränkt empfohlen werden kann.
Röntgen-Reihen-Untersuchungen
Bei der Anwendung von Röntgen-Thorax-Aufnahmen zur Frühdiagnostik ist immer zu berücksichtigen, dass Tumoren erst ab einem Durchmesser von etwa 1 cm erkennbar werden. 13-15 % der neu diagnostizierten Bronchialkarzinome sind im Röntgenbild nicht zu sehen.
Große Studien mit bis zu 30.000 Patienten haben ergeben, dass bei 4-6 monatlichen Kontrollen des Röntgen-Thorax-Bildes [teilweise sogar in Kombination mit einer gezielten Befragung nach Symptomen und einer Sputumzytologie (siehe unten)] zwar die Rate an Früherkennungen und damit die Rate an Krebsoperationen steigt, sich die Gesamtüberlebenszeit dieses Patientenkollektivs im Vergleich zu nicht routinemäßig untersuchten Patienten aber nicht nachweislich verbessert.
Demzufolge werden regelmäßige Röntgen-Thorax-Untersuchungen der gesamten Bevölkerung nicht empfohlen.
Regelmäßige Röntgen-Thorax-Untersuchungen von Risikogruppen scheinen sich hingegen in einem statistischen Gewinn an Lebensjahren niederzuschlagen. Daher wird bei Rauchern über 45 Jahren, die eine Packung und mehr pro Tag rauchen sowie bei beruflich Schadstoffexponierten (Asbestkontakt, Radonkontakt) eine Röntgen-Thorax-Kontrolle in etwa jährlichen Abständen empfohlen.
Nach wie vor stellt aber Nichtrauchen und Nichtröntgen eine wirkungsvollere Maßnahme dar als Rauchen und Röntgen.
Sputumzytologie und DNA-Bildzytometrie
Auswurf (Sputum) kann aufgearbeitet und nach Färbung unter dem Mikroskop auf maligne und dysplastische Zellen untersucht werden (Sputumzytologie).
Benutzt man dieses Verfahren zur Diagnosesicherung bei bestehendem Tumorverdacht, so beträgt die Sensitivität (Empfindlichkeit) durchschnittlich 64 %, die Spezifität (Sicherheit der Diagnose) ist mit durchschnittlich 97 % sehr hoch.
3 Proben von 3 verschiedenen Tagen sind ausreichend.
Die Treffsicherheit hängt nicht vom Tumorstadium, Tumortyp (kleinzellig/nicht-kleinzellig) oder Sitz des Tumors, sondern von der Qualität des Sputums („Auswurf aus der Tiefe“), der sorgfältigen Aufbereitung des Materials und der Erfahrung des Untersuchers ab.
Benutzt man dieses Verfahren bei beschwerdefreien Risiko-Patienten zur Frühdiagnostik, so findet man sicherlich seltener Tumorzellen als bei Patienten mit bereits bestehendem Tumorverdacht, jedoch bleibt die Empfindlichkeit ähnlich hoch. Leider ist dieses Verfahren sehr personal und damit kostenaufwendig (ca. 8 Minuten pro Probe) und es gibt nicht nur in Deutschland zu wenig qualifizierte Laboratorien mit geschultem Personal, um diese Methode auf viele Patienten auszuweiten.
Daher wurde versucht, die Zelluntersuchung zu automatisieren. Dazu mißt man den DNA-Gehalt der Zellkerne (Erbsubstanz) halbautomatisch mittels eines sogenannten DNA-Bildzytometers. Dysplastische oder bereits bösartige Zellen besitzen einen höheren DNA-Gehalt („Aneuploidie“). Die Treffsicherheit dieses Verfahrens ist durchaus hoch, jedoch sind die Geräte den Erfordernissen der Sputumuntersuchung noch nicht ausreichend angepasst.
Dementsprechend sind weder die Sputum-Zytologie noch die DNA-Zytometrie etablierte Früherkennungsmethoden.
Autofluoreszenz-Bronchoskopie
Das Prinzip der Autofluoreszenz-Bronchoskopie basiert auf der Anwesenheit von natürlichen Farbstoffen (Chromophoren) in der Bronchialschleimhaut.  Nach Stimulation durch Licht einer bestimmten Wellenlänge (Blaulicht) senden diese Farbstoffe Fluoreszenzlicht aus. Im Bereich bösartiger Schleimhautveränderungen schwächt sich sowohl das eindingende als auch das austretende Licht ab, was zu einer bronchoskopisch sichtbaren Änderung der Schleimhautfarbe führt. Diese Stellen können dann gezielt biopsiert und auf Krebszellen untersucht werden.
Bei der Suche nach tumorösen Veränderungen im Frühstadium bietet diese Methode einen leichten Zugewinn an Informationen gegenüber der alleinigen „normalen“ Weißlicht-Bronchoskopie. Ebenso kann sie gezielt in den Fällen eingesetzt werden, in denen Tumorzellen nachgewiesen wurden, ohne das sich im Röntgenbild oder in der Computertomographie tumorverdächtige Veränderungen abgrenzen ließen.
Empfehlungen, beschwerdefreie Risikogruppen regelmäßig fluoreszenz-bronchoskopisch zu untersuchen, können angesichts der wenigen, bisher durchgeführten Studien nicht ausgesprochen werden. Bislang hat diese Methode zur Krebs-Früherkennung beschwerdefreier Patienten nicht überzeugt.
18. Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Lungenmetastasen ?
Wenn Lungenmetastasen von Nicht-Lungen-Tumoren (zum Beispiel Darmkrebs, Nierenkrebs, Brustkrebs u.s.w.) vorliegen, ist eine operative Entfernung der Metastasen zu erwägen.
Voraussetzungen zur Metastasenentfernung sind:
  1. Der Ausgangstumor (Primärtumor) ist vollständig entfernt oder zerstört worden.
  2. Es liegen keine weiteren Metastasen in anderen Organen vor.
  3. Die Metastase(n) sitzt (sitzen) an Stellen, die gut operiert werden können (nicht im Bereich der Hili).
  4. Der Patient ist von Seiten seiner Lungenfunktion und seines Herz-Kreislaufzustandes operabel.
  5. Es bestehen keine anderen Therapiealternativen (ist ein Tumor beispielsweise gut durch Chemo- oder Hormontherapie behandelbar, so würde man zunächst diese Therapieform versuchen).
Im Gegensatz zu primären Bronchialkarzinomen werden Lungenmetastasen Lungengewebe-sparend operiert, dass heißt der Operateur entfernt nach Möglichkeit nur die Metastase und nicht den gesamten Lungenlappen.
Durch eine vollständige Entfernung der Lungenmetastasen und des Ausgangstumors kann im Einzelfall eine Heilung erreicht werden.
Ein betroffener Patient muss sich jedoch darüber im Klaren sein, das im Falle einer bereits metastasierten Krebserkrankung (bis auf einige wenige spezielle Krebserkrankungen wie zum Beispiel Lymphknotenkrebs oder Hodenkrebs) die Chancen auf eine vollständige Heilung sehr gering sind.
Handelt es sich bei dem Ausgangstumor um einen lungeneigenen Tumor (Bronchialkarzinom) und finden sich neben dem primären Bronchialkarzinom bereits weitere Lungenmetastasen, so werden weder der Primärtumor noch die Lungenmetastase operiert, da sich in vielen Untersuchungen herausgestellt hat, dass die Lebenserwartung operierter Patienten gegenüber der Lebenserwartung nicht-operierter Patienten nicht verbessert wird.
Einzig wenn die Metastase(n) im selben Lungenlappen wie der Ausgangstumor gelegen ist (sind), wird eine Operation angestrebt, da dann die Lebenserwartung deutlich höher und sogar eine Heilung möglich ist.
Abweichungen von dem beschriebenen Vorgehen ergeben sich gelegentlich in akuten Notfallsituationen, die den Arzt zum Handeln zwingen. So würde eine Metastasenblutung, die mit anderen Maßnahmen nicht zum Stillstand gebracht werden kann, operiert werden, sofern der Patient operationsfähig ist und nach der Operation noch eine akzeptable Lebensqualität und Lebensdauer zu erwarten ist.
19. Gibt es neben Bronchialkarzinomen und Lungenmetastasen noch andere Lungentumoren und wie werden diese festgestellt und behandelt ?
A Bösartige Tumoren
1. Pleuramesotheliom
Das Pleuramesotheliom ist ein bösartiger bindegewebiger („mesenchymaler“) Tumor, der nicht direkt aus Lungen- oder Bronchialgewebe, sondern aus Zellen des Rippenfells entsteht.
Er unterscheidet sich vom Lungenkrebs (dem Bronchialkarzinom) durch
  1. eine unterschiedliche Erkrankungsentstehung
  2. ein unterschiedliches Wachstumsverhalten
  3. eine unterschiedliche Lebenserwartung
  4. eine unterschiedliche Therapie.
Deutlich größer als beim Bronchialkarzinom ist der Einfluss von Asbest. Der überwiegende Anteil von Pleuramesotheliomen ist auf die schädigende Einwirkung von Asbestfasern zurückzuführen. Daher gilt es als Signaltumor für Asbestkontakt, selbst wenn die Quelle der Asbestexposition unklar bleibt.
Der Tumor entwickelt sich sehr spät, oft erst 30-40 Jahre nach der Asbestexposition.
Auf Grund dieser langen Latenzzeit ist mit einer kontinuierlichen Zunahme der  Pleuramesotheliome bis etwa zum Jahr 2015 zu rechnen, da noch bis etwa 1980 steigende Mengen von Asbest in den entsprechenden Berufszweigen verwendet wurden.
Strahlung und genetische Faktoren sind selten Auslöser der Erkrankung, Rauchen spielt vermutlich keine Rolle.
Die Symptome eines Pleuramesothelioms sind vergleichbar mit denen eines Bronchialkarzinoms, am häufigsten sind Schmerzen im Brustwandbereich und Luftnotdurch einen begleitenden Rippenfellerguss.
Im Rahmen der Diagnostik kommen ebenfalls die gleichen Methoden zur Anwendung wie beim Bronchialkarzinom, die entscheidende diagnostische Methode zur Sicherung des Gewebetyps ist aber nicht die Bronchoskopie, sondern die Rippenfellpunktion mit Biopsieentnahme bzw. die Rippenfell-Spiegelung (Thorakoskopie) mit Biopsieentnahme.
Hinsichtlich des Gewebetyps unterscheidet man
  1. epitheliale Pleuramesotheliome
  2. sarkomatöse Pleuramesotheliome
  3. gemischförmige Pleuramesotheliome

Epitheliale Pleuramesotheliome haben eine günstigere Prognose.

Pleuramesotheliome wachsen oftmals flächig entlang des Rippenfells und greifen auf das Mediastinum, das Zwerchfell und die Brustwand über. Fernmetastasen sind dagegen selten.
Auch das Pleuramesotheliom wird gemäß TNM-Stadium nach UICC eingeteilt:
                TNM-KLASSIFIKATION 
  TUMOR
T1  Tumor begrenzt auf das gleichseitige Rippenfell (ipsilaterale parietale und/oder viscerale) Pleura
T2 Einwachsen des Tumors in die Brustwandfaszie / das Zwerchfell /den Herzbeutel / die gleichseitige Lunge
T3 Einwachsen des Tumors in die gleichseitige Brustwandmuskulatur / die Rippen / das Mediastinum
T4 Einwachsen des Tumors in das gegenseitige Rippenfell / die gegenseitige Lunge / das Bauchfell Bauchorgane / Halsstrukturen
  LYMPHKNOTEN
N0 kein Lymphknotenbefall
N1 Befall von Lymphknoten entlang der Bronchien und/oder Hiluslymphknoten auf der betroffenen Seite (ipsilateral)
N2 Befall von Lymphknoten im Bereich des Mittelfells auf der betroffenen Seite (ipsilaterale mediastinale Lymphknoten)
N3 Befall von Lymphknoten im Bereich des Mittelfells oder des Hilus auf der gegenüberliegenden Seite (kontralaterale mediastinale / hiläre Lymphknoten) / Befall von Lymphknoten oberhalb des Schlüsselbeines (supraklavikuläre Lymphknoten)
  METASTASEN
M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar
M1 Fernmetastasen nachweisbar
Ausgehend von der angeführten TNM-Klassifikation findet dann die Zuordnung zu den einzelnen Tumorstadien wie folgt statt:
STADIENEINTEILUNG
Stadium Tumor Lymphknoten Metastasen
I T1
T2
N0 M0
II T1
T2
N1
N1
M0
M0
III T1
T2
T3
N2
N2
N1
M0
M0
M0
IV T4
Jedes T
Jedes T
Jedes N
N3
Jedes N
M0
M0
M1
Ebenfalls geläufig ist die Stadieneinteilung nach Butchart, die hier nicht explizit aufgeführt wird.
Die Therapie besteht nach Möglichkeit in einer Operation, der sogenannten radikalen Pleuro-Pneumonektomie. Auf Grund des Umfanges dieses Eingriffs (Entfernung von einem Lungenflügel samt umgebendem Rippenfell und gleichseitigen mediastinalen Lymphknoten sowie oftmals noch Anteilen der Brustwand, der Rippen, des Zwerchfells und des Herzbeutels), dem erheblichen Komplikationsrisiko und der trotzdem noch hohen Rezidivrate wird er nur selten durchgeführt.
Als Operationsvoraussetzungen sind heutzutage weitgehend anerkannt:
  1. Epitheloider Gewebetyp
  2. Patient unter 50 Jahren
  3. Kein Tumorbefall der mediastinalen Lymphknoten.

