Fragen und Antworten zu Lungenkrebs

20. Wann gilt das Bronchialkarzinom als Berufserkrankung ?

Berufskrankheiten (BK) sind in der Bundesrepublik Deutschland im Anhang der Berufskrankheitenverordnung (BeKV) aufgeführt. Die Berufskrankheitenverordnung eröffnet Sozialleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Selbständige, Personen in einem Arbeits-, Dienst-, oder Ausbildungsverhältnis sowie teilweise auch für ehrenamtlich Tätige.
Voraussetzung (nach §551.1 der Reichsversicherungsordnung, seit 1997 nach SGB VII) ist, dass die Krankheiten nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.
Krankheiten, die nach neuen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen ebenfalls diese Voraussetzungen erfüllen, aber noch nicht in der neuesten Berufskrankheitenverordnung (BeKV) stehen (siehe unten das Beispiel “ Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe“), können wie Berufserkrankungen behandelt werden.
Ein Arzt ist verpflichtet, den begründeten Verdacht auf eine Berufserkrankung unverzüglich anzuzeigen.
In Bezug auf das Bronchialkarzinom sind viele krebserregende Schadstoffe inzwischen bekannt. Laut Berufskrankheitenverordnung (BeKV) ist die Anerkennung von Lungenkrebs als Berufskrankheit in den nachfolgend genannten Fällen möglich:
  1. Lungenkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis einer kumulativen Asbestfaserstaubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x  106  [Fasern pro m³] x Jahre) nach Nr. 4104 der BeKV.
  2. Bösartige Neubildung der Atemwege und der Lungen durch Nickel und seine Verbindungennach Nr. 4109 der BeKV
  3. Bösartige Neubildung der Atemwege und der Lungen durch Kokereirohgase nach Nr. 4110der BeKV

    Bei anderen Schadstoffen ist das Bronchialkarzinom nur eine von mehreren möglichen Erkrankungen, die durch diesen Schadstoff verursacht werden. Dazu zählen:
  4. Erkrankungen durch Arsen nach Nr. 1108 der BeKV
  5. Erkrankungen durch Chrom nach Nr. 1103 der BeKV
  6. Erkrankungen durch ionisierende Strahlen nach Nr. 2402 der BeKVZu den oben erwähnten Stoffen, die noch nicht in die Liste der Berufskrankheitenverordnung aufgenommen wurden, aber nach neuen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen ebenfalls diese Voraussetzungen erfüllen, zählen:
  7. Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bei
    Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 100 Benzo[a]pyren-Jahren [(µg/m³) x Jahre] als „Wie-BK“ gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII (§ 551 Abs. 2 RVO)
    Anerkannt wird außerdem:
  8. Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells und des Bauchfells nach Nr. 4105der BeKV
    Das Mesotheliom wird bei beruflichem Asbestkontakt auch ohne Nachweis von Faserjahren als Berufserkrankung anerkannt.
Die Begutachtung arbeitet in der Praxis mit Wahrscheinlichkeiten im Sinne einer „wesentlichen Teilursache“. Auf diese Weise können zum Beispiel auch Raucher ihr Bronchialkarzinom bei „ausreichend hoher“ Schadstoffexposition im Beruf anerkannt bekommen. Zu jeder oben genannten Listenkrankheit existiert ein Merkblatt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

19. Gibt es neben Bronchialkarzinomen und Lungenmetastasen noch andere Lungentumoren und wie werden diese festgestellt und behandelt ?

A Bösartige Tumoren
1. Pleuramesotheliom
Das Pleuramesotheliom ist ein bösartiger bindegewebiger („mesenchymaler“) Tumor, der nicht direkt aus Lungen- oder Bronchialgewebe, sondern aus Zellen des Rippenfells entsteht.
Er unterscheidet sich vom Lungenkrebs (dem Bronchialkarzinom) durch
  1. eine unterschiedliche Erkrankungsentstehung
  2. ein unterschiedliches Wachstumsverhalten
  3. eine unterschiedliche Lebenserwartung
  4. eine unterschiedliche Therapie.
Deutlich größer als beim Bronchialkarzinom ist der Einfluss von Asbest. Der überwiegende Anteil von Pleuramesotheliomen ist auf die schädigende Einwirkung von Asbestfasern zurückzuführen. Daher gilt es als Signaltumor für Asbestkontakt, selbst wenn die Quelle der Asbestexposition unklar bleibt.
Der Tumor entwickelt sich sehr spät, oft erst 30-40 Jahre nach der Asbestexposition.
Auf Grund dieser langen Latenzzeit ist mit einer kontinuierlichen Zunahme der  Pleuramesotheliome bis etwa zum Jahr 2015 zu rechnen, da noch bis etwa 1980 steigende Mengen von Asbest in den entsprechenden Berufszweigen verwendet wurden.
Strahlung und genetische Faktoren sind selten Auslöser der Erkrankung, Rauchen spielt vermutlich keine Rolle.
Die Symptome eines Pleuramesothelioms sind vergleichbar mit denen eines Bronchialkarzinoms, am häufigsten sind Schmerzen im Brustwandbereich und Luftnotdurch einen begleitenden Rippenfellerguss.
Im Rahmen der Diagnostik kommen ebenfalls die gleichen Methoden zur Anwendung wie beim Bronchialkarzinom, die entscheidende diagnostische Methode zur Sicherung des Gewebetyps ist aber nicht die Bronchoskopie, sondern die Rippenfellpunktion mit Biopsieentnahme bzw. die Rippenfell-Spiegelung (Thorakoskopie) mit Biopsieentnahme.
Hinsichtlich des Gewebetyps unterscheidet man
  1. epitheliale Pleuramesotheliome
  2. sarkomatöse Pleuramesotheliome
  3. gemischförmige Pleuramesotheliome

Epitheliale Pleuramesotheliome haben eine günstigere Prognose.

Pleuramesotheliome wachsen oftmals flächig entlang des Rippenfells und greifen auf das Mediastinum, das Zwerchfell und die Brustwand über. Fernmetastasen sind dagegen selten.
Auch das Pleuramesotheliom wird gemäß TNM-Stadium nach UICC eingeteilt:
                TNM-KLASSIFIKATION 
  TUMOR
T1  Tumor begrenzt auf das gleichseitige Rippenfell (ipsilaterale parietale und/oder viscerale) Pleura
T2 Einwachsen des Tumors in die Brustwandfaszie / das Zwerchfell /den Herzbeutel / die gleichseitige Lunge
T3 Einwachsen des Tumors in die gleichseitige Brustwandmuskulatur / die Rippen / das Mediastinum
T4 Einwachsen des Tumors in das gegenseitige Rippenfell / die gegenseitige Lunge / das Bauchfell Bauchorgane / Halsstrukturen
  LYMPHKNOTEN
N0 kein Lymphknotenbefall
N1 Befall von Lymphknoten entlang der Bronchien und/oder Hiluslymphknoten auf der betroffenen Seite (ipsilateral)
N2 Befall von Lymphknoten im Bereich des Mittelfells auf der betroffenen Seite (ipsilaterale mediastinale Lymphknoten)
N3 Befall von Lymphknoten im Bereich des Mittelfells oder des Hilus auf der gegenüberliegenden Seite (kontralaterale mediastinale / hiläre Lymphknoten) / Befall von Lymphknoten oberhalb des Schlüsselbeines (supraklavikuläre Lymphknoten)
  METASTASEN
M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar
M1 Fernmetastasen nachweisbar
Ausgehend von der angeführten TNM-Klassifikation findet dann die Zuordnung zu den einzelnen Tumorstadien wie folgt statt:
STADIENEINTEILUNG
Stadium Tumor Lymphknoten Metastasen
I T1
T2
N0 M0
II T1
T2
N1
N1
M0
M0
III T1
T2
T3
N2
N2
N1
M0
M0
M0
IV T4
Jedes T
Jedes T
Jedes N
N3
Jedes N
M0
M0
M1
Ebenfalls geläufig ist die Stadieneinteilung nach Butchart, die hier nicht explizit aufgeführt wird.
Die Therapie besteht nach Möglichkeit in einer Operation, der sogenannten radikalen Pleuro-Pneumonektomie. Auf Grund des Umfanges dieses Eingriffs (Entfernung von einem Lungenflügel samt umgebendem Rippenfell und gleichseitigen mediastinalen Lymphknoten sowie oftmals noch Anteilen der Brustwand, der Rippen, des Zwerchfells und des Herzbeutels), dem erheblichen Komplikationsrisiko und der trotzdem noch hohen Rezidivrate wird er nur selten durchgeführt.
Als Operationsvoraussetzungen sind heutzutage weitgehend anerkannt:
  1. Epitheloider Gewebetyp
  2. Patient unter 50 Jahren
  3. Kein Tumorbefall der mediastinalen Lymphknoten.

