04. Wie macht sich Lungenkrebs bemerkbar ?

Lungentumoren machen in der Anfangsphase ihres Wachstums nur selten Beschwerden. Die nachfolgend aufgezählten „Frühsymtome“ sind zwar oft die ersten Krankheitsanzeichen, treten aber im eigentlichen Sinne nicht „früh“ auf. Kleine Bronchialkarzinome werden in aller Regel zufällig entdeckt.
A   Frühsymptome
Nicht selten beginnt die Erkrankung mit uncharakteristischen Beschwerden:
Müdigkeit, Leistungsminderung, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Fieber, Nachtschweiß
Charakteristische Lungen-Beschwerden treten leider häufig erst bei fortgeschrittener Erkrankung auf:
Husten (der länger als 2 Wochen andauert), Hämoptysen, Stridor, Luftnot, Thoraxschmerzen
Auch wiederkehrende („chronische“) Lungenentzündungen sollten dazu Anlass geben, die Lunge genauer zu untersuchen.
B1  Spätsymptome durch lokales Tumorwachstum
Heiserkeit infolge Stimmbandlähmung (durch Tumoreinwachsen in bzw. Tumorkompression des Nervus Recurrens), Atemnot und Schluckauf infolge Zwerchfelllähmung (durch Tumoreinwachsen in bzw. Tumorkompression des Nervus Phrenicus), Rippenfellergüsse (Pleuraergüsse, siehe auch Kapitel 6), Herzbeutelergüsse (Perikardergüsse),Schluckstörungen (durch Tumoreinwachsen in bzw. Tumorkompression der Speiseröhre) und eine Schwellung des Hals- und Gesichtsbereiches (obere Einflussstauung, siehe unten) können im späten Krankheitverlauf auftreten und sind Ausdruck eines bereits weit fortgeschrittenen Tumorleidens. In aller Regel ist der Tumor beim Auftreten dieser Symptome nicht mehr operabel.
B2  Spätsymptome durch Fernmetastasen
Zu den Spätsymptomen sind auch die durch Fernmetastasen ausgelösten Beschwerden zu rechnen. Nicht selten bleiben Metastasen aber symptomlos.
Zu den häufigsten Beschwerden zählen:
bei Hirnmetastasen Kopfschmerzen, Schwindel, Krampfanfälle,
schlaganfallartige Lähmungen, Persönlichkeitsveränderungen
bei Skelettmetastasen Knochenschmerzen, pathologische Frakturen
bei Lebermetastasen Übelkeit, Bauchschmerzen, Ikterus
  
  C   Weitere Komplikationen
  1. Obere Einflussstauung oder Vena-Cava-Superior-Syndrom Die bereits oben angesprochene obere Einflussstauung macht sich durch eine -häufig zunächst einseitige- Schwellung des Hals- und Gesichtsbereiches bemerkbar.
    Ursache ist eine tumorbedingte Einengung der oberen Hohlvene (Vena cava superior) im Bereich des Mediastinums mit der Folge eines erschwerten Blutabflusses aus der Kopf-Hals-Region.
    Die Behandlung besteht in einer raschen Einleitung der Therapie, zumeist einer gleichzeitigen („simultanen“) Bestrahlungs- und Chemotherapie.
  2. Paraneoplasien

    Als „Paraneoplasien“ bezeichnet man allgemeine oder spezielle Veränderungen des Körpers, die nicht durch ein direktes Tumorwachstum verursacht werden, aber trotzdem mit der Tumorerkrankung in Zusammenhang stehen.

    • Stoffwechsel-Veränderungen
      • Schwartz-Bartter-Syndrom oder SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion)
        Der Tumor produziert Anti-Diuretisches-Hormon (ADH), wodurch es zu einer Mineralstoffentgleisung (Hyponatriämie), Hirnschwellung, Schwindel, Erbrechen und weiteren neurologischen Symptomen kommt.
      • Cushing-Syndrom
        Der Tumor produziert Adreno-Cortico-Tropes-Hormon (ACTH), wodurch die körpereigene Cortisonproduktion gesteigert wird. In der Folge treten Stammfettsucht und Vollmondgesicht, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Muskelschwäche und einige weitere Veränderungen auf.
      • Hyperkalzämie
        Der Tumor produziert Parathormon-ähnliche Substanzen (PTHrH) und/oder Zytokine, die zu einer verminderten Kalziumausscheidung in der Niere und einer vermehrten Kalziumfreisetzung aus dem Knochen mit Erhöhung des Blutkalziumspiegels führen.
    • Knochen- und Hautveränderungen
      • Hypertrophe Osteoarthropathie
        Die hypertrophe Osteoarthropathie ist eine (gelegentlich schmerzhafte) Knochenverdickung -zumeist das Schienbein betreffend- mit Schwellung des umliegenden Gewebes.
      • Pierre-Marie-Bamberger-Syndrom
        Als „Pierre-Marie-Bamberger-Syndrom“ bezeichnet man die Kombination von hypertropher Osteoarthropathie und Trommelschlegelfingern (kolbenförmig aufgetriebene Fingerendglieder). Sie kommt ausschließlich beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom vor.
      • Acanthosis nigricans
        Als „Acanthosis nigricans“ bezeichnet man eine Schwarzfärbung, Verdickung und zum Teil warzenartige Veränderung der Haut.
    • Veränderungen an Nerven und Muskeln
      • Polyneuropathie
        Als „Polyneuropathie“ bezeichnet man umschriebene beidseitige Nervenstörungen in distalen Gliedmaßenbereichen. Sie liegen zumeist in Form einer Abschwächung der Berührungsempfindlichkeit, oftmals auch in Form von Missempfindungen (beispielsweise Kribbeln), selten in Form von Lähmungserscheinungen vor.
      • Myopathie
        Muskelschwäche ist das Hauptsymptom einer „Myopathie“. Im Rahmen paraneoplastischer Veränderungen können sowohl die gesamte Muskulatur als auch nur umschriebene Muskelgruppen betroffen sein.
      • Lambert-Eaton-Syndrom
        Das Lambert-Eaton-Syndrom bezeichnet eine Schwäche und vorzeitige Ermüdbarkeit überwiegend stammnaher Extremitätenmuskeln (Oberarme, Oberschenkel). Man spricht auch von „Pseudomyasthenie“. Es tritt vorwiegend beim kleinzelligen Bronchialkarzinom auf.
    • Veränderungen des Blutes
      Durch Veränderungen in der Blutgerinnung treten im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen vermehrt Thrombosen und Lungenembolien auf.

    Paraneoplastische Veränderungen verschwinden häufig, wenn das Bronchialkarzinom behandelt wird. Eine Behandlung der  paraneoplastischen Beschwerden selbst ist ohne Behandlung des Grundleidens oft erfolglos und wird nur selten durchgeführt.

     

  3. Tumoranämie
    Die Anämie stellt eine häufige Begleiterscheinung von Bronchialkarzinomen dar und wird sowohl durch eine Produktionsstörung der roten Blutkörperchen als auch durch vermehrten Abbau verursacht.
  4. Tumorfieber
    Gelegentlich kann eine Tumorerkrankung wiederholte Fieberschübe auslösen, ohne das ein Infekt vorliegt.
    Bei Nachweis von Tumorfieber wird ein Behandlungsversuch mit Cortison unternommen.
  5. Pancoast-Tumoren
    Dieser in der Lungenspitze gelegene Tumor weist ein typisches Beschwerdebild auf und wird gesondert besprochen.