Diagnostisch wird vor einer Operation neben den auch beim Bronchialkarzinom üblichen Staging-Untersuchungen (siehe Kapitel 10) eine Thorakoskopie und eine Laparoskopie gefordert.
Die in den letzten Jahren in einigen Zentren nach der Operation zusätzlich verabreichte photodynamische Therapie der Rest-Thoraxhöhle (siehe auch Kapitel 13) hat eine hohe Sterblichkeitsrate (insbesondere Infekte und Herzinfarkte) und wird noch nicht routinemäßig eingesetzt.
Eine Bestrahlungstherapie ist angesichts der oft breiten Tumorausdehnung schwierig und ohne gesicherten Einfluss auf die Gesamtlebenszeit. Gelegentlich wird sie trotzdem zur Schmerzbekämpfung und auch adjuvant nach Pleuro-Pneumonektomie durchgeführt.
Auch die Ergebnisse der Chemotherapie (Kombinationen Cisplatin/Doxorubicin, Doxorubicin/Ifosphamid und einige mehr) sowie der Immuntherapie (Interferon gamma) sind enttäuschend.
Letztendlich bleibt es daher oft allein bei unterstützenden Maßnahmen wie Schmerzstillung und Entlastung und Verklebung von begleitenden Rippenfellergüssen (Pleurodese).

Die Prognose der Pleuramesotheliome ist mit und ohne Therapie schlecht, auch eine radikale Operation verlängert die Überlebenszeit durchschnittlich nur um einige Monate.
Die mittlere Überlebenszeit beträgt je nach Tumorstadium etwa 5 – 18 Monate, ein Langzeitüberleben kommt insbesondere beim epitheloiden Typ gelegentlich vor, eine Heilung ist extrem selten.
2. Karzinoide
Ungefähr 4 % aller Lungentumoren sind Karzinoide. Das Karzinoid ist wie das Bronchialkarzinom ein lungeneigener Tumor, der aber von einer speziellen Zelle, der neuroendokrinen Kulschitzky-Zelle des Bronchialepithels, ausgeht.
Die Symptome eines Bronchuskarzinoids sind vergleichbar mit denen eines Bronchialkarzinoms.
Im Rahmen der Diagnostik kommen ebenfalls die gleichen Methoden zur Anwendung wie bei einem Bronchialkarzinom.
Bronchoskopisch imponiert des Karzinoid typischerweise als rötlicher, kugeliger, polypenartiger und bei Berührung stark blutender Tumor. Es wächst häufiger (~ in 80%) als die übrigen Lungentumoren direkt in den großen Bronchien. Die sichere Abgrenzung von anderen Lungentumoren ist aber auch in diesem Fall nur mittels Gewebeentnahme möglich.
Darüber hinaus werden die üblichen Staging-Untersuchungen eingesetzt, einschließlich der Untersuchung anderer Organe und der Herz-Kreislauf-Lungen-Funktionsdiagnostik.
Karzinoide sind in ihrem Wachstumsverhalten unterschiedlich aggressiv (von fast gutartig bis extrem bösartig). Sie metastasieren nicht selten in angrenzende Lymphknoten. Fernmetastasen in anderen Organen kommen aber seltener vor als beim Bronchialkarzinom.
Die Therapie besteht wie beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom nach Möglichkeit in einer Operation entsprechend den vorgegebenen anatomischen Unterteilungen (Lobektomie, Bilobektomie usw., siehe Kapitel 11).
Auf eine Bestrahlungstherapie spricht das Karzinoid in der Regel wenig an. Auch die Ergebnisse der Chemotherapie sowie der Immuntherapie (Interferon gamma) sind schlecht.
Nach radikaler Entfernung ist die Prognose gut. Die 5-Jahres-Überlebens-Rate beträgt etwa 80 % und liegt damit deutlich höher als die von Bronchialkarzinomen.
Selbst bei metastasierendem Bronchuskarzinoid liegt die 5-Jahres-Überlebens-Rate noch bei etwa 20 %.
3. Sarkome
Sarkome sind Tumoren, die vom Weichteilgewebe (Mesenchym) ihren Ausgang nehmen. Innerhalb der Lunge können Bindegewebszellen, Knorpelzellen oder glatte Muskelzellen entarten.
Beschwerdebild und diagnostische Maßnahmen sind vergleichbar dem Bronchialkarzinom.
Die Operation ist die Therapie der Wahl. Nicht-operable Sarkome werden mit Bestrahlungstherapie und/oder Chemotherapie behandelt.
Die  Prognose ist schlecht. Die 5-Jahres-Überlebens-Rate beträgt insgesamt nur 5 – 25 %.
Es existieren noch einige weitere eigenständige bösartige Lungentumoren, die jedoch auf Grund ihrer extremen Seltenheit nicht aufgeführt werden.

B Gutartige Tumoren
  1. Bronchialadenome (gutartiger Drüsentumor)
  2. Chondrome (Knorpel-Geschwulst)
  3. Osteome (Knochen-Geschwulst)
  4. Fibrome (Bindegewebs-Geschwulst)
  5. Lipome (Fettgewebs -Geschwulst)
  6. Tuberkulome (oft verkalktes Narbengewebe nach abgeheilter Lungentuberkulose)
Bis auf Tuberkulome kommen die genannten gutartigen Lungentumoren selten vor.
Thymusdrüsentumoren (Thymome), Speiseröhrentumoren (Ösophaguskarzinome) und Lymphknotenkrebs (Lymphome) sind typische Tumoren des Mittelfell-Raumes (Mediastinums). Sie entstehen aber nicht innerhalb der Lunge aus lungeneigenen Zellen oder aus Rippenfell-Zellen.
20. Wann gilt das Bronchialkarzinom als Berufserkrankung ?
Berufskrankheiten (BK) sind in der Bundesrepublik Deutschland im Anhang der Berufskrankheitenverordnung (BeKV) aufgeführt. Die Berufskrankheitenverordnung eröffnet Sozialleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Selbständige, Personen in einem Arbeits-, Dienst-, oder Ausbildungsverhältnis sowie teilweise auch für ehrenamtlich Tätige.
Voraussetzung (nach §551.1 der Reichsversicherungsordnung, seit 1997 nach SGB VII) ist, dass die Krankheiten nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.
Krankheiten, die nach neuen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen ebenfalls diese Voraussetzungen erfüllen, aber noch nicht in der neuesten Berufskrankheitenverordnung (BeKV) stehen (siehe unten das Beispiel “ Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe“), können wie Berufserkrankungen behandelt werden.
Ein Arzt ist verpflichtet, den begründeten Verdacht auf eine Berufserkrankung unverzüglich anzuzeigen.
In Bezug auf das Bronchialkarzinom sind viele krebserregende Schadstoffe inzwischen bekannt. Laut Berufskrankheitenverordnung (BeKV) ist die Anerkennung von Lungenkrebs als Berufskrankheit in den nachfolgend genannten Fällen möglich:
  1. Lungenkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis einer kumulativen Asbestfaserstaubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x  106  [Fasern pro m³] x Jahre) nach Nr. 4104 der BeKV.
  2. Bösartige Neubildung der Atemwege und der Lungen durch Nickel und seine Verbindungennach Nr. 4109 der BeKV
  3. Bösartige Neubildung der Atemwege und der Lungen durch Kokereirohgase nach Nr. 4110der BeKV

    Bei anderen Schadstoffen ist das Bronchialkarzinom nur eine von mehreren möglichen Erkrankungen, die durch diesen Schadstoff verursacht werden. Dazu zählen:
  4. Erkrankungen durch Arsen nach Nr. 1108 der BeKV
  5. Erkrankungen durch Chrom nach Nr. 1103 der BeKV
  6. Erkrankungen durch ionisierende Strahlen nach Nr. 2402 der BeKVZu den oben erwähnten Stoffen, die noch nicht in die Liste der Berufskrankheitenverordnung aufgenommen wurden, aber nach neuen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen ebenfalls diese Voraussetzungen erfüllen, zählen:
  7. Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bei
    Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 100 Benzo[a]pyren-Jahren [(µg/m³) x Jahre] als „Wie-BK“ gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII (§ 551 Abs. 2 RVO)
    Anerkannt wird außerdem:
  8. Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells und des Bauchfells nach Nr. 4105der BeKV
    Das Mesotheliom wird bei beruflichem Asbestkontakt auch ohne Nachweis von Faserjahren als Berufserkrankung anerkannt.
Die Begutachtung arbeitet in der Praxis mit Wahrscheinlichkeiten im Sinne einer „wesentlichen Teilursache“. Auf diese Weise können zum Beispiel auch Raucher ihr Bronchialkarzinom bei „ausreichend hoher“ Schadstoffexposition im Beruf anerkannt bekommen. Zu jeder oben genannten Listenkrankheit existiert ein Merkblatt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
21. Wie erfolgt die Tumornachsorge ?

Üblicherweise schließt sich an jede Therapie eine Tumornachsorge-Behandlung in zunächst 3-monatigen, dann 6-monatigen und später jährlichen Abständen an. Nach 5 Jahren ohne Tumorrezidiv gilt ein Patient als geheilt.
Der Umfang der Tumornachsorge-Diagnostik (CT-Thorax, Bronchoskopie, Knochenszintigraphie usw.) ist abhängig vom initialen Tumorstadium sowie vom aktuellen Beschwerdebild des Patienten.