Diagnostisch wird vor einer Operation neben den auch beim Bronchialkarzinom üblichen Staging-Untersuchungen (siehe Kapitel 10) eine Thorakoskopie und eine Laparoskopie gefordert.
Die in den letzten Jahren in einigen Zentren nach der Operation zusätzlich verabreichte photodynamische Therapie der Rest-Thoraxhöhle (siehe auch Kapitel 13) hat eine hohe Sterblichkeitsrate (insbesondere Infekte und Herzinfarkte) und wird noch nicht routinemäßig eingesetzt.
Eine Bestrahlungstherapie ist angesichts der oft breiten Tumorausdehnung schwierig und ohne gesicherten Einfluss auf die Gesamtlebenszeit. Gelegentlich wird sie trotzdem zur Schmerzbekämpfung und auch adjuvant nach Pleuro-Pneumonektomie durchgeführt.
Auch die Ergebnisse der Chemotherapie (Kombinationen Cisplatin/Doxorubicin, Doxorubicin/Ifosphamid und einige mehr) sowie der Immuntherapie (Interferon gamma) sind enttäuschend.
Letztendlich bleibt es daher oft allein bei unterstützenden Maßnahmen wie Schmerzstillung und Entlastung und Verklebung von begleitenden Rippenfellergüssen (Pleurodese).

Die Prognose der Pleuramesotheliome ist mit und ohne Therapie schlecht, auch eine radikale Operation verlängert die Überlebenszeit durchschnittlich nur um einige Monate.
Die mittlere Überlebenszeit beträgt je nach Tumorstadium etwa 5 – 18 Monate, ein Langzeitüberleben kommt insbesondere beim epitheloiden Typ gelegentlich vor, eine Heilung ist extrem selten.
2. Karzinoide
Ungefähr 4 % aller Lungentumoren sind Karzinoide. Das Karzinoid ist wie das Bronchialkarzinom ein lungeneigener Tumor, der aber von einer speziellen Zelle, der neuroendokrinen Kulschitzky-Zelle des Bronchialepithels, ausgeht.
Die Symptome eines Bronchuskarzinoids sind vergleichbar mit denen eines Bronchialkarzinoms.
Im Rahmen der Diagnostik kommen ebenfalls die gleichen Methoden zur Anwendung wie bei einem Bronchialkarzinom.
Bronchoskopisch imponiert des Karzinoid typischerweise als rötlicher, kugeliger, polypenartiger und bei Berührung stark blutender Tumor. Es wächst häufiger (~ in 80%) als die übrigen Lungentumoren direkt in den großen Bronchien. Die sichere Abgrenzung von anderen Lungentumoren ist aber auch in diesem Fall nur mittels Gewebeentnahme möglich.
Darüber hinaus werden die üblichen Staging-Untersuchungen eingesetzt, einschließlich der Untersuchung anderer Organe und der Herz-Kreislauf-Lungen-Funktionsdiagnostik.
Karzinoide sind in ihrem Wachstumsverhalten unterschiedlich aggressiv (von fast gutartig bis extrem bösartig). Sie metastasieren nicht selten in angrenzende Lymphknoten. Fernmetastasen in anderen Organen kommen aber seltener vor als beim Bronchialkarzinom.
Die Therapie besteht wie beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom nach Möglichkeit in einer Operation entsprechend den vorgegebenen anatomischen Unterteilungen (Lobektomie, Bilobektomie usw., siehe Kapitel 11).
Auf eine Bestrahlungstherapie spricht das Karzinoid in der Regel wenig an. Auch die Ergebnisse der Chemotherapie sowie der Immuntherapie (Interferon gamma) sind schlecht.
Nach radikaler Entfernung ist die Prognose gut. Die 5-Jahres-Überlebens-Rate beträgt etwa 80 % und liegt damit deutlich höher als die von Bronchialkarzinomen.
Selbst bei metastasierendem Bronchuskarzinoid liegt die 5-Jahres-Überlebens-Rate noch bei etwa 20 %.
3. Sarkome
Sarkome sind Tumoren, die vom Weichteilgewebe (Mesenchym) ihren Ausgang nehmen. Innerhalb der Lunge können Bindegewebszellen, Knorpelzellen oder glatte Muskelzellen entarten.
Beschwerdebild und diagnostische Maßnahmen sind vergleichbar dem Bronchialkarzinom.
Die Operation ist die Therapie der Wahl. Nicht-operable Sarkome werden mit Bestrahlungstherapie und/oder Chemotherapie behandelt.
Die  Prognose ist schlecht. Die 5-Jahres-Überlebens-Rate beträgt insgesamt nur 5 – 25 %.
Es existieren noch einige weitere eigenständige bösartige Lungentumoren, die jedoch auf Grund ihrer extremen Seltenheit nicht aufgeführt werden.

B Gutartige Tumoren
  1. Bronchialadenome (gutartiger Drüsentumor)
  2. Chondrome (Knorpel-Geschwulst)
  3. Osteome (Knochen-Geschwulst)
  4. Fibrome (Bindegewebs-Geschwulst)
  5. Lipome (Fettgewebs -Geschwulst)
  6. Tuberkulome (oft verkalktes Narbengewebe nach abgeheilter Lungentuberkulose)
Bis auf Tuberkulome kommen die genannten gutartigen Lungentumoren selten vor.
Thymusdrüsentumoren (Thymome), Speiseröhrentumoren (Ösophaguskarzinome) und Lymphknotenkrebs (Lymphome) sind typische Tumoren des Mittelfell-Raumes (Mediastinums). Sie entstehen aber nicht innerhalb der Lunge aus lungeneigenen Zellen oder aus Rippenfell-Zellen.

18. Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Lungenmetastasen ?

Wenn Lungenmetastasen von Nicht-Lungen-Tumoren (zum Beispiel Darmkrebs, Nierenkrebs, Brustkrebs u.s.w.) vorliegen, ist eine operative Entfernung der Metastasen zu erwägen.
Voraussetzungen zur Metastasenentfernung sind:
  1. Der Ausgangstumor (Primärtumor) ist vollständig entfernt oder zerstört worden.
  2. Es liegen keine weiteren Metastasen in anderen Organen vor.
  3. Die Metastase(n) sitzt (sitzen) an Stellen, die gut operiert werden können (nicht im Bereich der Hili).
  4. Der Patient ist von Seiten seiner Lungenfunktion und seines Herz-Kreislaufzustandes operabel.
  5. Es bestehen keine anderen Therapiealternativen (ist ein Tumor beispielsweise gut durch Chemo- oder Hormontherapie behandelbar, so würde man zunächst diese Therapieform versuchen).
Im Gegensatz zu primären Bronchialkarzinomen werden Lungenmetastasen Lungengewebe-sparend operiert, dass heißt der Operateur entfernt nach Möglichkeit nur die Metastase und nicht den gesamten Lungenlappen.
Durch eine vollständige Entfernung der Lungenmetastasen und des Ausgangstumors kann im Einzelfall eine Heilung erreicht werden.
Ein betroffener Patient muss sich jedoch darüber im Klaren sein, das im Falle einer bereits metastasierten Krebserkrankung (bis auf einige wenige spezielle Krebserkrankungen wie zum Beispiel Lymphknotenkrebs oder Hodenkrebs) die Chancen auf eine vollständige Heilung sehr gering sind.
Handelt es sich bei dem Ausgangstumor um einen lungeneigenen Tumor (Bronchialkarzinom) und finden sich neben dem primären Bronchialkarzinom bereits weitere Lungenmetastasen, so werden weder der Primärtumor noch die Lungenmetastase operiert, da sich in vielen Untersuchungen herausgestellt hat, dass die Lebenserwartung operierter Patienten gegenüber der Lebenserwartung nicht-operierter Patienten nicht verbessert wird.
Einzig wenn die Metastase(n) im selben Lungenlappen wie der Ausgangstumor gelegen ist (sind), wird eine Operation angestrebt, da dann die Lebenserwartung deutlich höher und sogar eine Heilung möglich ist.
Abweichungen von dem beschriebenen Vorgehen ergeben sich gelegentlich in akuten Notfallsituationen, die den Arzt zum Handeln zwingen. So würde eine Metastasenblutung, die mit anderen Maßnahmen nicht zum Stillstand gebracht werden kann, operiert werden, sofern der Patient operationsfähig ist und nach der Operation noch eine akzeptable Lebensqualität und Lebensdauer zu erwarten ist.

