20. Wann gilt das Bronchialkarzinom als Berufserkrankung ?

Berufskrankheiten (BK) sind in der Bundesrepublik Deutschland im Anhang der Berufskrankheitenverordnung (BeKV) aufgeführt. Die Berufskrankheitenverordnung eröffnet Sozialleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Selbständige, Personen in einem Arbeits-, Dienst-, oder Ausbildungsverhältnis sowie teilweise auch für ehrenamtlich Tätige.
Voraussetzung (nach §551.1 der Reichsversicherungsordnung, seit 1997 nach SGB VII) ist, dass die Krankheiten nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.
Krankheiten, die nach neuen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen ebenfalls diese Voraussetzungen erfüllen, aber noch nicht in der neuesten Berufskrankheitenverordnung (BeKV) stehen (siehe unten das Beispiel “ Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe“), können wie Berufserkrankungen behandelt werden.
Ein Arzt ist verpflichtet, den begründeten Verdacht auf eine Berufserkrankung unverzüglich anzuzeigen.
In Bezug auf das Bronchialkarzinom sind viele krebserregende Schadstoffe inzwischen bekannt. Laut Berufskrankheitenverordnung (BeKV) ist die Anerkennung von Lungenkrebs als Berufskrankheit in den nachfolgend genannten Fällen möglich:
  1. Lungenkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis einer kumulativen Asbestfaserstaubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x  106  [Fasern pro m³] x Jahre) nach Nr. 4104 der BeKV.
  2. Bösartige Neubildung der Atemwege und der Lungen durch Nickel und seine Verbindungennach Nr. 4109 der BeKV
  3. Bösartige Neubildung der Atemwege und der Lungen durch Kokereirohgase nach Nr. 4110der BeKV

    Bei anderen Schadstoffen ist das Bronchialkarzinom nur eine von mehreren möglichen Erkrankungen, die durch diesen Schadstoff verursacht werden. Dazu zählen:
  4. Erkrankungen durch Arsen nach Nr. 1108 der BeKV
  5. Erkrankungen durch Chrom nach Nr. 1103 der BeKV
  6. Erkrankungen durch ionisierende Strahlen nach Nr. 2402 der BeKVZu den oben erwähnten Stoffen, die noch nicht in die Liste der Berufskrankheitenverordnung aufgenommen wurden, aber nach neuen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen ebenfalls diese Voraussetzungen erfüllen, zählen:
  7. Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bei
    Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 100 Benzo[a]pyren-Jahren [(µg/m³) x Jahre] als „Wie-BK“ gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII (§ 551 Abs. 2 RVO)
    Anerkannt wird außerdem:
  8. Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells und des Bauchfells nach Nr. 4105der BeKV
    Das Mesotheliom wird bei beruflichem Asbestkontakt auch ohne Nachweis von Faserjahren als Berufserkrankung anerkannt.
Die Begutachtung arbeitet in der Praxis mit Wahrscheinlichkeiten im Sinne einer „wesentlichen Teilursache“. Auf diese Weise können zum Beispiel auch Raucher ihr Bronchialkarzinom bei „ausreichend hoher“ Schadstoffexposition im Beruf anerkannt bekommen. Zu jeder oben genannten Listenkrankheit existiert ein Merkblatt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.