Fragen und Antworten zu Schlafstörungen

01. Was ist eine Schlafapnoe?
Mit Apnoe (aus dem griechischen apnoia = Windstille, pneo=hauchen) wird eine Atempause bezeichnet.
Wer während des Schlafes – häufig verbunden mit starkem Schnarchen- mehr als 10 Atempausen pro Stunde von mehr als 10 Sekunden Dauer (pro Atempause) zeigt, der leidet unter einer Schlafapnoe-Erkrankung.
02. Seit wann kennt man Schlafapnoe-Erkrankungen?
Die moderne Schlafforschung nahm mit den ersten Hirnstrom-Messungen (EEG = Elektro-Enzephalo-Gramm) in den späten 20er Jahren ihren Anfang.
1953 wurde der sogenannte REM-Schlaf entdeckt, der Schlaf mit raschen Augenbewegungen, der weitgehend der Schlafphase entspricht, in der man träumt (Traumschlaf).
1955 wurden erstmals Schlafzyklen beschrieben. Seitdem weiß man, dass der Schlaf nicht gleichförmig über 6 bis 8 Stunden abläuft, sondern in mehrere Phasen unterteilt werden kann (Leichtschlaf, Tiefschlaf, Traumschlaf).
Seit Ende der 60er Jahre entwickelt sich die Schlafforschung rasant und führt zu einer immer genaueren Unterteilung einzelner Schlafstörungen.
(siehe auch Kapitel 11. „Wie unterscheidet man „gesunden“ Schlaf von „gestörtem“ Schlaf?“)

 

Schon seit vielen Jahrzehnten ist das Pickwick-Syndrom bekannt, eine Kombination von massivem Übergewicht, Schnarchen und Schlafsucht.
Es hat seinen Namen aus dem Roman von Charles Dickens „The Pickwick Papers“, den er 1836 veröffentlichte und in dem er einen fetten, schnarchenden, stets müden jungen Mann beschrieb, der bei jeder Gelegenheit einschlief.
Ende der 60er Jahre wurde erkannt, dass dieses Pickwick-Syndrom nichts anderes war als die Extremform einer Schlafapnoe mit einer Überbeanspruchung der Atemmuskulatur, dem sogen. Obesitas-Hypoventilations-Syndrom.
03. Wie entsteht eine Schlafapnoe-Erkrankung?
Während des Schlafes kommt es immer zu einer Erschlaffung der Muskulatur. Bei einigen Menschen ist die Erschlaffung der Schlundmuskulatur so ausgeprägt, dass ein vollständiger Kollaps mit Blockierung der oberen  Luftwege auftritt. Obwohl die Atemmuskulatur weiter Atemanstrengungen unternimmt, ist die Luft- und damit die Sauerstoffzufuhr unterbrochen. Der Sauerstoffgehalt des Blutes sinkt.
Bevor der Betroffene erstickt, weckt ihn jedoch eine Alarmreaktion des Körpers: Der Muskeltonus steigt,  die Schlundmuskulatur öffnet sich und der Atemweg wird wieder frei. Liegt zusätzlich eine anatomische Enge der oberen Luftwege vor, wie z.B. eine Verbiegung der Nasenscheidewand, vergrößerte Nasenschwellkörper oder große Gaumenmandeln, ein schlaffes Gaumensegel und ein vergrößerter Zungengrund, wird die Atmung während des Schlafes zusätzlich beeinträchtigt.
Auf diese Weise wird der normale Schlafablauf gestört, insbesondere der für die Erholung wichtige Tiefschlaf- und REM-Schlafanteil verringert.
(siehe Kapitel 11. „Wie unterscheidet man „gesunden“ Schlaf von „gestörtem“ Schlaf?“)
In schwersten Fällen wiederholt sich der beschriebene Vorgang bis zu 100 Mal in einer Stunde. Im Falle eines 6-stündigen Nachtschlafes bedeutet das 600 Atemaussetzer mit deutlichen Verminderungen des Sauerstoffgehaltes im Blut in einer einzigen Nacht. Da es ohne Behandlung in jeder Nacht zu Atemaussetzern kommt, bedeutet dieses auf ein Jahr gerechnet die unglaubliche Anzahl von 219.000 Atemaussetzern.
04. Wie stelle ich fest, ob auch ich an Schlafapnoe leide ?
Fragen Sie Ihre Partnerin / Ihren Partner, ob Sie nachts laut und unregelmäßig Schnarchen und ob Sie Atemaussetzer haben, die manchmal von einem „explosionsartigen“ Schnarchen beendet werden.
Fragen Sie, ob sie / er Sie schon einmal (vielleicht sogar schon öfter) angestoßen und wachgerüttelt hat, weil Sie für längere Zeit nicht geatmet haben.
Aber keine Angst:  
Nicht jeder Mensch, der schnarcht, hat auch eine Schlafapnoe-Erkrankung. Es gibt harmloses Schnarchen, das nur geräuschbelästigend ist.
Außerdem haben viele Menschen nachts (zumeist kurze) Atemaussetzer.
Heutzutage geht man davon aus, dass bis zu 5 Atemaussetzer pro Stunde noch normal sind, 5 bis 10 Atemaussetzer pro Stunde einen Grenzbereich darstellen und erst ab 10 Atemaussetzern pro Stunde von einer Schlafapnoe gesprochen werden kann.
Neben Schnarchen und Atemaussetzern gibt es aber noch viele weitere Beschwerden, die zu einer Schlafapnoe gehören können.
Es kommen aber nur selten alle Beschwerden gleichzeitig vor.
Beantworten Sie daher folgende Fragen:
1. Fühlen Sie sich morgens unausgeschlafen, gegebenenfalls sogar „wie gerädert“? 

2. Haben Sie bereits beim Aufwachen Kopfschmerzen oder Schwindel? 

3. Werden Sie tagsüber gelegentlich so müde (oft um die Mittagszeit oder am frühen Nachmittag), dass Sie sogar einschlafen?

4. Machen Sie womöglich genau aus diesem Grunde bereits einen Mittagsschlaf? 

5. Merken Sie, dass Sie trotz ausreichendem Nachtschlaf tagsüber Konzentrationsschwierigkeiten haben?

6. Merken Sie, dass Sie trotz ausreichendem Nachtschlaf tagsüber körperlich und geistig vermindert leistungsfähig sind? 

7. Merken Sie, dass Sie trotz ausreichendem Nachtschlaf tagsüber gereizt und nervös sind?

8. Schlafen Sie regelmäßig beim Fernsehen oder beim Zeitunglesen ein? 

9. Sind Sie schon einmal beim Autofahren plötzlich weggenickt und dann erschrocken wieder aufgewacht (sogenannter Sekundenschlaf); oder sogar tatsächlich eingeschlafen und haben einen Unfall verursacht?

10. Haben Sie nachts oft Alpträume, wachen Sie nachts unvermittelt auf und haben Atemnot oder schwitzen Sie nachts sehr stark? 

11. Haben Sie Übergewicht? 

12. Bekommen Sie schlecht Luft durch die Nase? 

13. Benutzen Sie in der Nacht öfters Nasentropfen oder Spray? 

14. Haben Sie morgens beim Aufwachen oft einen trockenen, kratzenden Rachen. Auch häufiger eine zähe Verschleimung im Rachen?

15. Leiden Sie unter sexuellen Funktionsstörungen oder Impotenz? 

16. Sagen Ihnen Bekannte und Verwandte, Sie hätten sich in Ihrer Persönlichkeit geändert, seien nicht mehr aufgeschlossen und fröhlich, sondern depressiv?

17. Fühlen Sie sich nach abendlichem mäßigem Alkoholkonsum am nächsten Morgen besonders erschöpft und abgeschlagen? 

18.  Haben sie schon einmal nachts wie aus heiterem Himmel Herzrasen oder Herzstolpern gespürt? 

Diese oben genannten Beschwerden können Anzeichen einer Schlafapnoe sein!
Wenn Sie mehrere der oben gestellten Fragen mit „Ja“ beantwortet haben, dann könnten Sie an einem Schlafapnoe-Erkrankung leiden!
05. Warum ist Schlafapnoe gefährlich ?

1. Schlafapnoe führt in aller Regel zu direkten körperlichen Störungen:

  • Das Hauptproblem der Betroffenen ist die Tagesmüdigkeit sowie die durch die Müdigkeit ausgelöste Einschlafneigung.
    Dass ein Mensch noch niemals einen Film zu Ende gesehen hat, weil er immer schon vorher einschläft oder dass jemand regelmäßig zu spät nach Hause kommt, weil er auf seiner Busfahrt immer seine Haltestelle verschläft und erst an der Endstation vom Busfahrer aufgeweckt wird, ist noch eher amüsant.
    Oftmals tragisch sind die durch die Einschlafneigung und den sogenannten Sekundenschlaf ausgelösten Autounfälle (siehe Kapitel 19. „Autounfälle durch Schlafapnoe“) und Arbeitsunfälle.
     

    Man braucht  nur die einzelnen Berufsgruppen bei ihrer täglichen Arbeit zu sehen und sich dann vorzustellen, dass diejenige/derjenige für 10 bis 20 Sekunden (oder sogar länger) einschläft: 

    • den Piloten, der sich gerade im Landeanflug befindet.
    • den Fluglotsen, der im Flughafentower die Flugzeuge auf ihrem Kurs dirigiert.
    • den Kranführer, der in 30 Meter Höhe allein im Führerhaus sitzt und Stahlträger über die Köpfe der Bauarbeiter hinweg bewegt.
    • den  Schreiner, der mit der Kreissäge arbeitet.
    • den Neurochirurgen, der am Gehirn operiert.
  • Die Leistungsfähigkeit, insbesondere die Konzentrationsfähigkeit ist so eingeschränkt, dass man sich zu jeder Tätigkeit zwingen muß.
  • Durch die Unausgeschlafenheit entsteht eine Gereiztheit, die oftmals den Umgang mit den Mitmenschen erschwert.

 

2. Neben der geschilderten Tagesmüdigkeit und deren unmittelbaren Folgen führt Schlafapnoe zu Herz-Kreislauf- und anderen Erkrankungen:
  • Bei etwa 50 % der Schlafapnoe-Patienten entwickelt sich ein Bluthochdruck, es kann jedoch auch zu
  • Belastungsluftnot,
  • Herzschmerzen, einem Herzinfarkt bei bereits vorbestehender Herzkranzgefäßverengung,
  • Herzrhythmusstörungen sowie zu einem
  • Schlaganfall kommen.
  • Sexuelle Funktionsstörungen und Impotenz:
    Nicht nur Männer sind durch den Verlust der Erektionsfähigkeit beeinträchtigt, auch bei Frauen können sich sexuelle Funktionsstörungen in Form von eingeschränkter Liebeslust und verminderter Orgasmusfähigkeit einstellen.
06. Wie unterscheidet man harmloses Schnarchen von gefährlichem Schnarchen ?
Heutzutage weiß man, dass gewöhnliches Schnarchen und Schlafapnoe nicht zwei verschiedene Erkrankungen darstellen.
Es sind im Grunde genommen unterschiedliche Ausprägungen ein und derselben funktionellen Veränderung in den oberen Atemwegen.
Oftmals fängt die Erkrankung als gewöhnliches Schnarchen an. Dabei tritt nur eine geringe Einengung des Luftweges auf, zumeist durch ein Zurückfallen der Zunge im Liegen.
Durch die Vibration der Weichteilgewebe in den oberen Atembewegungen im Luftstrom, insbesondere des weichen Gaumens (Zäpfchen und Gaumensegel) entsteht das Schnarchgeräusch. Der Entstehungsmechanismus ist vergleichbar mit dem Knattern einer Fahne im Wind oder dem Summen zweier aufeinanderliegender Papierblätter durch welche hindurchgepustet wird. Leider entstehen beim Schnarchen Lautstärken von bis zu 90 dB, vergleichbar mit dem Start eines Motorrades.
Im Laufe der Jahre können die Weichteilgewebe des Gaumens an Elastizität verlieren. Begünstigt wird dieses durch, nur mikroskopisch erkennbare, kleine Verletzungen der Gewebe bedingt durch starke Vibrationen, die beim Schnarchen auftreten.  Es entwickelt sich dann, insbesondere während der Einatmung, eine Einengung des Luftweges während des Schafes, bis hin zu vollständigen Verschlüssen des Luftweges.
Bemerkbar macht sich dieses an einem zunehmend lauteren und unregelmäßigeren Schnarchen und dem Auftreten von Atemaussetzern, die manchmal von einem „explosionsartigen“ Schnarchen beendet werden.
Man sollte wissen:
Einige Menschen schnarchen ihr Leben lang, ohne dass Atemaussetzer in bedeutsamer Anzahl auftreten.
Andere Menschen schnarchen und entwickeln hierbei Verengungen der oberen Atemwege  auch ohne Atemaussetzer und Sauerstoffentsättigungen des Blutes. Durch die hervorgerufenen Weckreaktionen kann dennoch eine Tagesmüdigkeit resultieren und eine Behandlung sinnvoll sein.
Eine andere Gruppe von Schnarchern zeigt Atemaussetzer und Sauerstoffentsättigungen.
Diese treten aber in so geringer Anzahl auf und sind von so kurzer Dauer, dass sie, insbesondere wenn keine vermehrte Tagesmüdigkeit besteht und keine Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems vorliegen, nicht behandelt werden müssen.
Eine letzte Gruppe von Menschen allerdings schnarcht und entwickelt Atemaussetzer sowie Sauerstoffentsättigungen des Blutes, die unbedingt behandelt werden sollten, da sie sowohl zu direkten körperlichen Störungen wie Tagesmüdigkeit und Einschlafneigung führen als auch über die Jahre eine erhebliche Herz-Kreislauf-Belastung darstellen.
Ob sie an einem gewöhnlichen Schnarchen oder einem gefährlichen Schlafapnoe-Syndrom leiden, kann nur der Fachmann entscheiden!
Wenn sie einige der Fragen in Kapitel 5. „Wie stelle ich fest, ob auch ich an Schlafapnoe leide?“ mit „Ja“ beantwortet haben, dann könnte auch bei Ihnen eine Schlafapnoe vorliegen.
Sprechen Sie Ihren Hausarzt darauf an und lassen Sie sich gegebenenfalls zu einem Spezialisten überweisen.
07. Wie wirkt sich Alkohol auf das Schnarchen aus?
Fast jeder kennt das Problem:
Nach einem feucht-fröhlichen Abend mit viel Alkohol beschwert sich der Partner am nächsten Morgen: „Du hast furchtbar geschnarcht, das machst Du doch sonst nie.“
Dass ein Mensch nach Alkoholkonsum schnarcht, auch wenn er sonst ein ruhiger Schläfer ist, hat verschiedene Ursachen.
Unter anderem führt Alkohol zu einer vermehrten Erschlaffung aller Muskeln und eben auch der Schlundmuskulatur mit dem beschriebenen Problem der Verengung des Luftweges.
So kann ein Mensch, der normalerweise nicht schnarcht, weil er während des Schlafes ausreichend weite Luftwege hat, durch eine Alkohol-bedingte leichte Verengung seiner Luftwege zum Schnarcher werden.
Somit kann aber auch bei einem Menschen mit gewöhnlichem, ungefährlichem Schnarchen, der auch ohne Alkoholkonsum schon eine leichte Verengung seiner Luftwege aufweist, durch Alkoholkonsum eine höhergradige Verengung seiner Luftwege auftreten und das ungefährliche Schnarchen in ein Schnarchen mit Atemwegsverschlüssen und Atemaussetzern übergehen.
Hinzu kommt, dass unter Alkoholeinfluss der Atemantrieb im Gehirn vermindert ist und die Alarmreaktion verspätet einsetzt. Dadurch treten deutlich mehr und deutlich längere Atemaussetzer auf.
Man benutzt diese Veränderungen auch zur Diagnostik der Schlafapnoe:Sollten sich in einer Messnacht nur wenige Atemaussetzer zeigen, obwohl ein Patient über erhebliche Beschwerden wie Schlafstörungen oder Tagesmüdigkeit klagt, kann eine zweite Meßnacht mit sogenannter „Alkohol-Provokation“ durchgeführt werden.
Dazu trinkt der Patient die Mengen an Alkohol, die er normalerweise abends zu sich nimmt, z.B. zwei Flaschen Bier oder eine halbe Flasche Wein.