17. Gibt es Früherkennungsmethoden von Lungenkrebs ?

Lungenkrebs hat bis heute eine sehr schlechte Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 5 – 13 %. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto größer sind die Heilungsaussichten. Daher wurden neben Röntgenverfahren auch andere Methoden zur Früherkennung entwickelt. Bislang hat aber keine Methode so überzeugt, dass sie Eingang in die Routinediagnostik gefunden hat und für alle Menschen uneingeschränkt empfohlen werden kann.
Röntgen-Reihen-Untersuchungen
Bei der Anwendung von Röntgen-Thorax-Aufnahmen zur Frühdiagnostik ist immer zu berücksichtigen, dass Tumoren erst ab einem Durchmesser von etwa 1 cm erkennbar werden. 13-15 % der neu diagnostizierten Bronchialkarzinome sind im Röntgenbild nicht zu sehen.
Große Studien mit bis zu 30.000 Patienten haben ergeben, dass bei 4-6 monatlichen Kontrollen des Röntgen-Thorax-Bildes [teilweise sogar in Kombination mit einer gezielten Befragung nach Symptomen und einer Sputumzytologie (siehe unten)] zwar die Rate an Früherkennungen und damit die Rate an Krebsoperationen steigt, sich die Gesamtüberlebenszeit dieses Patientenkollektivs im Vergleich zu nicht routinemäßig untersuchten Patienten aber nicht nachweislich verbessert.
Demzufolge werden regelmäßige Röntgen-Thorax-Untersuchungen der gesamten Bevölkerung nicht empfohlen.
Regelmäßige Röntgen-Thorax-Untersuchungen von Risikogruppen scheinen sich hingegen in einem statistischen Gewinn an Lebensjahren niederzuschlagen. Daher wird bei Rauchern über 45 Jahren, die eine Packung und mehr pro Tag rauchen sowie bei beruflich Schadstoffexponierten (Asbestkontakt, Radonkontakt) eine Röntgen-Thorax-Kontrolle in etwa jährlichen Abständen empfohlen.
Nach wie vor stellt aber Nichtrauchen und Nichtröntgen eine wirkungsvollere Maßnahme dar als Rauchen und Röntgen.
Sputumzytologie und DNA-Bildzytometrie
Auswurf (Sputum) kann aufgearbeitet und nach Färbung unter dem Mikroskop auf maligne und dysplastische Zellen untersucht werden (Sputumzytologie).
Benutzt man dieses Verfahren zur Diagnosesicherung bei bestehendem Tumorverdacht, so beträgt die Sensitivität (Empfindlichkeit) durchschnittlich 64 %, die Spezifität (Sicherheit der Diagnose) ist mit durchschnittlich 97 % sehr hoch.
3 Proben von 3 verschiedenen Tagen sind ausreichend.
Die Treffsicherheit hängt nicht vom Tumorstadium, Tumortyp (kleinzellig/nicht-kleinzellig) oder Sitz des Tumors, sondern von der Qualität des Sputums („Auswurf aus der Tiefe“), der sorgfältigen Aufbereitung des Materials und der Erfahrung des Untersuchers ab.
Benutzt man dieses Verfahren bei beschwerdefreien Risiko-Patienten zur Frühdiagnostik, so findet man sicherlich seltener Tumorzellen als bei Patienten mit bereits bestehendem Tumorverdacht, jedoch bleibt die Empfindlichkeit ähnlich hoch. Leider ist dieses Verfahren sehr personal und damit kostenaufwendig (ca. 8 Minuten pro Probe) und es gibt nicht nur in Deutschland zu wenig qualifizierte Laboratorien mit geschultem Personal, um diese Methode auf viele Patienten auszuweiten.
Daher wurde versucht, die Zelluntersuchung zu automatisieren. Dazu mißt man den DNA-Gehalt der Zellkerne (Erbsubstanz) halbautomatisch mittels eines sogenannten DNA-Bildzytometers. Dysplastische oder bereits bösartige Zellen besitzen einen höheren DNA-Gehalt („Aneuploidie“). Die Treffsicherheit dieses Verfahrens ist durchaus hoch, jedoch sind die Geräte den Erfordernissen der Sputumuntersuchung noch nicht ausreichend angepasst.
Dementsprechend sind weder die Sputum-Zytologie noch die DNA-Zytometrie etablierte Früherkennungsmethoden.
Autofluoreszenz-Bronchoskopie
Das Prinzip der Autofluoreszenz-Bronchoskopie basiert auf der Anwesenheit von natürlichen Farbstoffen (Chromophoren) in der Bronchialschleimhaut.  Nach Stimulation durch Licht einer bestimmten Wellenlänge (Blaulicht) senden diese Farbstoffe Fluoreszenzlicht aus. Im Bereich bösartiger Schleimhautveränderungen schwächt sich sowohl das eindingende als auch das austretende Licht ab, was zu einer bronchoskopisch sichtbaren Änderung der Schleimhautfarbe führt. Diese Stellen können dann gezielt biopsiert und auf Krebszellen untersucht werden.
Bei der Suche nach tumorösen Veränderungen im Frühstadium bietet diese Methode einen leichten Zugewinn an Informationen gegenüber der alleinigen „normalen“ Weißlicht-Bronchoskopie. Ebenso kann sie gezielt in den Fällen eingesetzt werden, in denen Tumorzellen nachgewiesen wurden, ohne das sich im Röntgenbild oder in der Computertomographie tumorverdächtige Veränderungen abgrenzen ließen.
Empfehlungen, beschwerdefreie Risikogruppen regelmäßig fluoreszenz-bronchoskopisch zu untersuchen, können angesichts der wenigen, bisher durchgeführten Studien nicht ausgesprochen werden. Bislang hat diese Methode zur Krebs-Früherkennung beschwerdefreier Patienten nicht überzeugt.

16. Ist Lungenkrebs heilbar ?

Insgesamt sind die Aussichten einer Heilung von Lungenkrebs leider trotz aller Fortschritte in der Medizin immer noch sehr schlecht. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt weltweit bei 5 – 13 % aller Patienten.
Aufgrund der schlechten Heilungsrate und weil es im Gegensatz zu anderen Krebserkrankungen eindeutige Risikofaktoren gibt, ist bei Lungenkrebs die Prophylaxe, also die Vermeidung krebserregender Stoffe wie Nikotin und Asbest, so wichtig.
Im Falle einer Früherkennung des Lungenkrebs noch im Anfangsstadium steigen bei entsprechender Therapie die 5-Jahres-Heilungsraten auf 50 – 70 % an. Es gibt daher Versuche, Früherkennungsmethoden zu entwickeln und einige Ansätze erscheinen erfolgsversprechend, jedoch hat bislang keine Methode so überzeugt, dass sie sich weltweit durchgesetzt hätte (siehe Kapitel 18).
Einen Überblick über die 5-Jahres-Überlebensrate in Abhängigkeit vom Tumorstadium (siehe auch Kapitel 11) bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen gibt die nachfolgende Tabelle. Da sich die Angaben in den verschiedenen Studien um einige Prozentpunkte unterscheiden, kann nur eine ungefähre Größenordnung angegeben werden.
NICHT-KLEINZELLIGE BRONCHIALKARZINOME
Tumor-Stadium TNM-Klassifikation 5-Jahres-Überlebensrate
 I A  T1 N0 M0  ~ 65 %
 I B  T2 N0 M0  ~ 45 %
 II A  T1 N1 M0  ~ 40 %
 II B  T2 N1 M0
T3 N0 M0
 ~ 30 %
 III A  T3 N1 M0
T1-3 N2 M0
 ~ 15 %
 III B  T1-4 N3 M0
T4 N1-3 M0
 ~ 5 %
 IV  T1-4 N1-3 M1  ~ 1 %
Kleinzellige Bronchialkarzinome haben die schlechteste Prognose aller Bronchialkarzinome.
Unbehandelt beträgt die mittlere Überlebenszeit aller kleinzelligen Bronchialkarzinome etwa 3 Monate, die 1-Jahres-Überlebensrate etwa 4%.
Behandelt liegen die mittleren Überlebenszeiten beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „limited disease“ bei etwa 1 Jahr, beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „extensive disease“ bei 7-9 Monaten.
Die 5-Jahres-Überlebensrate beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „limited disease“ beträgt etwa 6%, beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „extensive disease“ weniger als 1%.
Eine Übersicht gibt die folgende Tabelle, die sich an der Stadien-Einteilung kleinzelliger Bronchialkarzinome nach der Marburger Klassifikation orientiert (siehe auch Kapitel 11):
KLEINZELLIGE BRONCHIALKARZINOME 
 Tumor-Stadium  Mittlere Überlebenszeit 2-Jahres-Überlebensrate 
 VLD  ~ 17 Monate  ~ 30 %
 LD  ~ 12 Monate  ~ 20 %
 ED I  ~ 11 Monate  ~ 11 %
 ED II A  ~ 9 Monate  ~ 4 %
 ED II B  ~ 6 Monate  ~ 1 %
  
Die größten Heilungschancen haben kleinzellige Bronchialkarzinome im Stadium „limited disease“, die
  • bei präoperativ nicht feststellbarem Gewebetyp zunächst operiert und anschließend kombiniert chemo- und strahlentherapiert werden oder
  • unter kombinierter Chemotherapie und Bestrahlungstherapie in die Vollremission kommen (kein nachweisbarer Resttumor) und anschließend in üblicher Weise operiert werden.

Kleinzellige Bronchialkarzinome im Stadium „extensive disease“ können nicht geheilt werden, das Erreichen eines Langzeitüberlebens stellt eine extreme Rarität dar.

15. Welche neuen Therapieansätze gibt es ?

Der größte Teil der Bronchialkarzinom-Forschung beschäftigt sich mit der Verbessung der bereits bestehenden Therapieverfahren, beispielweise der Austestung neuer Chemotherapie-Kombinationen, der Modifikation der Strahlentherapie oder der Kombination von beidem.
Immuntherapie oder Gentherapie sind derzeit noch experimentell und werden nur im Rahmen von Studien durchgeführt. Fortschritte, die einen baldigen Eingang dieser Therapiemethoden in die klinische Routine erwarten lassen, sind noch nicht zu sehen.