Bei Patienten, die regelmäßig abends Alkohol trinken, reicht in manchen Fällen das Weglassen des Alkohols aus, die Schlafstörungen oder die Tagesmüdigkeit zu beheben.
08. Was hat Schnarchen bzw. Schlafapnoe mit Übergewicht zu tun ?
Übergewicht ist ein Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen, aber auch für eine Schlafapnoe-Erkrankung.
Klassischerweise ist der Schlafapnoe-Patient übergewichtig. Trotzdem gibt es auch schlanke Patienten mit Schlafapnoe.
Bei Schlafapnoe-Patienten mit Übergewicht jeglichen Schweregrades reicht manchmal schon allein eine deutliche Gewichtsabnahme aus, die Schlafstörungen oder die Tagesmüdigkeit zu beheben.
Auf jeden Fall aber ist durch Studien belegt, dass durch eine Gewichtsabnahme im Durchschnitt der untersuchten Patienten die Anzahl der Atemaussetzer absank, die Beschwerden über Tage besser wurden und die Rate an begleitenden Erkrankungen geringer wurde (siehe Kapitel 17. „Wie behandelt man Schlafapnoe“).
Die positive Wirkung der Gewichtsabnahme stellt man sich so vor, dass durch den Abbau von Fettgewebe im Bereich des Gaumens und der Zunge, durch die gleichzeitige Besserung der Muskelfunktion der Schlundmuskeln und der Atemmuskulatur die Luftwege im Rachen wieder geweitet werden. Auch wird bei Abnahme des Bauchfettes die Lunge weniger vom Bauchraum her „aufgestaucht“  und damit auch die in Verbindung stehenden oberen Atemwege günstiger gestrafft.

09. Was hat Schnarchen mit Schlafmitteln zu tun ?
Schlaf- und Beruhigungsmittel und auch stimmungsaufhellende Medikamente können eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit auslösen.
Sie können aber -ähnlich wie Alkohol- unabhängig von der Dosis auch das Schnarchen bzw. die Atemaussetzer verstärken. Dadurch kann bei einem gewöhnlichen Schnarcher, der schon eine leichte Verengung seiner Luftwege aufweist, das ungefährliche Schnarchen in ein Schnarchen mit Atemwegsverschlüssen und Atemaussetzern übergehen und bei einem Schlafapnoe-Patienten aus einer leichtgradigen eine mittel- bis schwergradige Schlafapnoe-Erkrankung werden.
Bei Patienten, die zusätzlich an Lungenerkrankungen wie einer chronischen Bronchitis, einem Lungenemphysem oder einem Asthma bronchiale leiden, verschlechtern sich Atmung und Schlafapnoen nach Einnahme dieser Medikamente noch deutlicher als bei lungengesunden Patienten.
Aus diesem Grund ist es wichtig, bei Tagesmüdigkeit oder bereits gesichertem Schlafapnoe-Syndrom solche Medikamente konsequent abzusetzen (wenn das medizinisch vertretbar ist).
10. Wie unterscheidet man „gesunden“ Schlaf von „gestörtem“ Schlaf ?
Der Schlaf fasziniert seit Jahrhunderten den Menschen.
Astronomen, Schriftsteller, Mediziner, Psychologen und viele andere haben sich mit dem Phänomen „Schlaf“ und dessen Bedeutung für den Menschen beschäftigt.
Sie wissen sicher,
  • dass der Mensch einem 24-stündigen Schlaf-Wach-Rhythmus mit einem Schlafbedürfnis nachts und entsprechender Wachheit am Tage unterliegt.

Aber wissen Sie auch,

  • dass die Steuerung dieses Schlaf-Wach-Rhythmus sich in einem kleinen Bereich des Gehirns, dem Hypothalamus und dem unteren Stammhirn, befindet?
  • dass es nicht nur einen Schlafstoff im Blut gibt, sondern Schlaf- und Wachzustände durch mehrere Stoffe im Blut zusammen mit der Aktivierung verschiedener Nervenbahnen ausgelöst werden?
  • dass, wird die Hell-Dunkel-Rhythmik aufgehoben (zum Beispiel indem man über mehrere Tage in einem künstlich beleuchteten Raum ohne Tageslicht und andere äußere Zeitgeber lebt), der Mensch in einen 25-Stunden-Rhythmus verfällt?
    Die „innere Uhr“ hat also eigentlich keinen 24-stündigen, sondern einen 25-stündigen Tag, wird aber durch äußere Zeitgeber auf 24 h synchronisiert.
  • dass außer diesem Schlaf-Wach-Rhythmus noch weitere regelmäßig wechselnde Phasen im Schlaf existieren?
    Die ersten Hirnstrom-Messungen (EEG = Elektro-Enzephalo-Gramm) zur Untersuchung des Schlafes fanden in den späten 20er Jahren statt, in den Jahren danach wurden zusätzlich die Augenbewegungen, die Muskelbewegungen, der Herzschlag usw. während des Schlafes aufgezeichnet.
    1953 wurde der sogenannte REM-Schlaf entdeckt, der Schlaf mit den raschen Augenbewegungen (R E M = Rapid Eye Movement), der weitgehend dem sogenannten Traumschlaf entspricht.
    1955 wurden erstmals Schlafzyklen beschrieben.
    Der Schlaf läuft also nicht gleichförmig über 6 bis 8 Stunden ab, sondern kann in mehrere, immer wiederkehrende  Phasen von Leichtschlaf- Tiefschlaf- Traumschlaf-  Leichtschlaf- Tiefschlaf- Traumschlaf …  unterteilt werden.
    Eine solche Phase (Leichtschlaf- Tiefschlaf- Traumschlaf) dauert in der Regel 90 Minuten und wiederholt sich 4 bis 5 mal in einer Nacht.
  • dass in der ersten Nachthälfte mehr Tiefschlaf vorherrscht (weswegen uns unsere Großeltern schon erzählten, dass der Schlaf vor Mitternacht der erholsamste Schlaf sei),
    während in der zweiten Nachthälfte der Traumschlafanteil zunimmt (weswegen man sich oftmals besser an seine Träume erinnern kann, wenn man frühmorgens aus dem Schlaf gerissen wird, als wenn man spätabends noch einmal aufwacht)?
  • dass bei Neugeborenen der Traumschlafanteil am Gesamtschlaf noch > 50 % beträgt, beim Erwachsenen aber nur noch 20 bis 25 %,
    und der Tiefschlafanteil bei einem jungen Menschen bei ~20 % liegt, bei einem  60-Jährigen bei ~5 % und beim noch älteren Menschen manchmal völlig ausbleibt?
  • dass sich nicht nur Traumschlaf und Nicht-Traumschlaf (also Leichtschlaf und Tiefschlaf zusammengenommen) abwechseln, sondern während des normalen gesunden Schlafes auch regelmäßige Veränderungen des Blutdrucks, der Atemfrequenz, der Körpertemperatur, der Muskelspannung sowie des Erektionszustandes auftreten?
  • dass es im Schlaflabor eigens eine nächtliche Registrierung der Peniserektionen (die sogenannte „Phallographie“) mit der Messung von Penisumfang und Penissteifheit gibt?
    Diese Messung wird allerdings nur selten durchgeführt, zumeist wenn Potenzstörungen bestehen. Bei normalem Schlaf (ausreichender Tiefschlaf- und Traumschlafanteil) gilt eine geschwächte oder fehlende Erektion während des Schlafes als Beleg für eine körperliche Störung und schließt eine seelische Störung weitgehend aus, da während des Schlafes psychische Faktoren (z.B. Versagensängste) keine Rolle spielen.
    Eine signifikante Erektionsschwäche liegt vor,
  • wenn die längste vollständige Umfangserhöhung weniger als 5 Minuten dauert
  • wenn die größte Umfangszunahme weniger als 4 Millimeter beträgt
  • wenn die Penissteifheit (gemessen als die Kraft, die an der Penisspitze aufgewendet werden muß, um den Penisschaft um 30° zu beugen) weniger als 500 Gramm beträgt.

Potenzstörungen, die durch eine Schlafapnoe-Erkrankung verursacht sind, können unter der Schlafapnoe-Therapie verschwinden.

Schlaf läßt sich mittels einer Messung der Hirnströme (EEG = Elektro-Enzephalo-Graphie) anhand der unterschiedlichen Hirnstrom-Wellen in verschiedene Schlafstadien einteilen.
Um auch den Traumschlaf und die Wachzustände besser abgrenzen zu können, misst man zusätzlich die Augenbewegungen und die Muskelspannung (mittels Elektroden wie beim EEG)
Man unterscheidet nach einer seit 1968 gültigen Klassifikation von Rechtschaffen und Kales 4 Nicht-Traumschlafstadien (2 Leichtschlafstadien und 2 Tiefschlafstadien), den Traumschlaf und den Wachzustand.

Bei normalem, gesunden Schlaf verteilt sich die Gesamtschlafzeit bei einem jungen Erwachsenen auf

  • < 5 %   Wachzustand
  • 20 – 25 %  REM-Schlaf (Traumschlaf)
  • 5 %  Schlafstadium 1 (Leichtschlaf)
  • 45 – 50 % Schlafstadium 2 (Leichtschlaf)
  • 15 – 25 % Schlafstadium 3 (Tiefschlaf).

Die Anzahl von Weckreaktionen aus dem Schlaf heraus (sogenannte „Arousals“) liegt unter 15 pro Stunde.

Bei gestörtem Schlaf
  • vermindert sich in erster Linie der Tiefschlafanteil (Schlafstadium 3),
  • vermindert sich auch der REM-Schlaf (Traumschlaf-)anteil,
  • nimmt die Anzahl der Weckreaktionen deutlich zu (> 15 pro Stunde).
11. An wen kann ich mich bei Schlafstörungen wenden ?
Sie sollten sich zuerst an Ihren Hausarzt wenden.
Dieser wird Sie, wenn er aufgrund Ihrer Beschwerden ein Schlafapnoe-Syndrom oder eine andere sogenannte „schlafbezogene Atemstörung“ vermutet (siehe dazu auch das Kapitel 18. “ Welche anderen Krankheiten außer einem Schlafapnoe-Syndrom kommen noch als Ursache von Schlafstörungen in Frage?“), zu einem Spezialisten überweisen.

Spezialisten sind

  • alle niedergelassenen Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Schlafmedizin“ sowie die meisten der
  • Lungenfachärzte
  • Internisten mit der Zusatzbezeichnung Lungen- und Bronchialheilkunde
  • HNO-Ärzte
Gelegentlich bieten auch
  • Internisten und
  • Internisten mit der Zusatzbezeichnung „Kardiologie“
  • Sowie Neurologen, Nervenärzte und Psychiater

die Möglichkeit zur Schlafapnoe-Diagnostik an.

Diese Ärzte führen ein sogenanntes „Schlafapnoe-Monitoring“ durch, häufig auch als „Schlafapnoe-Monitoring“ bzw.  „Polygraphie„bezeichnet (siehe Kapitel 13. „Welche Untersuchungen sind erforderlich, um eine Schlafapnoe festzustellen?).

Zeigt sich in dieser Untersuchung ein krankhafter Befund, so wird der Patient in der Regel an ein Schlaflabor überwiesen.
Derzeit sind die meisten dieser Schlaflabore an ein Krankenhaus angeschlossen (zumeist in Lungenfachkliniken). Es ist daher ein stationärer Krankenhaus-aufenthalt von 2 bis 3 Tagen für die weitere Diagnostik und Therapie erforderlich. Die einzelnen Schlaflabore in Deutschland haben Wartezeiten in Abhängigkeit der Dringlichkeit der Untersuchung zwischen 1 Monat und 3 Jahren!
Eine Liste der von der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) anerkannten Schlaflabore finden Sie unter dem Kapitel 21. „Wo kann die große Schlaflabor-Untersuchung (Polysomnographie) durchgeführt werden ?“
Im Schlaflabor wird dann die „große Schlaflabor-Untersuchung“, die sogenannte Polysomnographie“ (von „somnos“ = schlafen) durchgeführt und gegebenenfalls eine Therapie eingeleitet (siehe Kapitel 13 „Welche Untersuchungen sind erforderlich, um Schlafapnoe?“ und Kapitel 17. „Wie behandelt man Schlafapnoe?“).
In einzelnen Fällen, insbesondere wenn Ihre Beschwerden sehr ausgeprägt sind, wird der behandelnde Arzt Sie trotz einer unauffälligen Voruntersuchung in ein Schlaflabor überweisen, um der Ursache Ihrer Schlafstörungen auf den Grund zu gehen.
12. Welche Untersuchungen sind erforderlich, um eine Schlafapnoe festzustellen ?
I. Befragung
Zunächst wird auch der Spezialist eine gezielte Befragung durchführen, um anhand Ihrer Beschwerden zum einen auf die mögliche Erkrankung zu schließen (da es viele verschiedene Erkrankungen gibt, die zu Schlafstörungen führen) und zum anderen auch die Schwere Ihrer Erkrankung einzuschätzen.

Denn ob man eine Schlafstörung behandeln muss, hängt unter anderem vom Ausmaß der Beeintächtigung ab. Es läßt sich leicht vorstellen, dass der Arzt einen Patienten mit nur relativ wenigen Atemaussetzern in der Nacht, der aber tagsüber kaum noch leistungsfähig ist, weil er ständig einschläft, behandeln wird, während er einen anderen Patienten mit einer größeren Anzahl von Atemaussetzern, der überhaupt keine Beschwerden außer seinem Schnarchen hat, nicht behandeln wird.
Die Notwendigkeit einer Behandlung hängt also nicht allein von der Anzahl der Atemaussetzer pro Nacht ab, sondern auch von anderen Faktoren (siehe Kapitel 17. „Wann behandelt man Schlafapnoe?“).
Deshalb gehört die Therapie-Entscheidung in die Hände von erfahrenen Spezialisten.

II Schlaf-Fragebögen
Als zweiter Schritt wird oftmals ein spezieller Schlaf-Fragebogen verteilt, anhand dessen der Patient seine Beschwerden auf einer Skala einordnen muss.So ein Fragebogen sieht zum Beispiel folgendermaßen aus:

Beispiel A: 

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
zur Abklärung Ihres Befundes ist es erforderlich, die folgenden Fragen vollständig zu beantworten, indem Sie das jeweils zutreffende Kästchen ankreuzen. Bei den Fragen zum Schlafverhalten bitten wir Sie, sich auf den Zeitraum der vergangenen 4 Wochen zu beziehen.
1. Sind Sie tagsüber müde?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
2. Schlafen Sie tagsüber spontan ein?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
3. Fällt es Ihnen schwer, lange konzentriert zu bleiben?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
4. Kommt es vor, dass Sie 

     – abends schlecht einschlafen?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
     – mitten in der Nacht aufwachen?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
     – früher als gewöhnlich aufwachen, ohne wieder einzuschlafen?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
5. Spüren Sie nachts eine oder mehrere der folgenden Beschwerden? (Mehrfachnennungen möglich) 

     – Herzstolpern, Herzrasen

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

     – Nassgeschwitzt sein

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

     – Atemnot/Erstickungsgefühle

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

     – Kopfschmerzen

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

     – längere Hustenanfälle

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

     – lang anhaltender Druck oder Beklemmung im Brustraum oder Oberbauch

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

6. Müssen Sie nachts Wasser lassen?

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

7. Sind abends Ihre Beine angeschwollen?

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

8. Sind Sie durch Luftnot in Ihrer Belastbarkeit eingeschränkt?

 

     – wenn Sie schwere körperliche Arbeit verrichten?

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

     – wenn Sie leichte körperliche Arbeit verrichten?

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

     – wenn Sie keinerlei körperliche Arbeit verrichten?

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft

9. Hat Ihr Partner Atemstillstände bei Ihnen bemerkt?

    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
10.  Schnarchen Sie laut und unregelmäßig?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
 11.  Erwachen Sie morgens frisch und ausgeruht?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
12. Nehmen Sie Schlafmittel?
    1             2             3             4             5
nie       selten  gelegentlich  oft       sehr oft
Beispiel B:
Epworth Schläfrigkeitsskala 

Liebe Patientin, lieber Patient!
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie während der folgenden Tätigkeiten einschlafen oder einnicken? Hiermit ist gemeint, dass Sie sich nicht nur müde oder erschöpft fühlen. Die Angaben beziehen sich auf die letzten zurückliegenden Tage. Selbst wenn Sie diese Tätigkeiten in letzter Zeit nicht durchgeführt haben, überlegen Sie sich bitte, wie sie sich ausgewirkt hätten. Benutzen Sie bitte folgende Einteilung,  indem Sie die am besten passende Zahl ankreuzen. 

 0 = würde nie dabei einnicken oder einschlafen
1 = geringe Wahrscheinlichkeit, dabei einzunicken
2 = mittelmäßige Wahrscheinlichkeit, dabei einzunicken
3 = hohe Wahrscheinlichkeit, dabei einzunicken
 

Tätigkeit oder Situation

 Wahrscheinlichkeit einzunicken
Sitzen oder Lesen

      0         1         2         3       

Fernsehen

      0         1         2         3       

Ruhig Sitzen in der Öffentlichkeit(Theater, Sitzung, Wartezimmer)

      0         1         2         3       

Eine Stunde Mitfahrt im Auto ohne Pause

      0         1         2         3       

Liegen am Nachmittag um auszuruhen, wenn die Umstände es erlauben

      0         1         2         3       

Sitzen und dabei mit jemandem Sprechen

      0         1         2         3       

Ruhig Sitzen nach einem Essen ohne Alkohol

      0         1         2         3       

Im Auto bei einem mehrminütigen Halt im Verkehr

      0         1         2         3       


III Schlaftagebuch
In Schlaf-Tagebücher trägt der Patient zu einem vorgegebenen Zeitpunkt von 1 bis 4 Wochen täglich seine Ruhezeiten, Bettzeiten und empfundene Schlafzeiten ein.
Darüber hinaus muss registriert werden, wie der Patient den Tag und die Zeit vor dem Zubettgehen verbracht hat (Arbeiten, Nikotin- und Alkoholgenuß, Medikamenteneinnahme, Sex, Geräuschbelästigung usw.).
Weiterhin soll registriert werden, wie oft und wie lange der Patient seiner Meinung wach lag und was er getan hat, wenn er nicht einschlafen konnte.

Aus diesen Aufzeichnungen läßt sich erkennen

  • welcher Art die Schlafstörung ist,
  • welchen Umfang die Schlafstörung hat,
  • welche Änderungen des Schlafes in Abhängigkeit von den Tätigkeiten am Tage auftreten,
  • welche Änderungen des Schlafes in Abhängigkeit von den Umwelteinflüssen auftreten.
IV Erhebung der Vorgeschichte
Auch in der Schlafmedizin gehören die sorgfältige Erhebung der übrigen Erkrankungen eines Patienten sowie eine allgemeine körperlich-klinische Untersuchung dazu.
Einige internistische Krankheitsbilder (zum Beispiel Schilddrüsen-funktionsstörungen, Störungen der Mineralstoffe im Körper (z.B. Magnesiummangel), Herzschwäche, Schlaganfälle) führen zu Schlafstörungen (siehe Kapitel 18. „Welche anderen Krankheiten außer einem Schlafapnoe-Syndrom kommen noch als Ursache von Schlafstörungen in Frage ?“).

V Schlafapnoe-Monitoring (sogenannte „Polygraphie“, häufig „Schlafapnoe-Screening“)
Bei der Polygraphie bekommt der Patient ein etwa Handy-großes Gerät mit nach Hause, welches er entsprechend der vorherigen ärztlichen Anleitung vor dem Zubettgehen selbst anlegt und am nächsten Morgen zurück in die Praxis bringt.
Dieses Gerät misst je nach Hersteller unterschiedlich viele Körperfunktionen (Parameter), sollte aber mindestens folgende verschiedene Parameter aufzeichnen können:
  1. Atemfluss (mittels Thermistor=Temperaturfühler oder alternativ den etwas aussagekräftigeren Atemstaudruck (mittels Plastikkanüle, welche vor den Nasenöffnungen plaziert wird  und eine semiquantitative Bestimmung der Atemflussmenge zuläßt)
  2. Sauerstoffsättigung im Blut (mittels Pulsoxymeter am Finger)
  3. Brustkorbbewegung (mittels Impedanzmessung über EKG-Elektroden, Dehnungsmessgurte oder sog. Piezosensoren)
  4. Herzfrequenz (mittels Pulsoxymeter)
  5. Körperlage (mittels Lagesensor)
  6. Schnarchen (mittels Mikrofon)

Einige Geräte enthalten aber auch die Möglichkeit weitere Signale wie Beinbewegungen, Elektrokardiogramm (EKG) oder Elektroenzephalogramm (EEG) mitaufzuzeichen. Damit ist eine der großen Polysomnograpie im Schlaflabor vergleichbare Messung auch zu Hause am Patientenbett möglich.

Der Arzt kann so am nächsten Morgen sämtliche Daten ausdrucken und Schnarchen, Atemaussetzer, Sauerstoffentsättigungen des Blutes, die Körperlage sowie nächtliche Herzrhythmusstörungen feststellen.

Eine Messung der Hirnströme (EEG) und somit eine Messung der Schlafqualität ist jedoch derzeit nur mit wenigen Geräten möglich.
Allerdings gibt es seit wenigen Jahren ein Zusatzgerät („QUISI“), welches zur Hirnstrommessung zu Hause genutzt und mit anderen Systemen kombiniert werden kann. Dieses findet aufgrund der fehlenden Abrechnungsmöglichkeit und der eingeschränkten Möglichkeit zur Datenkontrolle nur weing Anwendung, so dass die Hirnstrommessung zur Schlafstadienbestimmung heutzutage immer noch fast ausschließlich im Schlaflabor stattfindet.

Zeigt sich in der Polygraphie ein krankhafter Befund, so wird der Patient in der Regel an ein Schlaflabor überwiesen, in dem dann eine große Schlaflabor-Untersuchung (sogenannte „Polysomnographie“) durchgeführt wird.