14. Welche Möglichkeiten bietet die multimodale Therapie ?

In den letzten Jahren wurde in Zusammenhang mit der Behandlung des Bronchialkarzinoms der Begriff „multimodale Therapie“ geprägt.
In Bezug auf das Bronchialkarzinom bedeutet „multimodal“ die Anwendung mehrerer Therapieverfahren (Operation, Chemotherapie und Bestrahlungstherapie), um das bestmögliche Behandlungsergebnis und die größtmögliche Heilungschance zu erreichen (siehe auch Kapitel 12).
Gerade aufgrund der schlechten Heilungsaussichten des Bronchialkarzinoms gab es und gibt es immer wieder Bestrebungen, die Therapie zu verbessern.
Bei den nicht-kleinzelligen Tumoren (Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom, Großzelliges Karzinom) bietet eine Operation die größte und leider zumeist auch einzige Chance auf eine Heilung.
Nach Möglichkeit sollten diese Tumoren also operiert werden.
Bei Tumoren im Stadium III A, also Tumoren, die lokal weit fortgeschritten sind (Einwachsen in Umgebungsstrukturen oder Befall umliegender Lymphknoten), ist eine vollständige Tumorentfernung nicht möglich. Durch kombinierte Vorbehandlung mittels Chemotherapie und Bestrahlungstherapie (siehe auch Kapitel 13 und 14) wird nun versucht, diese Tumoren soweit zu verkleinern, dass sie anschließend durch eine Operation doch noch vollständig entfernt werden können.
Da bei Lungentumoren im Stadium III A noch keine Fernmetastasen vorliegen, besteht nach einer gelungenen Operation eine Heilungschance.
Die Therapie besteht in der Regel aus mehreren (zumeist 4) Behandlungszyklen einer Polychemotherapie im Abstand von 3 – 4 Wochen mit intensivierter Dosis, zeitgleich mit den letzten Chemotherapiezyklen wird zusätzlich eine etwa 3-wöchige Bestrahlung eingeleitet (Zielvolumendosis etwa 45 Gy), die Operation erfolgt etwa 2 Wochen nach Bestrahlungsende.
Neben den üblichen Lungenfunktions- und Röntgenuntersuchungen sind bei der multimodalen Therapie ein Computertomogramm des Thorax, eine Bronchoskopie und Mediastinoskopie in Narkose sowohl vor als auch nach der kombinierten Chemo-/Bestrahlungstherapie erforderlich.
Der Chance auf eine Heilung dieser zunächst nicht-operablen Tumoren stehen
  • wiederkehrende Krankenhausaufenthalte über einen Zeitraum von etwa 5 Monaten
  • zwei Mediastinoskopien in Narkose
  • eine hohe Nebenwirkungs- und Komplikationsrate gegenüber.

Nicht jeder Patient im Tumorstadium III A kommt für diese Therapie in Frage. Die multimodale Therapie ist sowohl seelisch als auch körperlich sehr belastend, im Einzelfall müssen Vor- und Nachteile abgewogen werden. Insbesondere bei „jüngeren“ Patienten ohne Begleiterkrankungen ist sie zu erwägen.

Häufige Komplikationen bzw. Nebenwirkungen sind:

  • allgemeine Abgeschlagenheit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Strahlendermatitis
  • Strahlenstomatitis und Strahlenösophagitis
  • Strahlenpneumonitis
  • Knochenmarkschädigung mit schwerer Panzytopenie
Für Patienten mit Lungentumoren im Stadium III B, die zwar auch keine Fernmetastasen aufweisen, aber lokal noch weiter fortgeschritten sind als Tumoren im III A-Stadium, bestehen widersprüchliche Studienergebnisse. Sie profitieren nicht eindeutig von der multimodalen Therapie. Diese Frage wird jedoch derzeit im Rahmen weiterer Studien geklärt.

13. Wie erfolgt die Auswahl der Therapie ?

Welches Verfahren bzw. welche Kombination von Verfahren gewählt wird, hängt wie erwähnt von Tumortyp, Tumorstadium und Begleiterkrankungen ab.
Die nachfolgende Auflistung stellt den derzeitigen international gültigen Therapiestandard dar:
A Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Grundlage der Behandlung kleinzelliger Bronchialkarzinome ist die Gabe von 4-6 Kursen einer Polychemotherapie, in der Regel nach dem ACO-Schema oder dem CE-Schema (siehe Kapitel 13).
Limited Disease
Bei begrenzter Tumorausdehnung (limited disease) schließt sich der Chemotherapie immer eine konsolidierende Strahlentherapie des Primärtumors und des Mediastinums an.
Sollte sich unter dieser Therapie eine vollständige Rückbildung („CR = complete remission“) des Tumors zeigen, wird in der Regel eine prophylaktische Schädelbestrahlung durchgeführt. Mit dieser Schädelbestrahlung kann das Risiko eines Wiederauftreten des Tumors zuerst im Gehirn (cerebrales Tumorrezidiv) von 30 % auf 8 % gesenkt werden.
In den wenigen Fällen, in denen das kleinzellige Bronchialkarzinom in seinem frühesten Stadium erkannt wird (VLD = very limited disease nach der Marburger Klassifikation), kann über eine Lungenoperation die Heilungsrate nochmals verbessert werden. Chemotherapie und Bestrahlung entweder vorher, nachher oder gesplittet bleiben aber obligat.
In allen anderen Stadien ist die Operation aufgrund der frühzeitigen Metastasenbildung dieses Tumors und des guten Ansprechens auf Chemotherapie (und Bestrahlung) keine Therapie-Alternative.
Extensive Disease
Bei ausgedehntem Tumor (ED II A und ED II B nach der Marburger Klassifikation, extensive disease nach VALG) mit Nachweis von Fernmetastasen bleibt die Chemotherapie zunächst die einzige Therapie-Maßnahme.
Bei schlechtem Allgemeinzustand oder schlechter Therapieverträglichkeit ist aufgrund des geringen Gewinns an Lebenszeit auch ein Verzicht auf die Chemotherapie gerechtfertigt. Die weiteren Maßnahmen haben dann rein unterstützenden Charakter (Flüssigkeitsgabe, Schmerzlinderung, Blutkonservengabe, Infektbehandlung usw.). Eine Strahlentherapie wäre in diesem Tumorstadium allein der Behandlung von Komplikationen vorbehalten (siehe auch Therapieauswahl beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom).
Ausnahme ist ein Tumor entsprechend Stadium ED I nach der Marburger Klassifikation mit ausgedehntem Lokalwachstum ohne Nachweis von Fernmetastasen, der ebenfalls eine konsolidierende Strahlentherapie des Primärtumors und des Mediastinums und bei vollständiger Rückbildung eine zusätzliche Schädelbestrahlung erhält.
B Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom
Stadium I A/B und II A/B
Bei den nicht-kleinzelligen Tumoren (Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom, Großzelliges Karzinom) stellt die Operation die Standardtherapie für lokal begrenzte Tumoren in denTumorstadien I und II (siehe Kapitel 11) dar. Sie bietet die größte Heilungschance.
Kann auf Grund von Lungen-Vorerkrankungen nur weniger als ein Lungenlappen entfernt werden („Segmentresektion“ oder „atypische Klemmenresektion„), so steigt das Risiko eines Wiederauftretens des Tumors an derselben Stelle (Lokalrezidiv) um den Faktor 3. Trotzdem bietet die Operation auch in diesem Fall gegenüber den anderen Therapieverfahren die besseren Heilungsaussichten.
Kann auf Grund von Begleiterkrankungen oder lungenfunktionellen Einschränkungen keine Operation durchgeführt werden, so besteht die Möglichkeit einer Bestrahlung.
Im Tumorstadium I und II (extrem selten auch im Tumorstadium III) kann durch einealleinige Strahlentherapie  eine Heilung erreicht werden („kurativer Therapie-Ansatz„). Die Erfolgsaussichten jedoch sind insgesamt begrenzt (2-Jahres-Überlebensrate bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen etwa 20 %, Heilungsrate etwa 5 %).
Eine Nachbestrahlung von Tumoren im Stadium I und II  (N0 oder N1) bringt einer großen Studie von 1998 zufolge ungünstigere Überlebensdaten und wird daher nicht mehr durchgeführt.
Der Nutzen einer Chemotherapie vor („neoadjuvant“) oder nach („adjuvant“) einer Operation ist nicht gesichert, so dass der Einsatz außerhalb von Studien nicht zu empfehlen ist.
Stadium III A/B
Bei Tumoren im Stadium III A bis T3N1-Ausdehnung ist eine primäre Operation möglich.
Stadium III A-Tumoren mit fortgeschrittenem  Lymphknotenbefall (N2-Lymphknoten)im Bereich des Mediastinums auf der betroffenen Seite (ipsilaterale mediastinale Lymphknoten) werden allenfalls dann operiert und anschließend nachbestrahlt, wenn nurein Lymphknoten in N2-Position befallen ist.
Bei Befall von mehr als einem Lymphknoten ist eine vollständige Tumorentfernung samt aller tumorbefallenen Lymphknoten nicht wahrscheinlich. Durch kombinierte Vorbehandlung mittels Bestrahlung und Chemotherapie und wird nun versucht, diese Tumoren soweit zu verkleinern, dass sie anschließend durch eine Operation doch noch vollständig entfernt werden können (siehe auch Kapitel 15).
Lokal weit fortgeschrittene Bronchialkarzinome im Tumorstadium III B sind nicht operabel. Ob sie durch Vorbehandlung operationsfähig gemacht werden können, wird derzeit im Rahmen von Studien erforscht, muß aber insgesamt bezweifelt werden.
Nicht operable Tumoren können bestrahlt werden, um eine Lebensverlängerung und/oder eine Beschwerdebesserung zu erzielen („palliativer Therapieansatz“). Eine Heilung durch die Strahlentherapie („kurativer Therapieansatz“) ist in diesem Stadium extrem selten.
Komplikationen wie obere Einflußstauung, tumorbedingter Verschluß von Bronchien (Atelektase), Bluthusten oder anhaltende Schmerzen sind die häufigsten Gründe für eine palliative Bestrahlung.
Ähnliches gilt für die Chemotherapie. Auch hier kann die Gabe geeigneter Chemotherapeutika (siehe Kapitel 13) zu Lebensverlängerung und/oder Beschwerdebesserung führen.
Die Kombination beider Verfahren zeigt das beste Überlebensergebnis bei nicht operablen Patienten, hat aber eine wesentlich erhöhte Nebenwirkungsrate. Ob die Verfahren gleichzeitig, nacheinander oder in Intervallen angewendet das beste Ergebnis bewirken, ist derzeit noch nicht geklärt.
Im Gegensatz zu symptomatischen Patienten, die einer Behandlung bedürfen, muß bei beschwerdenfreien Patienten sehr gut zwischen dem Gewinn an Lebenszeit und dem durch Nebenwirkungen verursachten Verlust an Lebensqualität abgewogen werden.
In einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen (~ 50%)  muß das vor der Operation vermutete Tumorstadium postoperativ bei der feingeweblichen Aufarbeitung des Resektats korrigiert werden. Das tatsächliche Tumorstadium ist dann zumeist ungünstiger.
Die Indikation zu einer („adjuvanten“) Bestrahlung nach Operation besteht bei nicht-vollständiger Tumorentfernung (R1- oder R2-Resektion), Nachweis von Lymphknotenbefall im Bereich des Mittelfells auf der gleichen und/oder gegenüberliegenden Seite (ipsilaterale und/oder kontralaterale mediastinale Lymphknoten, N2 und/oder N3) und/oder ausgedehntem Befall von Mediastinum und/oder Thoraxwand.
Verabreicht werden 50-60 Gray, die Bestrahlung beginnt in der Regel 4 (bis maximal 8) Wochen nach Operation.
Viele offene Fragen bestehen noch hinsichtlich des Stellenwertes einer („adjuvanten“)Chemotherapie nach Operation sowie hinsichtlich des Nutzens einer kombinierten Radio-Chemotherapie nach Operation. Die generelle Durchführung einer Chemotherapie oder kombinierten Radio-Chemotherapie kann postoperativ in diesem Tumorstadium derzeit nicht empfohlen werden.
Stadium IV
Finden sich neben dem primären Bronchialkarzinom bereits weitere Lungenmetastasen oder aber Fernmetastasen in anderen Organen (Tumorstadium IV), so werden weder der Primärtumor noch die (Lungen-) Metastasen operiert, da sich in vielen Untersuchungen herausgestellt hat, dass sich bei diesen Patienten die Lebenserwartung durch eine Operation im Vergleich zu einer nicht-operativen Behandlung nicht verbessert.
Einzig wenn die Metastase(n) im selben Lungenlappen wie der Ausgangstumor gelegen ist (sind), wird eine Operation angestrebt, da dann die Lebenserwartung deutlich höher und sogar eine Heilung möglich ist. Daher werden diese Tumoren seit 1997 nicht mehr als M1, sondern als T4 klassifiziert.
Abweichungen von dem beschriebenen Vorgehen ergeben sich gelegentlich in akuten Notfallsituationen, die den Arzt zum Handeln zwingen. So würde eine Tumorblutung, die mit anderen Maßnahmen nicht zum Stillstand gebracht werden kann, operiert werden, sofern der Patient operationsfähig ist und nach der Operation noch eine akzeptable Lebensqualität und Lebensdauer zu erwarten ist.