VI Große Schlaflabor-Untersuchung (sogenannte „Polysomnographie“)
Das Schlaflabor ist ein hochtechnisierter Ort.
Der Patient wird dort von den Schlaflabormitarbeitern aufwendig verkabelt (alleine die Verkabelung dauert zwischen 30 und 45 Minuten pro Patient) und während der gesamten Nacht direkt oder über eine Videokamera aus einem Kontrollraum beobachtet.
 

Die Anschaffung eines Schlaflabormessplatzes für einen einzigen Patienten kostet je nach Ausrüstung zwischen  25.000.- und 100.000.- €.Gemessen wird in der Regel von ca. 22.00 Uhr bis ca. 6.00 Uhr morgens.

Schlaflabore haben zwischen 2 und 30 Meßplätze und entsprechend 1 bis 6 Mitarbeiter in einer Nachtschicht. Die Durchschnittsgröße eines Schlaflabors in Deutschland lag im Jahr 2001 bei 6 Plätzen.

Gemessen werden üblicherweise mindestens 11 verschiedene Körperfunktionen (Parameter):
  1. Atemfluss (mittels Thermistor, Staudruckmessung oder Pneumotachograph)
  2. Sauerstoffsättigung (mittels Pulsoxymeter)
  3. Brustkorbbewegung (mittels Dehnungsmessgurt)
  4. Bauchbewegung (mittels Dehnungsmessgurt)
  5. Herzfrequenz (mittels EKG)
  6. Körperlage (mittels Lagesensor)
  7. Schnarchen (mittels Mikrophon)
  8. Hirnströme (mittels EEG-Elekroden)
  9. Augenbewegungen (mittels Elektrookkulogramm, EOG)
  10. Muskelanspannung (mittels Kinn-Elekromyogramm, EMG)
  11. Beinbewegungen (mittels Bein-Elektromyogramm, EMG)     
Mit Hilfe dieser Daten, die alle vom Computer aufgezeichnet werden, lassen sich Schlafstörungen wie auch Atemstörungen sehr gut feststellen.
Wenn eine Therapie erforderlich ist, wird diese im Regelfall in der folgenden Nacht eingeleitet. Hierbei wird erneut die gesamte Verkabelung durchgeführt, um direkt den Erfolg der Therapie z. B. durch Normalisierung der Schlafstruktur, überprüfen zu können (siehe Kapitel 18. „Wie behandelt man ein Schlafapnoe-Syndrom?“).


VII Testungen des Wachheitsgrades (Vigilanz-Teste)
Um festzustellen, wie schläfrig ein Patient tagsüber ist, können verschiedene Testungen angewendet werden, bei denen der Patient tagsüber an die Hirnstrommessung angeschlossen wird. So können im Anschluss an eine Meßnacht im Schlaflabor folgende Testungen erfolgen:
  1. MSLT (Multipler Schlaf-Latenz-Test) 

    Der Patient legt sich ca. 1,5 -3 Stunden nach dem morgendlichen Aufstehen in einen geräuschlosen, abgedunkelten Raum, wird verkabelt und aufgefordert, dann zu schlafen.
    Die Messung wird beendet, wenn der Patient 20 Minuten lang nicht eingeschlafen ist, spätestens aber 15 Minuten nach Einschlafbeginn.
    Es werden 4-5 Messungen im Abstand von 2 Stunden durchgeführt.
     

    Normalerweise schläft ein Mensch nach 10 bis 20 Minuten in einer solchen reizarmen Umgebung ein.
    Auffällig ist eine durchschnittliche Einschlafzeit innerhalb der ersten 10 Minuten,  krankhaft kann eine durchnittliche Einschlafzeit von weniger als 5 Minuten sein.
    Auch zeigt dieser Test ob nach Einschlafbeginn frühe REM-Schlafphasen auftreten. Diese kommen gehäuft bei der Narkolepsie, einer besonderen Schlafstörung aus dem epileptischen Formenkreis vor.
     

  2. MWT (Maintenance of Wakefulness Test) 

    Der Patient setzt sich halb zurückgelehnt in einen bequemen Sessel in einen geräuschfreien, abgedunkelten Raum, wird verkabelt und  dann aufgefordert, wach zu bleiben.
    Die Messung wird beendet, sobald der Patient eingeschlafen ist, spätestens aber nach 40 Minuten.
    Es werden 4 Messungen im Abstand von 2 Stunden durchgeführt.
     

    Normalerweise schläft ein Mensch trotz einer solchen reizarmen Umgebung nicht ein, wenn er unbedingt wach bleiben will.
    Auffällig ist ein Einschlafen innerhalb von 20 Minuten, je früher, desto ausgeprägter ist der Schlafdrang und somit die Erkrankung.
     

  3. Fahrsimulator 

    Diese Testung ist insbesondere zur Beurteilung der Schläfrigkeit bei Berufskraftfahrern sinnvoll. Hierbei versucht der Patient in einem abgedunkelten Raum, sitzend an einem Autofahrsimulator, den virtuellen Straßenverlauf auf einem Bildschirm zu verfolgen und ein virtuelles Auto mittels Lenkrad auf der Fahrbahn zu halten. Unregelmäßig auftretende Signale müssen beantwordet werden. Der Computer registriert hierbei die Reaktionszeiten, die Fehlerrate und die Fahrbahnabweichungen. Die Untersuchung wird auch zur Begutachtung der Fahrtauglichkeit von Kraftfahrern mit Schlafstörungen genutzt.
     

  4. Aufmerksamkeits- und  Konzentrationsteste 

    Es existieren unterschiedliche psychologische Testverfahren (z.B. computergestützt oder in Fragebogenform ) mit deren Hilfe Aussagen zu Aufmerksamkeitsleistungen oder Konzentrationsleistungen getroffen werden können.


VIII  zusätzliche Untersuchungen
Bei bestimmten schlafmedizinischen Fragestellungen (z.B. zur Epilepsie-Diagnostik) sollten Patienten in einer neurologischen Abteilung mit neurologisch orientiertem Schlaflabor vorgestellt werden, um dort eine spezielle Diagnostik (z. B. 24 Stunden-EEG, Schlafentzugs-EEG) zu erhalten.
13. Was hat der Hals-Nasen-Ohren-Arzt mit einer Schlafapnoe-Erkrankung zu tun?
Nasenraum, Mundraum und Rachenraum gehören zum Fachgebiet der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.
HNO-Ärzte sind demzufolge die Spezialisten für den vorderen Teil der Atemwege.
 

Durch Verengungen der oberen Atemwege (beispielsweise  Nasenscheidewandverkrümmungen, vergrößerte Nasenmuscheln, vergrößerte Gaumenmandeln, Polypen und bei Kindern vergrößerte Rachenmandeln=Adenoide) kann es zur Nasenatmungsbehinderung und zur Mundatmung kommen und somit wiederum Schnarchen ausgelöst oder zumindest begünstigt werden. In Verbindung mit vergrößerten Gaumenmandeln, tiefhängendem schlaffen weichen Gaumen oder einem vergrößerten Zungengrund kommt es leicht zu Atemproblemen und nachfolgend auch zu Schlafstörungen.
Bei Kindern läßt sich die gesamte Schlafapnoe-Symptomatik oftmals durch eine Entfernung der Rachen- und/oder der Gaumenmandeln (die sogenannte Adenotomie bzw. Tonsillektomie) vollständig beseitigen (siehe Kapitel 20. „Gibt es Schlafapnoe auch bei Kindern?“)
 

Besteht daher der Verdacht auf eine Schlafapnoe oder ist gar eine Masken-Therapie (CPAP-Therapie) vorgesehen, sollte zuvor unbedingt eine Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Untersuchung erfolgen,  bei der die Luftdurchgängigkeit der oberen Atemwege und deren mögliche Behinderung ausgeschlossen wird. Die Luftdurchgängigkeit der Nase kann mit einer Messung (Rhinomanometrie) sehr exakt bestimmt werden und anhand der ermittelten Messwerte können Rückschlüsse auf die nächtliche Nasenatmung, bzw. deren Einschränkung gemacht werden. Dies ist auch ein wichtiger Parameter für den Erfolg einer bevorstehenden Therapie einer schwergradigeren Schlafapnoe mit der Maskenüberdruckbeatmung.
Ist der Atemweg durch ein Hindernis eingeengt, funktioniert die Masken-Therapie nicht (siehe Kapitel 17. „Wie behandelt man Schlafapnoe?“).
14. Kann man Schnarchen behandeln ?
Schnarchen ist seit Menschengedenken wohl ein Problem.
Alles, was die Atemwege erweitert und die Verengung der Atemwege vermindert, kann das Schnarchen in dem einen oder anderen Fall bessern.
Dazu gehören
  • Gewichtsabnahme
  • Alkoholverzicht
  • Schlafmittelverzicht usw.
  • HNO-ärztlich Operationen
Auf diese Maßnahmen wird im Kapitel 17. „Wie behandelt man Schlafapnoe?“ ausführlich eingegangen. 

Bislang gibt es noch keine Pille gegen das Schnarchen! 

Wer diese erfindet, braucht sicherlich nie mehr zu arbeiten; und seine Kinder und Enkelkinder auch nicht.
Im medizinischen Bereich der Antischnarch-Prothesen wurden viele Versuche unternommen.
Es gibt gebiss-ähnliche Prothesen, die man zur Nacht anlegt und die mit einem Stab die Zunge herunterdrücken und so versuchen, ein Zurückfallen der Zunge während des Schlafes zu verhindern. Diese Prothesen kosten etwa mehrere hundert Euro und besitzen nach wissenschaftlicher Studienlage nur bei etwa 15% der Schlafapnoe-Patienten ausreichende Wirksamkeit.
Es gibt speziell zahnärztlich angepasste Prothesen, die den Unterkiefer etwas nach vorne ziehen und dadurch den Rachenraum erweitern. Diese Prothesen sind z.T. leider unbequem zu tragen und verursachen häufig vermehrten Speichelfluß, Druckschmerzen an den Zähnen, am Zahnfleisch sowie Überbeanspruchungen des Kiefergelenkes. Sie kosten bis zu 1.000 €. Vor Anpassung ist daher eine kieferorthopädische/zahnärztliche Vorstellung erforderlich, um mittels besonderer Röntgentechniken pathologische Veränderungen des Kiefergelenks auszuschließen und einen Ausgangsbefund für  Vergleiche bei späteren Veränderungen am Kiefergelenk zu bekommen.
Es besteht die Möglichkeit über die Anpassung von termolabilen Kunststoff-Testprothesen kostengünstiger (ca. 40 € Materialkosten) den Effekt derartiger Unterkiefer-Protrusionsschienen zu überprüfen. Besonders Patienten mit einer Rückverlagerung des Unterkiefers (Retrognathie) sind für dieses Verfahren geeignet. Der Therapieerfolg sollte mittels polygraphischer oder polysomnographischer Messung ambulant oder im Schlaflabor überprüft werden.
Darüber hinaus gibt es noch jede Menge weiterer Modelle. Insgesamt sind die Erfolge mit Prothesen jedoch noch unbefriedigend, so dass diese Therapie nicht als Verfahren der ersten Wahl anzusehen ist. Bei einigen Patienten tritt unter der Prothese eine Besserung des Schnarchens ein.
Zu den operativen Möglichkeiten wird im Kapitel 17. „Wie behandelt man Schlafapnoe?“ ausführlich Stellung genommen.
Zusammenfassend gibt es also immer noch keine erfolgversprechende ursächliche Behandlung des Schnarchens. 

Aber wie gesagt: Es winken Ruhm und Reichtum für den, der eine findet!
15. Wann behandelt man Schlafapnoe?
Wenn ein Mensch mehr als 10 Atemaussetzer pro Stunde hat, so liegt definitionsgemäß eine Schlafapnoe-Erkrankung vor.
Man teilt den Schweregrad der Erkrankung nach der Anzahl der Atemaussetzer grob in 3 Gruppen ein:
Leichtgradig = 10 – 20 Aussetzer pro Stunde
Mittelgradig = 20 – 40 Aussetzer pro Stunde
Schwergradig = mehr als 40 Aussetzer pro Stunde.
Bei der Einschätzung des Schweregrades muss aber auch die Verteilung berücksichtigt werden. Wenn zum Beispiel ein Patient in 2 aufeinanderfolgenden Stunden 60 Atemaussetzer hat und in den anderen 4 Stunden seines Schlafes keinen Einzigen mehr, kommt er in der Berechnung auf einen Schnitt von 10 Aussetzern pro Stunde. Dieses gilt als gerade noch normal.
Trotzdem ist der Schlaf in den besagten 2 Stunden erheblich gestört, was durchaus zu Tagesmüdigkeit führen kann.
 

Desweiteren spielt auch die Länge der Atemaussetzer eine Rolle.
15 Atemaussetzer pro Stunde von gerade einmal 10 Sekunden Dauer sind sicherlich weniger schlimm als 10 Atemaussetzer pro Stunde, von denen jeder Aussetzer aber über 1 Minute dauert.
 

Auch das Ausmaß der Sauerstoffentsättigungen im Blut muss bewertet werden.
Sicherlich sind 20 Atemaussetzer pro Stunde, die zu keiner Sauerstoffentsättigung des Blutes führen, weniger gefährlich als 15 Atemaussetzer pro Stunde, bei denen der Sauerstoffgehalt im Blut um 50 % absinkt.
 

Auch hängt der Schweregrad der Erkrankung vom Ausmaß der Beeinträchtigung ab.
Es läßt sich leicht vorstellen, dass der Arzt einen Patienten mit nur 5 Atemaussetzern pro Stunde, der aber tagsüber kaum noch leistungsfähig ist, weil er ständig einschläft, behandeln wird, während er einen anderen Patienten mit der gleichen  Anzahl von Atemaussetzern, der überhaupt keine Beschwerden außer seinem Schnarchen hat, nicht behandeln wird.
 

Bei der Entscheidung, eine Therapie einzuleiten, müssen neben der Schwere einer Schlafapnoe-Erkrankung auch eventuelle Begleiterkrankungen berücksichtigt werden. Bei Atemstörungen bzw. Schlafstörungen nach einem Schlaganfall hat man herausgefunden, dass die geschädigten Körperfunktionen deutlich schneller wiederhergestellt werden, wenn man nicht nur den Schlaganfall, sondern auch die Schlafapnoe behandelt.
Gleiches gilt für das gleichzeitige Vorliegen von Schlafapnoe und Herzschwäche. Auch hier kann sich die Herzschwäche deutlich bessern, wenn man nicht nur diese, sondern auch die Schlafapnoe behandelt.
Wie schwergradig eine Schlafstörung also ist und ob man sie behandeln muss, hängt also nicht allein von der Anzahl der Atemaussetzer pro Stunde ab, sondern auch von anderen Faktoren.
Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Behandlung sollte daher dem Spezialisten überlassen werden.

16. Wie behandelt man Schlafapnoe?
So gut wie nie tritt eine spontane Besserung der Beschwerden im Laufe der Jahre ein.
Zumeist verschlimmert sich der Befund mit zunehmendem Lebensalter.
Dieses ist verständlich, wenn man bedenkt, dass viele Bindegewebe im Laufe des Lebens zunehmend erschlaffen und viele Muskeln an Ausprägung abnehmen und die Koordination der einzelnen, an der Atmung beteiligten Muskeln über die Innervation durch die Nervenbahnen schlechter wird, so dass letztlich ein Kollaps der oberen Atemwege begünstigt wird.
I Konservative (nicht-operative) Behandlung:
Gewichtsreduktion
Bei übergewichtigen Schlafapnoe-Patienten kann die alleinige deutliche Gewichtsreduktion als Therapie ausreichen. Die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten, (evtl. mit Unterstützung eines Ernährungsberaters) und vermehrte körperliche Betätigung sind daher die günstigsten und gleichzeitig ursächlich wirkenden Therapiemöglichkeiten bei obstruktiver Schlafapnoe.
Schlafhygiene
Unter „Schlafhygiene“ versteht man allgemeine Maßnahmen, die sich günstig auf die Schlafqualität und damit auch auf die Therapie einer Schlafapnoe auswirken.
Dazu zählen
  • Alkoholverzicht
  • Schlafmittelverzicht
  • regelmäßige Schlaf-Wach-Zeiten
  • ruhige nächtliche Umgebung und gemäßigte Zimmertemperatur
  • Vermeiden von Nacht- und Wechselschichten.
Bei einigen Patienten reichen allein diese Maßnahmen aus, die Beschwerden deutlich zu bessern.
In der überwiegenden Zahl der Fälle sind es aber nur Begleitmaßnahmen, die zusätzlich zu einer der nachfolgend beschriebenen Therapieformen durchgeführt werden.
Körperposition
Oftmals treten Atemaussetzer häufiger in Rückenlage als in Seiten- oder Bauchlage auf, was unter anderem dadurch zu erklären ist, dass in Rückenlage die Zunge nach hinten fällt und die Atemwege verschließt.
Aber nur in seltenen Fällen treten die Atemaussetzer ausschließlich in Rückenlage auf. Findet sich aber eine streng rückenlage-abhängige Schlafapnoe, so kann eine Lagerungs-Therapie erfolgreich sein.
Dazu wird ein Schaumstoffkeil in das Schlafanzugoberteil eingenäht, oder eine hierfür speziell entwickelte Rückenlageverhinderungsweste verwendet, so dass der Patient nicht mehr auf dem Rücken liegen kann und demzufolge keine Atemaussetzer mehr auftreten.
Auch sind Sensoren entwickelt worden, welche einen Warnton bei Rückenlage geben und über eine hierdurch ausgelöste Weckreaktion die Apnoe beenden sollen und den Patienten längerfristig konditionieren sollen, die Rückenlage zu verlernen. Studienergebnisse welche den Erfolg belegen, sind z.Zt. jedoch nur für die Rückenlageverhinderungswesten verfügbar.
Medikamentöse Therapie
Trotz vieler Versuche mit  verschiedensten Medikamenten hat sich bisher kein Medikament bewährt.
Retardiertes Theophyllin in einer Dosierung zwischen 100 und 500 mg (20 Minuten vor dem Schlafengehen) führte zu einer Reduktion der zentralen Apnoen durch eine Steigerung des Atemantriebs und zu einer Reduktion der apnoeassoziierten Weckreaktionen. (Javaheri et. Al. 1996, N Engl. J Med)
Aber
  • 20 % der Schlafapnoe-Patienten sprechen nicht an
  • es tritt ein Gewöhnungseffekt nach einigen Monaten ein
  • bei mittelschwerer und schwerer Schlafapnoe ist Theophyllin nicht
    erfolgreich.
Auch wurden vereinzelt Erfolge nach Gabe von Protriptylin, einem nicht müde machendem Antidepressivum berichtet.
Der Wirkstoff Azetazolamid führt über eine pH-Wert-Verschiebung im Blut  zu einer Steigerung des Atemantriebs. In Einzelfällen ist diese Therapie bei Patienten mit  zentralen Schlafanoen erfolgreich. Für die Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe besteht keine Wirksamkeit.
CPAP-Therapie
Die CPAP-Therapie ist die erfolgreichste Therapie einer Schlafapnoe.

Der Australier Sullivan fand 1981 heraus, dass man die kollapsgefährdeten, oberen Atemwege im Schlaf stabilisieren kann, wenn man über die Nase einen Überdruck zwischen 5 und 20 mbar  in den Atemwegen aufbaut. Auf diese Weise werden die Atemwege geschient (vergleichbar einem Fahrradschlauch, der aufgepumpt wird).
Man benötigt hierzu eine Druckluftpumpe (funktioniert wie ein Gebläse), ein Schlauchsystem und eine festsitzende Nasenmaske.
Sullivan nannte diese Therapie CPAP-Therapie (Continous Positiv Airway Pressure), weil durch diese Konstruktion kontinuierlich ein positiver Atemwegsdruck aufgebaut wird.

Durch die kontinuierliche Überdruckbeatmung kann man sowohl alle Schnarchgeräusche als auch alle Atemaussetzer vollständig beseitigen, allerdings nur für die Dauer dieser Beatmung. Der aufgebaute Druck ist jedoch nicht so hoch, dass der Patient „aufgeblasen“ wird, sondern lässt eine Ausatmung der eingeatmeten Luft zu.
Ein Druck von 12 mbar  auf den Atemwegen ist etwa so, wie wenn man auf der Autobahn bei Tempo 140 km/h den Kopf aus dem Fenster steckt und dann ein- und ausatmet.

Trotz dieser zunächst abschreckend anmutenden Therapie ist die Langzeitakzeptanz bei den Patienten sehr gut, zumal sich bei ~ 80 % der Patienten das Befinden nach Therapieeinleitung deutlich verbessert. Allerdings zeigten Studien, dass nach mehreren Jahren nur etwa 50% der Patienten das Gerät regelmäßig anwenden.

Nachteilig können sein
  • das Austrocknen der Mund – und Nasenschleimhäute. Dieses geschieht insbesondere, wenn der Mund in der Nacht geöffnet wird und der über die Nasenmaske aufgebaute Überdruck durch den Mund entweicht (hier kann die Verwendung einer Maske helfen, welche den Mund miteinschließt).
  • Durch die Austrocknung der Nasenschleimhaut kann diese anschwellen und die Nasenatmung behindern (dem kann man mit öligen Nasentropfen oder einem speziellen, teilweise bereits in die Geräte eingebauten Atemluftbefeuchter entgegenwirken) die Druckstellen im Bereich der Maske (es gibt inzwischen über 50 verschiedene Maskenformen und Maskengrößen von unterschiedlichen Herstellern, notfalls ist sogar die individuelle Anfertigung einer Nasenmaske für einen Patienten möglich)
  • die Bindehautreizung durch einen ständigen Luftstrom in Richtung der Augen bei geringen Maskenundichtigkeiten
  • die Lautstärke des Gerätes (die neuen Geräte-Generationen sind bereits im Vergleich zu ihren Vorgängern deutlich leiser geworden und werden in Zukunft noch leiser werden, darüber hinaus ist jedes Schnarchen deutlich lauter und störender als ein solches Gerät)
Viele Patienten sind der Meinung, sie schliefen mit offenem Mund. Dadurch würde über den Mund ständig Druck entweichen und eine Schienung der Atemwege unmöglich werden.
Glücklicherweise haben über 90 % aller Patienten im Schlaf den Mund geschlossen. Bei den wenigen, die den Mund regelmäßig öffnen, kommen Kinnbinden (die das Aufklappen des Mundes verhindern) oder Nasen-Mund-Masken (die sowohl Nase als auch Mund umschließen) zur Anwendung. Auch können spezielle Bissschilde aus Silikon verwendet werden, welche ein Entweichen der Luft aus dem Mund verhindern.
Die Einstellung auf eine solche CPAP-Therapie muß in einem Schlaflabor erfolgen.
Zum Einen ist sehr viel Erfahrung nötig, um die richtige Maske anzupassen. Zum Anderen – und das ist der Hauptgrund- benötigt jeder Patient sein spezielles Druckniveau und ggf. auch eine besonderen Modus der Druckeinstellung. Es ist nicht möglich, von der Anzahl der Atemaussetzer oder der Ausprägung der Schläfrigkeit auf die Höhe des benötigten Überdruckes zu schließen. Der Druck wird dementsprechend in der Therapie-Nacht so lange erhöht, bis keine oder nur noch wenige Atemaussetzer nachweisbar sind und der Schlaf sich wieder normalisiert hat. Selbstverständlich muß der Patient dazu während dieser Nacht wieder verkabelt werden.
In den Fällen, in denen das benötigte Druckniveau 12 mbar übersteigt oder der Patient den erreichten Überdruck nicht toleriert, kann ein sogenanntes BIPAP-Gerät (Bi-level Positiv Airway Pressure) eingesetzt werden, das beim jeden Ausatmen den Druck herunterreguliert und bei jedem Einatmen wieder erhöht.
Insbesondere für Patienten mit Herz-Vorerkrankungen, insbesondere einer Herzschwäche, einer koronaren Herzerkrankung sowie Herzmuskelerkrankungen ist diese Therapieform sinnvoll, da durch den geringeren Druck  während der Ausatmungsphase der Herzmuskel weniger Arbeit leisten muss.
Die derzeitige Entwicklung der Geräte geht hin zu einem automatischen oder auch sog. „intelligenten“ CPAP-Gerät, welches in der Lage ist, Atemaussetzer zu erkennen und dann selbständig das Druckniveau so lange erhöht, bis keine Atemaussetzer mehr auftreten und anschließend nach einer gewissen Zeit den Druck versuchsweise wieder absenkt. Die Geräte bezeichnet man als Auto-CPAP- bzw. APAP-Geräte.
Dadurch wird in Zukunft wahrscheinlich für viele Patienten die Therapie-Einstellung in einem Schlaflabor auf eine Nacht verkürzt werden können und auch Kontrolluntersuchungen nur noch auf einige wenige Problemfälle beschränkt werden.
Wenn auch Sie an einem Schlafapnoe-Syndrom leiden und über eine CPAP-Therapie nachdenken, dann sollten Sie aber wissen, dass jeder nCPAP-Modus Vor- und Nachteile haben kann.
In Deutschland werden alle drei Systeme, normales CPAP, Bi-level-Modus und Auto-CPAP angewendet. Welches dieser Systeme für Sie das Richtige ist, muss Ihr Arzt entscheiden.
Die CPAP-Therapie behandelt nur die Folgen (das heißt den Kollaps bzw. die Verengung der Atemwege) und nicht die Ursache der Erkrankung (die Erschlaffung der Muskulatur).
Wenn man die Therapie unterbricht oder beendet, treten innerhalb von 1 bis 3 Tagen die ursprünglichen Beschwerden wieder auf.
Daher ist die CPAP-Therapie eine lebenslange Therapie.
Wer sich aber einmal mit einem Betroffenen unterhalten hat oder selber betroffen ist und durch die Therapie seine Schaffenskraft am Tage wiedererhalten hat, der versteht, dass ein erfolgreich behandelter Patient sein CPAP-Gerät nie mehr freiwillig abgeben wird.
Kosten
Der Preis einer CPAP-Maske liegt zwischen € 150.- und  €250.-.
Eine individuell angefertigte Maske kostet etwa € 1000.-.
CPAP-Geräte liegen zwischen € 1800.- und  € 2500.-, BIPAP-Geräte zwischen €.3000.- und  € 3600.-.
Die Auto-CPAP-Geräte kosten je nach Hersteller um € 2500.-.
II Operative Behandlung: 