Die Therapie der Wahl besteht in einer („palliativen“) Chemotherapie, die gegenüber einem allein zuwartenden Verhalten („best supportive care„) abgewogen werden muß.
In etwa 50 % der Fälle kann mit einer Chemotherapie eine Lebensverlängerung (um einige Wochen bis Monate) und/oder eine Besserung der Lebensqualität erreicht werden. Angesichts der modernen Chemotherapeutika, die gegenüber früheren Therapie-Regimen weniger Nebenwirkungen aufweisen, wird heutzutage bei befriedigendem Allgemeinzustand des Patienten ein Therapieversuch empfohlen.

Eine Bestrahlung des Bronchialkarzinoms wird dagegen nur in Ausnahmefällen bei Tumorkomplikationen und sonst noch befriedigendem Allgemeinzustand durchgeführt.
Neben dem Primärtumor in der Lunge können auch Metastasen in anderen Organe bestrahlt werden. Häufigste Bestrahlungsorte außerhalb des Brustkorbes sind das Gehirn und die Knochen.
Ziel der Bestrahlung ist immer die Verminderung von Beschwerden (Vermeidung/Besserung neurologischer Ausfallserscheinungen, Reduktion von Schmerzen, Stabilisierung von metastatisch bedingten Knochenbrüchen). Eine Lebensverlängerung oder gar eine Heilung ist durch die Bestrahlung von Metastasen nicht zu erreichen.
Eine Sonderstellung nimmt das Vorliegen einer einzelnen Hirnmetastase bei sonstiger Metastasenfreiheit ein. Hier bringt die Operation mit anschließender Bestrahlung eine Lebensverlängerung.
Begriffserläuterung:
Simultane/synchrone Therapie:
Zeitgleiche Anwendung mehrerer Therapieverfahren
Adjuvante Therapie:
Nach Durchführung einer potenziell heilenden Therapie (zum Beispiel einer Tumorentfernung) wird eine zusätzliche  Therapie (zum Beispiel eine Chemo- oder eine Strahlentherapie) durchgeführt, um die Heilungschancen noch zu erhöhen.
Neoadjuvante Therapie:
Durchführung  von Therapiemaßnahmen (Chemotherapie und/oder  Strahlentherapie) mit dem Ziel, den Tumor soweit zu verkleinern, dass eine Operation möglich ist und damit die Heilungsaussichten zu verbessern (siehe auch Kapitel 15)
Kurative Therapie:
Therapie mit dem Ziel einer Heilung
Salvage-Therapie:
Erneute intensive Therapie bei Tumorrezidiv mit dem Ziel einer Heilung
Palliative Therapie:
Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität und Verminderung des Tumorleidens ohne die Möglichkeit einer Heilung.

12. Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Lungenkrebs ?

Grundsätzlich bestehen die folgenden 3 klassischen Therapiemethoden:
  1. Chirurgische Therapie
  2. Bestrahlungstherapie
  3. Chemotherapie
Je nach Tumorart, Tumorstadium und Begleiterkrankungen wird ein einzelnes Verfahren oder eine Kombination dieser Methoden gewählt.
1. Chirurgische Therapie:
Je größer der Tumor wird und je länger er besteht, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung.
Trotzdem müssen vor einem operativen Eingriff umfangreiche Untersuchungen erfolgen, da leider bereits fast 2/3 aller Patienten zum Zeitpunkt der Feststellung der Krebserkrankung aufgrund von Tumorart (kleinzelliges Karzinom, siehe unten), ungünstiger Tumorlage bzw. ungünstiger lokaler Tumorausbreitung, Metastasen oder anderen Begleiterkrankungen nicht operabel sind.
Es gilt die Feststellung, dass eine gründliche Tumorabklärung und die überlegte Auswahl der geeignetsten Therapiemethode für den Patienten weit mehr Vorteile bietet als eine schnelle Operation. Dies gilt um so mehr, als dass die Lunge (beispielsweise im Gegensatz zu Hoden, Brust, Gebärmutter oder Galle) ein lebenswichtiges Organ darstellt.
Dass ein anfangs noch operables Bronchialkarzinom im Zeitraum der Voruntersuchungen so weit fortschreitet (durch Einwachsen in die Umgebungsstrukturen oder Metastasenbildung), dass keine Operation mehr möglich ist, ist im Falle einer Voruntersuchungszeit von einigen Tagen bis wenigen Wochen sehr unwahrscheinlich. Eine Verzögerung von mehreren Monaten ist aber aufgrund genau dieser Bedenken unbedingt zu vermeiden.
Ziel der Operation ist die vollständige Entfernung des Tumors und sämtlicher Lymphknoten im Lymphabflußgebiet des Tumors. Der Tumor wird mit einem Sicherheitsrandsaum von gesundem Gewebe entfernt. Üblicherweise orientiert sich die Operation an der vorgegebenen Untergliederung der Lunge. Am häufigsten wird die Entfernung eines Lungenlappens durchgeführt („Lobektomie„), dehnt sich der Tumor über 2 Lungenlappen aus, erfolgt die Entfernung beider („Bilobektomie„). Bei sehr großen oder an ungünstiger Stelle wachsenden Tumoren ist die Entfernung eines gesamten Lungenflügels notwendig („Pneumonektomie„). Ist der Tumor in angrenzende Organe eingewachsen (Zwerchfell, Thoraxwand, Rippen), so können diese Organanteile in einigen Fällen mitentfernt werden.
Kann auf Grund von Lungen-Vorerkrankungen nur weniger als ein Lungenlappen entfernt werden („Segmentresektion“ oder „atypische Klemmenresektion„), so sinkt auch die Heilungschance.
In seltenen Fällen kann durch aufwendige Operationstechniken wie die Manschettenresektion (Entfernung des tumorbefallenen Lungenlappens und Wiederannähen des nicht befallenen Lungenlappens an den Hauptbronchus) oder die Bifurkationsresektion (operative Rekonstruktion der Hauptkarina bei minimalem Tumorbefall von einer Seite) eine vollständige Tumorentfernung noch ermöglicht werden.
Der häufigste operative Zugangsweg ist die Schnittführung etwa 10 cm unterhalb der Achsel in Seitenlage („posterolaterale Thorakotomie„), da auf diese Weise die mediastinalen Lymphknoten am besten zu erreichen sind. Aber auch der Zugang von vorne mit Durchtrennung des Brustbeines („mediane Sternotomie„) ist möglich.
Kann mittels umfangreicher Vordiagnostik letztlich nicht geklärt werden, ob der Tumor im Ganzen entfernt werden kann (sogenannte „technische Operabilität„), so erfolgt immer ein Operationsversuch, um die Chance auf eine Heilung nicht zu versäumen.  In der Fachsprache spricht man in diesem Fall von einer „explorativen Thorakotomie„.
Bei einer Anzahl von Patienten stellt sich dann leider während der Operation heraus, dass eine komplette Tumorentfernung nicht mehr möglich ist.
In anderen Fällen erscheint zwar das Bronchialkarzinom operabel, es läßt sich aber nicht klären, ob es sich bei auffälligen Veränderungen anderer Organe um Metastasen oder gutartige Veränderungen handelt (sogenannte „prognostische Operabilität„).
In diesen Fällen erfolgt ebenfalls eine Operation des Tumors, um die Chance auf eine Heilung nicht zu versäumen. Die metastasenverdächtigen Veränderungen werden postoperativ regelmäßig kontrolliert. Sollten sie sich tatsächlich als Metastasen erweisen, besteht die Möglichkeit einer Chemotherapie.
Selten wird trotz fehlender Heilungsaussichten -beispielweise bei nicht beherrschbaren Lungenentzündungen oder Lungenblutungen- eine Operation durchgeführt (siehe auch Kapitel 14). Es darf aber nicht vergessen werden, dass es in diesen Fällen darum geht, das unmittelbare Versterben des Patienten an einer Tumorkomplikation zu verhindern. Die Gesamtlebenserwartung des Patienten verbessert sich hierdurch nicht.
Die Vollständigkeit der Tumorentfernung wird durch die R-Klassifikation bestimmt:
R0 Vollständige Entfernung ohne Resttumor
R1 Unvollständige Tumorentfernung. Kein sichtbarer Resttumor mehr, aber mikroskopisch (histologisch) noch Tumorgewebe bis zum Absetzungsrand
R2 Unvollständige Tumorentfernung. Sichtbarer Resttumor bzw. nicht entfernte Metastasen
Rx Keine Angaben
2. Bestrahlungstherapie:
Bei der Strahlentherapie werden energiereiche elektromagnetische Wellen mittels eines Linearbeschleunigers oder einer Tele-Kobald-Quelle von außen durch die Haut und das darunter liegende Gewebe in den Tumor eingestrahlt (sogenannte „perkutane Radiatio„), wodurch dieser abstirbt und zerfällt.
Die Hauptwirkung der Strahlen wird auf den Tumor selbst, in etwas geringerer Dosis auch den direkt umliegenden Bereich und das Lymphabflussgebiet konzentriert (sogenanntes „Zielvolumen„). Da die Strahlen auf ihrem Weg aber immer auch gesundes Gewebe durchdringen, werden verschiedene Techniken zur Verminderung des Bestrahlungsschadens des gesunden Gewebes angewendet.

Die Bestrahlung erfolgt verteilt auf viele Sitzungen mit kleinen Strahlendosen, damit sich das gesunde Gewebe immer wieder von der Strahleneinwirkung erholen kann. Der Tumor erholt sich dagegen kaum.
Durch eine computertomographisch gesteuerte und dadurch sehr exakte Bestrahlungsplanung (Einzeichnung der Bestrahlungsfelder) wird erreicht, dass möglichst wenig gesundes Gewebe im Bestrahlungsfeld liegt.
Mittels der sogenannten Mehrfeld-Technik wird  der Tumor wechselweise von verschiedenen Seiten bestrahlt (von vorne, seitlich und hinten), wodurch die Schädigungsdosis des durchstrahlten gesunden Gewebes geringer ausfällt.

Die Gesamtstrahlendosis („Zielvolumen-Dosis„) beträgt 55-70 Gray und wird in der Regel über 5-6 Wochen an jeweils 4-5 Tagen pro Woche verabreicht. Die Bestrahlung kann ambulant erfolgen.

Voraussetzungen für die Durchführung einer Strahlentherapie ist neben einem ausreichenden Allgemeinzustand ein genügendes Lungenvolumen (FEV1-Wert > 1-1,2 Liter) und eine hinreichende Anzahl weißer und roter Blutkörperchen sowie Blutplättchen (Leukozyten > 2000/µl, Thrombozyten > 100.000/µl).
Typische Bestrahlungs-Nebenwirkungen sind
  • allgemeine Abgeschlagenheit,
  • Strahlendermatitis (Hautrötung, regelmäßige Anwendung von Hautschutzpuder notwendig),
  • Strahlenstomatitis und Strahlenösophagitis (Entzündungen von Mundschleimhaut und Speiseröhrenschleimhaut mit nachfolgenden Schluckbeschwerden) und
  • Strahlenpneumonitis (strahlenbedingte Entzündung von gesundem Lungengewebe im Bestrahlungsfeld mit nachfolgender Fibrose).

Ob und in welchem Ausmaß diese Nebenwirkungen auftreten, ist individuell sehr verschieden. Bei gleichzeitiger Chemotherapie („simultane Radio-Chemotherapie“) sind die Nebenwirkungen aber immer deutlich schwerer ausgeprägt.

Durch eine alleinige Strahlentherapie kann eine Heilung erreicht werden („kurativer Therapie-Ansatz„), jedoch sind die Erfolgsaussichten insgesamt begrenzt (2-Jahres-Überlebensrate bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen etwa 20 %, Heilungsrate etwa 5 %).
Je größer der Tumor, desto geringer ist die Heilungschance. Ab einer Tumorgröße von etwa 200 cm² ist keine Heilung durch alleinige Strahlentherapie mehr möglich.
Nicht operable und durch Strahlentherapie auch nicht heilbare Tumoren können bestrahlt werden, um eine Lebensverlängerung und/oder eine Beschwerdebesserung zu erzielen („palliativer Therapieansatz„). Komplikationen wie obere Einflussstauung, tumorbedingter Verschluss von Bronchien (Atelektase), Bluthusten oder anhaltende Schmerzen sind die häufigsten Gründe für eine palliative Bestrahlung. Im Gegensatz zu symptomatischen Patienten, die einer Behandlung bedürfen, muss bei beschwerdenfreien Patienten sehr gut zwischen dem Gewinn an Lebenszeit und dem durch Nebenwirkungen verursachten Verlust an Lebensqualität abgewogen werden.
Bestrahlung von Metastasen
Neben dem Primärtumor in der Lunge können auch Metastasen in anderen Organe bestrahlt werden. Häufigste Bestrahlungsorte außerhalb des Brustkorbes sind das Gehirn und die Knochen.
Ziel der Bestrahlung ist immer die Verminderung von Beschwerden (Vermeidung/Besserung neurologischer Ausfallserscheinungen, Reduktion von Schmerzen, Stabilisierung von metastatisch bedingten Knochenbrüchen). Eine Lebensverlängerung oder gar eine Heilung ist durch die Bestrahlung von Metastasen nicht zu erreichen.
In der Regel werden Strahlendosen bis 40 Gray eingesetzt. Dosen über 40 Gray schädigen Gehirn und Rückenmark zu stark.
hyperfraktionierte Bestrahlung
In den letzten Jahren hat sich neben der konventionellen Bestrahlung (~2 Gray Einzeldosis einmal täglich verteilt auf 5-6 Wochen) eine beschleunigte und intensivierte Bestrahlung, die „hyperfraktionierte Radiatio„, etabliert (~1,2 Gray zweimal täglich über 20 Tage oder noch intensiver 1,5 Gray dreimal täglich über 12 Tage). Bei gleicher Gesamtstrahlendosis („Zielvolumen-Dosis“) ist dieses Verfahren biologisch aktiver und führt dementsprechend zu einer stärkeren Tumorzerstörung. Diese Art der Strahlentherapie bringt eine leicht Verbesserung von Überlebenszeiten (2-Jahres-Überlebensrate steigt von 20 % auf etwa 30 %) und eine Verminderung von Lokalrezidiven (Wiederauftreten des Tumors am Entstehungsort). Bedauerlicherweise ist diese Art der Bestrahlung nebenwirkungsreicher und verbessert die Rate an Fernmetastasen nicht.
Kleinraumbestrahlung
Eine weitere Bestrahlungsmethode stellt die Kleinraumbestrahlung („Brachytherapie“ oder „Afterloading„) dar.
Bei der Kleinraumbestrahlung wird 3-6 x innerhalb von einigen Tagen eine Strahlenquelle über ein Bronchoskop durch die Bronchien bis in den Tumorbereich vorgebracht und dann über einige Minuten bestrahlt.
Es wird in der Regel jedesmal eine Strahlendosis von 6 Gray (maximal 8-10 Gray) verabreicht.
Dieses Verfahren kommt zur Anwendung,
  • wenn kleine Tumoren, die sich bronchoskopisch gut erreichen lassen, aus welchen Gründen auch immer nicht operiert werden können oder
  • wenn (bei geeigneten Voraussetzungen) bereits eine perkutane Strahlentherapie durchgeführt worden ist und eine höhere Strahlendosis von Außen nicht mehr gegeben werden kann.