Bei Patienten, die an einem obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndrom erkrankt sind und bei denen eine anatomische Behinderung der Nasenatmung vorliegt, z.B. durch eine verbogene Nasenscheidewand und vergrößerte Nasenschwellkörper, erbringt eine operative Behebung der Nasenatmungsbehinderung in den meisten Fällen eine deutliche Besserung. Hier wird eine operative Begradigung der verbogenen Scheidewand (Septumplastik) in Kombination mit einer Verkleinerung der die Nase zu sehr einengenden vergrößerten Nasenschwellkörper (Nasenmuscheln=Conchae) am schonensten mittels laserchirurgischer Methoden (Laser-Conchotomie) vorgenommen. Bei Einengung des Rachens durch vergrößerte Gaumenmandeln, einen verdickten Zungengrund oder durch einen tiefhängenden weichen Gaumen muss nach vorheriger genauer Untersuchung durch einen Operateur mit viel Erfahrung in der Therapie von obstruktiven Schlafstörungen entschieden werden, ob eine Gaumenmandelentfernung (Tonsillektomie), und/oder ggf. operative Straffung des weichen Gaumens sinnvoll erscheint. Auch hier haben sich die gewebeschonenderen laserchirurgischen Verfahren (Laser-assozierte Uvulaplastik=LAUP) gegenüber den älteren radikaleren Operationsmethoden bewährt. Die klassische Uvula-Velo-Pharyngo-Plastik=UVPP führte in manchen Fällen zu einer unangenehmen, oftmals auch bleibenden Folge beim Schlucken von Speisen und Flüssigkeiten. Die Nahrung wird über den Rachen nach oben verschluckt und gelangt (quasi „von hinten“) in die Nase. Die Ursache war eine zu radikal durchgeführte operative Kürzung des weichen Gaumens. Durch die Anwendung der gewebeschonenderen laserchirurgischen Verfahren, wird diese unangenehme Komplikation vermieden.
Bei Patienten mit einer leichtgradigen Schlafapnoe oder bei denen nur ein obstruktives Schnarchen ohne Apnoen vorliegt, kann ein operativer Eingriff  im Bereich der oberen Atemwege, sofern er den sinnvoll erscheint, einen deutlichen Erfolg bringen. Bei Patienten mit einer schwergradigeren Schlafapnoe ist in den meisten Fällen eine Behandlung mittels Überdruckbeatmung (CPAP/VPAP-Therapie) und falls notwendig  eine kombinierte Therapie mittels oben genannter operativer Maßnahmen erfolgreich. Eine alleinige operative Behandlung bringt in diesen schweren Fällen  i.d.R. keine ausreichende Besserung der Erkrankung.
17. Welche anderen Krankheiten außer Schlafapnoe kommen noch als Ursache von Schlafstörungen in Frage ?
In der Fachsprache gehört die Schlafapnoe zu den sogenannten „schlafbezogenen Atemstörungen„. 

Unter diesen Oberbegriff fallen alle Erkrankungen, bei denen es im Schlaf durch unterschiedliche Ursachen zu Störungen der Atmung kommt mit der Folge von Schlafproblemen, Tagesmüdigkeit, Leistungsverlust und weiteren Symptomen. 

Man unterscheidet bei der Schlafapnoe eine obstruktive Form (Atemaussetzer durch Verengung bzw. Kollaps der Atemwege) von einer zentralen Form (Aussetzen der Atmung durch fehlenden Atemantrieb im Gehirn ohne Verengung der Atemwege).
In diesen Kapiteln wird ausschließlich die obstruktive Schlafapnoe besprochen. Die zentrale Schlafapnoe ist sehr viel seltener und wird daher hier nur am Rande erwähnt.
 

Weitere Erkrankungen, die mit Schlafproblemen, Tagesmüdigkeit und Leistungsverlust einher gehen können, sind u.a.:
  • Psychisch bedingte Schlafstörungen (besonders die sogen. Psychophysiologische Schlafstörung kommt häufig vor). Hierbei entwickeln die Betroffenen ungewollt Mechanismen und Verhaltensweisen, welche ein rasches Einschlafen verhindern. Typisch sind übertriebene Anstrengungen, schnell einschlafen zu können, Ärger über das Nicht-Einschlafen-Können, erhöhte körperliche Anspannung, z.T. mehrstündiges nächtliches Wachliegen.
  • Hypoventilationssyndrome (langanhaltende Minderatmung durch eine
    Fehlfunktion der körpereigenen Messfühler für Kohlendioxid und Sauerstoff, z.B. Undines Fluch-Syndrom)
  • Syndrom der periodischen Extremitätenbewegungen (das sogen. PLM-Syndrom: nächtliche Zuckungen der Beine und Arme führen immer wieder zu Weckreaktionen, daduch wird der normale Schlafablauf gestört; siehe Kapitel 10. „Wie unterscheidet man „gesunden“ Schlaf von „gestörtem“ Schlaf?“
  • Schlafstörungen durch äußere, beeinflussende Faktoren (z.B. bei schlechter Schlafhygiene, Lärmbelästigung, zu geringer Gesamtschlafdauer)
  • Störungen des 24 Stunden Schlaf-/ Wachrhythmus (z.B. nach Zeitzonenwechsel)
  • Parasomnien (Eine große Gruppe unterschiedlicher Schlafstörungen
    die beim Erwachen auftreten und mit auffälligen Verhaltensmustern einhergehen können. Hierzu zählen Aufwachstörungen wie Schlafwandeln und Schlaftrunkenheit, aber auch REM-Schlaf-abhängige Schlafstörungen wie Alpträume und Schlaflähmung sowie andere Schlafstörungen wie nächtliches Zähneknirschen, Einnässen )
  • Schlafstörungen bei körperlichen Erkrankungen (z.B schlafbezogenens Asthma bronchiale, gastroösophagealer Reflux im Schlaf)
  • Schlafstörungen bei neurologischen Erkrankungen (z.B. Hirnabbauerkrankungen wie Alzheimersche Erkrankung,  M. Parkinson, oder Epilepsien/Krampfleiden)
  • Schlafstörungen bei psychiatrischen Erkrankungen (z.B. Depressionen, Psychosen, Alkoholerkrankung oder Schlafmittelmissbrauch)
Nicht zuletzt können verschiedene andere körperliche Erkrankungen (z.B. bei Schmerzsyndromen, eine Schilddrüsenfunktionsstörung, Mineralstoffstörungen)
Schlafstörungen verursachen.
18. Autounfälle durch Schlafapnoe: „Ein unterschätztes Problem“ oder „Der schnelle Tod durch den Sekundenschlaf“!
Es gibt Schätzungen auf der Grundlage von Unfallstatistiken, das 20 – 25 % der Unfälle im Straßenverkehr durch Einschlafen am Steuer bedingt sind.
Damit gehört das Einschlafen am Steuer neben Alkohol und überhöhter Geschwindigkeit zu den häufigsten Ursachen von Verkehrsunfällen.
Oftmals verlaufen diese Unfälle besonders schwer, da der Fahrer keine Möglichkeit hat, überhaupt zu reagieren.
Das Unfallrisiko von Patienten mit Schlafapnoe ist gegenüber dem aller anderen Autofahrer nach Studienergebnissen um das 2,6-fache  bis 7 fache erhöht!
25 %, also ein Viertel aller Patienten mit Schlafapnoe schlafen nach eigener Auskunft regelmäßig einmal pro Woche am Steuer ein!
In einer amerikanischen Studie ließen sich bei amerikanischen Schlafapnoe-Patienten statistisch
vor CPAP-Therapie 0,93 Unfälle und Beinahe-Unfälle pro 10.000 Meilen durch Einschlafen am Steuer feststellen,
nach CPAP-Therapie fanden sich nur noch 0,4 Unfälle und Beinahe-Unfälle Meilen durch Einschlafen am Steuer pro 10.000 Meilen.
Bislang gibt es kein Gesetz, das Patienten mit Schlafapnoe das Autofahren untersagt, bis sie erfolgreich behandelt worden sind.
Selbst wenn jemand regelmäßig am Steuer einschläft und bereits mehrere Unfälle verursacht hat, darf er weiter Auto fahren.
 

Hier besteht sowohl bei den Betroffenen als auch bei der allgemeinen Bevölkerung noch Informations- und sicherlich auch Handlungsbedarf.
19. Gibt es Schlafapnoe auch bei Kindern ?
Schlafstörungen sind im Säuglings- und Kindesalter gar nicht so selten und können verschiedene Ursachen haben.
Unter anderem kann bereits im Kindesalter Schlafapnoe auftreten. Es kommt dann genauso wie beim Erwachsenen zu Schnarchen und Atemaussetzern.
Im Unterschied zur Schlafapnoe bei Erwachsenen, wo in der Regel ein Kollaps der Atemwege auftritt, hat die Atemwegsverengung bei Kindern aber meistens eine organische Ursache. Es liegt also ein direktes Hindernis vor, das die Atmung stört. In Frage kommen beispielsweise bei Säuglingen angeborene Fehlbildungen (Kieferspalten, Retrognathie = sogenanntes fliehendes Kinn), bei Kleinkindern massiv vergrößerte Rachen- oder Gaumenmandeln oder vergrößerte Nasenmuscheln.
Oftmals läßt sich die gesamte Schlafapnoe-Symptomatik durch eine operative Korrektur der Fehlbildung oder eine Entfernung der Rachen- und/oder  Gaumenmandeln (die sogenannte Adenotomie bzw. Tonsillektomie) vollständig beseitigen (siehe Kapitel 14. „Was hat der Hals-Nasen-Ohren-Arzt mit einer Schlafapnoe-Erkrankung zu tun?“).
Daher erübrigt sich bei Kindern in den allermeisten Fällen eine CPAP-Masken-Therapie.
20. Wo kann die große Schlaflabor-Untersuchung (Polysomnographie) durchgeführt werden ?

In Deutschland gibt es inzwischen flächendeckend Schlafzentren.
Derzeit sind etwas über 200 Schlaflabore von der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) anerkannt worden, das heißt,  diese Schlaflabore erfüllen die Qualitätskriterien, die die DGSM an ein Schlaflabor stellt. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Schlaflabore über die entsprechenden technischen und personellen Voraussetzungen verfügen, um Patienten mit Schlafstörungen nach aktuellem Wissensstand helfen zu können. Auch müssen sich diese Schlaflabore fortlaufenden regelmäßigen Kontrollen unterziehen, die die medizinische Arbeit in Diagnstik und Therapie überprüfen.