Heilungen selbst kleiner Tumoren sind durch dieses Verfahren extrem selten. Das Risiko von Lungenblutungen aus dem Tumor steigt deutlich an.

3.   Chemotherapie
Das kleinzellige Bronchialkarzinom ist bei begrenztem Tumorstadium (limited disease) durch eine Chemotherapie in Kombination mit einer Bestrahlungstherapie heilbar.
Die Chemotherapie ermöglicht in Bezug auf das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom keine Heilung, kann aber den Tumor verkleinern, nicht-nachweisbare Mikrometastasen beseitigen und tumorbedingte Beschwerden lindern.
Es hat sich gezeigt, dass in der Regel die Wirkung einer Einzelsubstanz (Monochemotherapie) der Wirkung von Substanzkombinationen (Polychemotherapie) unterlegen ist.
Chemotherapeutika können in Form von Tabletten, Injektionen und Infusionen verabreicht werden.
Sie greifen in den Zellstoffwechsel von Tumorzellen, in geringerem Ausmaß auch in den gesunder Zellen ein und verursachen so Wirkung und Nebenwirkung.
Alle Körperzellen durchlaufen einen bestimmten 4-phasigen Entwicklungszyklus, wenn sie sich durch Teilung vermehren. Nach dem Kompartmentmodell des Tumorwachstums besteht ein Tumor aus aktiven Wachstumszellenruhenden Zellen (die irgendwann wieder am Wachstum teilhaben), teilungsunfähigen Zellen und toten ZellenChemotherapeutika sind Zellgifte (Zytostatika), die unterschiedliche Phasen des Entwicklungszyklus eines Tumors hemmen und insbesondere an den aktiven Wachstumszellen des Tumors angreifen.
Chemotherapeutika wirken nach einer Kinetik 1. Ordnung. Das bedeutet, dass immer nur ein gewisser Prozentsatz der vorhandenen Tumorzellen abgetötet wird, so dass der ersten Therapie (sogenannter 1. Kurs) in regelmäßigem Abstand weitere Therapien folgen müssen (sogenannter Therapiezyklus, bestehend aus 4-6 Kursen), bis der Tumor im günstigsten Falle nicht mehr nachweisbar ist.
Seine Grenzen findet dieses Verfahren in der verabreichbaren Höchstdosis pro Therapie-Kurs, den Nebenwirkungen und der verabreichbaren Maximaldosis insgesamt.
Eine Chemotherapie kann nicht durchgeführt werden bei schlechtem Allgemeinzustandschweren Begleiterkrankungenaktuellem Infektunzureichender Anzahl weißer und roter Blutkörperchen sowie Blutplättchen (Leukozyten < 3500/µl, Hämoglobin < 10 g/dl, Thrombozyten < 100.000/µl) und fehlender Kooperation (z.B. Verwirrtheit).
Chemotherapie-Nebenwirkungen sind
  • allgemeine Abgeschlagenheit,
  • Übelkeit und Erbrechen (heutzutage auf Grund besserer Begleitmedikamente selten),
  • Blutbildveränderungen [durch Absterben mehrerer Generationen von Leukozyten und Erythrozyten und Thrombozyten unter der Chemotherapie kommt es nach 10-14 Tagen zu Leukopenie (Infektgefahr), Anämie  und Thrombozytopenie (Blutungsneigung)]
  • StomatitisÖsophagitisGastritis (mit nachfolgenden Schluckbeschwerden, Durchfall usw.),
  • Haarausfall,
  • neurologische Störungen (Nervenausfälle, strumpfförmiges Taubheitsgefühl = Polyneuropathie, Konzentrationsstörungen usw.)
Der Schweregrad der Nebenwirkungen ist abhängig von Medikament und individuellem Patient,  glücklicherweise sind schwerste Nebenwirkungen selten. Viele Nebenwirkungen bilden sich nach Chemotherapie zurück. Darüber hinaus existiert noch eine erhebliche Anzahl von Nebenwirkungen einzelner Medikamente, die an dieser Stelle nicht alle aufgeführt werden sollen.
Bei der Vielzahl heutzutage verfügbarer Chemotherapeutika haben sich einige als geeignet zur Behandlung des Bronchialkarzinoms erwiesen. Für jedes dieser Chemotherapeutika sind Höchstdosierungen (mg pro m² Körperoberfläche) und Nebenwirkungen bekannt.
Zur Verbesserung der Wirksamkeit und Verminderung der Nebenwirkungen werden immer neue Kombinationen insbesondere unter Berücksichtigung neuerer Substanzen getestet und ihr Erfolg, getrennt nach Gewebetypen, Tumorstadien usw. in Studien überprüft.
Einige aktuell geläufige Kombinationen werden nachfolgend, getrennt nach kleinzelligem und nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom aufgelistet. Eine vollständige Auflistung aller möglichen Schemata würde sicherlich mehr als 50 verschiedene Kombinationen umfassen.
Kleinzelliges Bronchialkarzinom:
A = Adriamycin                    P = Cisplatin        = Carboplatin
C = Cyclophosphamid           E = Etoposid         E = Etoposid
O = Vincristin (Onkovin)
EPI  = Epirubicin                  A = Adriamycin
C     = Cyclophosphamid       C = Cyclophosphamid
O     = Vincristin (Onkovin)    E = Etoposid
Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom:
Aggressive Therapie-Schemata:
P = Cisplatin       C= Carboplatin      M = Mitomycin
V = Vinorelbin      V = Vinorelbin        I   = Ifosphamid
P = Cisplatin        P = Cisplatin
P = Paclitaxel      G = Gemcitabin
Gut verträgliche Therapien:
V = Vinorelbin-Monotherapie
G = Gemcitabin-Monotherapie
Im Falle von Tumorrezidiven nach vorheriger Tumorrückbildung unter Chemotherapie kann bei ausreichendem Zeitabstand (~ 6-12 Monate) die gleiche Chemotherapie nochmals versucht werden, häufiger wird das Therapieregime aber gewechselt.
4. Besondere Therapiemethoden
Neben den 3 ausführlich dargestellten Therapie-Möglichkeiten bestehen weitere Methoden zur Bekämpfung des Bronchialkarzinoms und seiner Komplikationen.
Interventionelle Bronchologie
Die nachfolgenden Verfahren dienen überwiegend dem Offenhalten bzw. der Wiedereröffnung zentraler Atemwege und der Stillung von Tumorblutungen.
Sie werden alleine oder in Kombination mit den üblichen Therapieverfahren zur Verbesserung der Lebensqualität des Tumorpatienten eingesetzt.
Starre Bronchoskopie
Mittels starrer Bronchoskopie in Vollnarkose und der Anwendung größerer Biopsiezangen kann Tumorgewebe abgetragen und der Luftweg freigehalten werden.

Bougierung
Tumorbedingte Engstellen insbesondere der Luftröhre und der Hauptbronchien können mittels eines Dilatators erweitert werden.
Ballondilatation
Tumorblutungen können in einigen Fällen mittes eines bronchoskopisch eingebrachten und an der Blutungsstelle aufgepumpten Ballonkatheters zum Stillstand gebracht werden.
Laser-Bronchoskopie
Eine Sonderform der Bronchoskopie stellt die Laser-Bronchoskopie dar, bei der über den Arbeitskanal des Bronchoskopes eine Laserquelle an die Veränderungen herangebracht wird.
Je nach Art des Gerätes (Argon-Beamer, Neodym-YAG-Laser) und gewählter Leistungsstufe kann sowohl eine Koagulation (Verschorfung) von Oberflächen als auch eine Vaporisation (Verdampfung) ganzer Gewebeanteile durchgeführt werden. Im letztgenannten Fall ist eine starre Bronchoskopie in Vollnarkose erforderlich.
Stentimplantation
Durch das bronchoskopische Einbringen vorgefertigter Röhren (Stents) in die großen Atemwege (Luftröhre und Hauptbronchien) können Engstellen geschient und durch Tumorzerstörung entstandene Fisteln zwischen Speiseröhre und Tracheo-Bronchialsystem abgedichtet werden.
Anwendung finden aufdehnbare oder selbst-expandierende Metall-Stents sowie Plastik-Stents.
Photodynamische Therapie
Die „photodynamische Therapie“ hat als einzige der hier angeführten Methoden beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom in einem sehr frühen Tumorstadium (TisN0M0, T1N0M0) einen potentiell kurativen Ansatz. Derzeit kommt sie nur zum Einsatz, wenn keine chirurgische Therapie oder Strahlentherapie möglich ist.
Ein als Photosensibilisator dienendes intravenös injiziertes Hämatoporphyrinderivat reichert sich bevorzugt im Tumorgewebe an. Wird dann bronchoskopisch über eine kleine Lichtquelle Licht einer bestimmten Wellenlänge an den Tumor herangebracht, wird in den sensibilisierten Tumorzellen durch Freisetzung von Sauerstoffradikalen eine Zellschädigung ausgelöst. Dieser Effekt hat allerdings nur eine geringe Tiefenwirkung.
Pleurodese
Als „Pleurodese“ bezeichnet man die Verklebung beider Rippenfell-Blätter (viscerales und parietales Pleurablatt).
Diese Maßnahme hat keinen Einfluss auf das Gesamt-Überleben, sondern dient der Beseitigung der durch Pleurametastasen verursachten, anhaltende Pleuraergussbildung.
Zu diesem Zweck wird zunächst mittels Thorakoskopie oder mittels Anlage einer Thoraxdrainage das vorhandene Gewebswasser abgesaugt. Danach wird entweder Talkumpuder über das Thorakoskop im Brustraum verstäubt (Talkum-Poudrage, Erfolg 85-90%) oder Talkum über die Drainage instilliert (Flüssigtalkum-Pleurodese, Erfolg 70-80%).
Durch den so ausgelösten Entzündungsreiz kommt es zur Verdickung der Pleurablätter sowie zu Verklebungen, in deren Folge die Ergussbildung stoppt.
Neben Talkum, welches die beste und preiswerteste Substanz ist, können auch das Antibiotikum Tetracyclin sowie die Chemotherapeutika Mitoxanthron und Bleomycin verwendet werden.
Perikardiodese
Als „Perikardiodese“ bezeichnet man die Verklebung der beiden Blätter des Herzbeutels (Epikard und Perikard) nach vorheriger Anlage einer Herzbeuteldrainage.
Diese Maßnahme hat ebenfalls keinen Einfluss auf das Gesamt-Überleben, sondern dient der Beseitigung der durch Metastasen verursachten Herzbeutelergussbildung.
Im Unterschied zur Pleurodese verwendet man dazu in der Regel das Chemotherapeutikum Mitoxanthron.
5. Unterstützende Therapie
Zur Unterstützung der übrigen Therapiemaßnahmen empfiehlt die deutsche Krebsgesellschaft:
  • zur Sicherstellung eines ausreichend hohen Hämoglobingehalt im Blut (> 10 g/dl) die Gabe von blutbildendem Hormon (Erythropoetin)
  • bei unzureichender Zufuhr mit der Nahrung die zusätzliche Gabe von Spurenelementen (Selen, Zink).

Die Gabe von Mistelpräparaten zur Stärkung des eigenen Immunsystems hat in der Tumortherapie keinen gesicherten Stellenwert. Sie hat keinen nachteiligen Effekt und wird daher bei fehlenden Therapiealternativen oftmals durchgeführt.

11. Was ist ein Pancoast-Tumor oder Sulcus-Superior-Tumor ?

Der sogenannte Pancoast-Tumor oder Sulcus-Superior-Tumor wird oftmals gesondert betrachtet, weil er an einer bestimmtem Stelle in der Lungenspitze (dem sogenannten Sulcus superior) entsteht und durch diese Lage
  1. ein typisches Beschwerdebild aufweist und
  2. die Therapie einem abgewandelten Behandlungsschema folgt.
In Vergleich zur Gesamtzahl der Bronchialkarzinome tritt ein Pancoast-Tumor selten auf, insgesamt nehmen weniger als 5 % aller Bronchialkarzinome ihren Ausgang vom Sulcus superior in der Lungenspitze.
Das häufigste Symptom sind einseitige Schulterschmerzen mit Ausstrahlung in den Arm, die Rippen, den Rücken oder den Nacken, bedingt durch ein Einwachsen des Tumors in umliegende Nervenbahnen (Plexus brachialis), Weichteilgewebe oder knöcherne Strukturen.
Insbesondere im Arm können sich neben Schmerzen auch Muskelschwäche und Missempfindungen (zum Beispiel Kribbeln) einstellen.
Geradezu klassisch ist das Auftreten des sogenannten „Horner-Syndroms„. Als „Horner-Syndrom“ bezeichnet man die Kombination von herabhängendem Augenlid („Ptosis„), Pupillenverengung („Miosis„), Zurücktreten des Augapfels („Enophthalmus„) und aufgehobener Schweißbildung („Anhidrosis„) auf einer Seite.
Ursächlich ist eine durch Tumoreinwachsen/Tumorkompression bedingte Beeinträchtigung des nahegelegenen Ganglion cervicale inferior (Ganglion stellatum), das als Teil des sympathischen Nervensystems ist die Funktionen von Augenlid-Öffnung, Pupillenerweiterung, Schwitzen usw. steuert.
Die Diagnostik erfolgt mittels der üblichen Untersuchungen (siehe Kapitel 6-10).
Der weit überwiegende Anteil der Pancoast-Tumoren sind nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome (Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome, großzellige Karzinome). Kleinzellige Bronchialkarzinome finden sich in weniger als 5 % der Fälle (siehe auch Kapitel 11).
Die Einteilung erfolgt nach der TNM-Klassifikation (nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome) oder der VALG/Marburger-Klassifikation (kleinzellige Bronchialkarzinome).
Aufgrund ihrer besonderen Lage handelt es sich immer im T3- oder T4-Tumoren (siehe Kapitel 11).
Die Behandlung der kleinzelligen Pancoast-Tumoren erfolgt wie üblich mittels Chemotherapie und gegebenenfalls anschließender Bestrahlungstherapie.
Die Behandlung der nicht-kleinzelligen Pancoast-Tumoren weicht insofern von der Behandlung der übrigen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome ab, als dass bei allen Pancoast-Tumoren eine primäre Operation nicht möglich ist.
Früher sah man Pancoast-Tumoren als generell inoperabel an, inzwischen werden folgende Therapiestrategien diskutiert:
  1. präoperative (neoadjuvante) Bestrahlungstherapie mit Zielvolumendosen zwischen 20 und 65 Gy und anschließend Operation von Tumor, Brustwandanteilen und anderer befallener Strukturen soweit möglich. Die früher angewandte sogenannte Sandwich-Technik mit Vorbestrahlung, Operation und Nachbestrahlung bringt keinen Vorteil gegenüber alleiniger Vorbestrahlung.
  2. Präoperativ Durchführung mehrerer Zyklen Chemotherapie sowie zeitgleich/nachfolgend Bestrahlungstherapie mit Zielvolumendosen zwischen 20 und 65 Gy und anschließender Operation von Tumor, Brustwandanteilen und anderer befallener Strukturen soweit möglich (siehe Kapitel 15).
  3. Alleinige Bestrahlungstherapie mit Zielvolumendosen von mindestens 60 Gy.
Die Auswahl des Therapieverfahrens richtet sich zusätzlich selbstverständlich auch nach dem Tumorstadium (siehe Kapitel 14). Bei Vorliegen von Fernmetastasen (Stadium IV) oder Lymphknotenbefall der anderen Seite (Stadium III B) führt eine Operation nachweislich zu keiner Lebensverlängerung und kommt daher nicht in Betracht.
Im Falle einer Operation wird auch bei Pancoast-Tumoren der komplette Lungenlappen (in diesem Fall immer der Lungenoberlappen) bzw. der komplette Lungenflügel entfernt.
Welches dieser 3 oben genannten Verfahren letztendlich die besten Resultate erreicht, ist auch heute noch umstritten und anhand der bisher durchgeführten Studien nicht eindeutig zu klären.
Die meisten Fachleute empfehlen heute die an Nr. 2 genannte Therapie mit adjuvanter kombinierter Chemo-Bestrahlungstherapie und anschließender Operation, sofern der Zustand des Patienten diese sehr anstrengende, oft nebenwirkungsreiche Therapie zulässt.
Die Heilungsaussichten und Überlebenszeiten sind vergleichbar den übrigen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen im Tumorstadium III a, III B und IV.
Bei bestrahlten und operierten Patienten (Tumorstadien III A und III B) liegen die 5-Jahres-Überlebensraten etwa zwischen 20 und 35 %.